Ginter und Park Neues BVB-Glück auf den Flügeln
Aus Dortmund berichtet Patrick Brandenburg
Als der Schlusspfiff im früheren Westfalenstadion ertönte, feierte Borussia Dortmund seinen nächsten Europapokal-Helden. Joo-Ho Park riss die Arme hoch und freute sich ausgelassen über das dramatische 2:1 gegen Außenseiter FC Krasnodar. Und wohl auch über sein starkes BVB-Debüt: Mit einer Torvorlage und einem Last-Minute-Treffer rettete der Koreaner die stolze Siegesserie der Schwarz-Gelben und bewahrte seinen neuen Klub zudem vorm Fehlstart in der Gruppenphase der Europa League.
"Es war schon ein unglaubliches Gefühl, als der Ball im Tor war", berichtete der Matchwinner in der Mixed Zone von seinem Erfolgserlebnis. Park hatte direkt vor der Südtribüne getroffen und die Explosion der Freude so intensiv wie möglich abbekommen.
In der zweiten Minute der Nachspielzeit schleppte sich der linke Außenverteidiger nach großem Kampf und toller Laufleistung nach vorne und erzwang per Kopf den Siegtreffer für die über weite Strecken enttäuschenden Dortmunder. "Am Ende hatte er Krämpfe und musste beißen. Dass er sich trotzdem noch mal in den gegnerischen Strafraum aufmacht, zeigt sein großes Herz", lobte Trainer Thomas Tuchel.
Castro und Januzaj wenig berauschend
Dabei war es gar nicht so gut losgegangen - weder für Park, noch für den BVB. Nach neun Pflichtspielsiegen in Folge, bei denen er größtenteils auf das gleiche Personal gebaut hatte, traute sich Coach Tuchel zum Auftakt der heißen Phase der Europa League auf einmal deutlich mehr Rotation zu. Er änderte das Team gleich auf vier Positionen. Gonzalo Castro bekam eine neue Chance im Mittelfeld, konnte sie aber nicht nutzen. Auch das vermeintliche Supertalent Adnan Januzaj durfte von Beginn an ran, hatte bei aller Spielfreude aber vor allem mit sich selbst zu kämpfen.
Dem Spielfluss der zuletzt eindrucksvoll kombinierenden Dortmunder tat das alles gegen biedere und doch clevere Russen gar nicht gut. Zumal der BVB früh einem Rückstand hinterherlief und die Gäste jede Gelegenheit nutzten, die Uhr herunterzuspielen. "Wir waren in der Passgenauigkeit zu schlampig und hatten in der Körpersprache Luft nach oben. Wir haben uns in allen Belangen schwergetan", analysierte Thomas Tuchel den ersten Durchgang treffend.
Park legt für Ginter auf
Auch Park hatte so seine liebe Mühe, zumal er die Partie auf der offensiven Halbposition im Mittelfeld begann. Der 28-Jährige musste sich in diese Aufgabe hineinkämpfen, ehe er in der Nachspielzeit des ersten Durchgangs seinen ersten großen Auftritt hatte: Den Ausgleich bereitete er mit einer perfekt getimten Flanke mustergültig vor.
Im zweiten Durchgang rückte der Koreaner durch die Auswechslung von Marcel Schmelzer dann nach hinten links in die Verteidigung und machte seine Sache dort gleich von Anfang an richtig gut. Genau für diese Backup-Rolle hatte Tuchel seinen früheren Mainzer Weggefährten kurz vor Transferschluss ja auch geholt.
Ginter legt für Park auf
Für Parks Pendant auf der rechten Abwehrseite hatte die Partie gegen den unbequemen Außenseiter sogar schlimmstmöglich begonnen, ehe er sich gleichberechtigt zum zweiten Matchwinner emporschwang: Matthias Ginter ließ sich unmittelbar vorm Führungstreffer der Gäste durch Pavel Mamaev in der zwölften Minute von seinem Gegenspieler Fedor Smolov wie ein Anfänger düpieren.
Umso eindrucksvoller, wie der 21-Jährige dieses Malheur wegsteckte und im Spiel nach vorne - wieder einmal - Akzente setzte. Ginter war es, der zum Ausgleich vollendete und damit den BVB zurück ins Spiel brachte. Und Ginter war es, der sich in der 92. Minute beim Kollegen Park revanchierte und den Siegtreffer auflegte.
BVB nur auf dem Flügel effektiv
Damit kommt der frühere Innenverteidiger, der im Sommer fast nach Gladbach verkauft worden wäre, in sechs Saisonspielen schon auf sechs Assists, genau so viele wie in den gesamten 101 Profispielen seiner Karriere zuvor. Fast wäre noch einer dazugekommen, aber der unglückliche Castro verdaddelte freistehend. Eine von sechs weiteren guten Möglichkeiten war das im Übrigen, die der BVB in schlechter Tradition liegen ließ.
Effektiv agierte Schwarz-Gelb an diesem Abend meist nur über die Flügel, wo Ginter nun schon der zweite Treffer der laufenden Spielzeit gelang. Es scheint, als habe er auf der Außenbahn seine Bestimmung gefunden, obwohl er dort zunächst nur als Notlösung für den verletzten Lukasz Piszczek vorgesehen war. Für den BVB, der seine Serie nun mit in den Bundesliga-Showdown am Sonntag gegen Bayer Leverkusen nimmt, ist es auf jeden Fall eine gute Nachricht, dass sich über die Flügel wieder zahlreiche Optionen anbieten.