Kommentar zum Höwedes-Abschied Weltmeister demontiert sein Denkmal auf Schalke
Benedikt Höwedes hat 16 Jahre für Schalke gespielt: 402 Spiele, 35 Tore, 13 Vorlagen, 48 Gelbe Karten und fünf Platzverweise. Er gewann 2011 den DFB-Pokal. Er war unter Jogi Löw Stammspieler beim Titelgewinn 2014 und machte damit alle Schalker zu Weltmeistern. In zehn Jahren als Profi hat er elf Trainer überlebt. Er ist auf Schalke eine lebende Legende.
Dann wird ein 31-jähriger Trainer mit der Erfahrung von elf Zweitligaspielen verpflichtet und entmachtet ihn nach sechs Jahren als Kapitän. Und plötzlich stellt der gestürzte König ALLES in Frage.
Ein Kommentar von Guido Heisterkamp
Höwedes ist eine absolute Identifikationsfigur. Wenn andere jammerten, hielt er seine Knochen hin. Er spielte in der letzten Rückrunde mit starken Schmerzen, um weiter vorangehen zu können. Erst als der Europa-Traum platzte, unterzog er sich einer notwendigen Leisten-OP. Er hat sich immer gestellt, wenn es mal nicht lief – und diese Zeiten gab es auf Schalke verdammt oft.
Nach der enttäuschenden letzten Saison schaltete Höwedes – wie immer – einfach wieder auf Angriff und sorgte mit seinen Kampfansagen für Gänsehaut bei den königsblauen Fans.
- Noch vor einem Monat sagte er: „Ich habe hier meinen Platz gefunden und will auch noch einmal was Großes erreichen. Das wäre dann etwas ganz Besonderes und viel emotionaler, als wenn man bei Bayern München jedes Jahr Deutscher Meister wird.“
- Und nur zwei Tage später: „Wir haben auf allen Positionen viel Qualität, da muss sich niemand wichtiger nehmen als er ist. Der Konkurrenzkampf ist da, jeder Einzelne muss um seinen Platz kämpfen.“
- Nach seiner Degradierung betonte er vor 18 Tagen: „Das Amt habe ich mit Stolz erfüllt, aber es braucht kein Amt, um unsere Wünsche zu erfüllen. Lasst uns gemeinsam alles für Europa geben!“
- Vor acht Tagen dann: „Über das Feedback des Vereins, des Trainers, der Mannschaftskollegen und der Fans nach dem Spiel am Samstag (gegen Leipzig, Anm.d.Red.) habe ich mich sehr gefreut. Sie alle haben es verdient, dass ich auf und neben dem Platz alles für den Erfolg des FC Schalke 04 tue.“
Alles reine Phrasendrescherei! Diese Aussagen müssen jeden Schalke-Fan bis ins Mark treffen.
Haben es die Schalker etwa doch nicht verdient, dass Höwedes auf und neben dem Platz alles für sie gibt?
Ist ein Titelgewinn mit Juventus Turin wirklich emotionaler als ein großer Triumph mit dem FC Schalke 04?
Warum stellt sich Höwedes nicht dem Konkurrenzkampf, den er selbst von seinen Mitspielern verlangte?
Sicher, die Tedesco-Entscheidung muss ihn in seinen Grundfesten erschüttert haben und auf den ersten Blick mögen auch seine WM-Chancen gesunken sein. Aber wenn er seinen eigenen Worten folgen würde, müsste er das als Herausforderung begreifen.
Mit dem Abstreifen der Kapitänsbinde hat Höwedes seine eigenen Prinzipien über Bord geworfen und seine Identifikation mit dem Verein ausgeknipst. Wenn er nur mit der Binde am Arm seine volle Einsatzbereitschaft und Leidenschaft aufbringen kann, dann soll er halt gehen.
"Reisende soll man nicht aufhalten", sagte Tedesco vor wenigen Tagen. Und erst recht nicht Spieler, die sich durch die Hintertür davonschleichen.