Hauptrolle für Berater Hopps riskante Geschäfte mit Talenten
Von Nico Herold
Die TSG Hoffenheim hat in diesem Sommer auf dem Transfermarkt ordentlich zugeschlagen. Von drei Neuverpflichtungen nahm jedoch kaum einer Notiz. Torhüter Marko Maric (19/Rapid Wien), Angreifer In-Hyeok Park (19/KyungHee University) und Verteidiger Christoph Martschinko (21/SV Grödig) waren so schnell wieder aus dem Kraichgau verschwunden, dass kaum einer mitbekam, dass sie überhaupt verpflichtet wurden. Ein genauer Blick auf die drei Talente lohnt sich dennoch, denn er offenbart eine neue Transferstrategie der TSG. Diese hat wenig mit Trainer Markus Gisdol und Manager Alexander Rosen zu tun sondern viel mehr mit Dietmar Hopp und Spielerberater Roger Wittmann.
Der Plan von Hopp und seinem Intimus Wittmann ist nicht neu. Erst werden junge Spieler verpflichtet, dann werden sie an andere Klubs verliehen. Immer in der Hoffnung, dass sie als gestandene Profis irgendwann die eigene Mannschaft verstärken. Der FC Chelsea praktiziert das auf internationaler Ebene bereits flächendeckend, auch Bayer Leverkusen hat damit schon oft gute Erfahrung gemacht. Bestes Beispiel zuletzt: Christoph Kramer, der erst an den VfL Bochum und dann an Borussia Mönchengladbach verliehen wurde. Nun kehrte er als Weltmeister zur Werkself zurück.
Nur eine Ergänzung zur Akademie?
In Hoffenheim wurde diese Strategie bisher allerdings nicht verfolgt. Bislang wollte man bei 1899 junge Spieler aus der eigenen Nachwuchsakademie entwickeln und fördern. Nun lautet das Motto scheinbar: verpflichten und verleihen. Auf Nachfrage von t-online.de heißt es von Vereinsseite dazu: "Ein Klub wie die TSG 1899 Hoffenheim ist auf Transferüberschüsse angewiesen und die lassen sich am besten durch die Aus- und Weiterbildung talentierter Spieler erzielen." Dabei werde auch weiterhin auf die Arbeit der Akademie gesetzt.
Bei den Transfers der drei genannten Spielern lohnt es sich dennoch, genauer hinzuschauen. Vor allem wegen Roger Wittmann. Eine Personalie, die in der Vergangenheit im Kraichgau bereits für einigen Wirbel gesorgt hat. In der Katastrophensaison 2012/2013, als die TSG beinahe in die Zweitklassigkeit abgestürzt wäre, standen gleich acht Spieler von Wittmanns Agentur "Rogon" im Kader der TSG. Der berühmteste von ihnen: Tim Wiese. Der verdrängte damals den bei den Fans beliebten Tom Starke aus dem Tor, der dann zum FC Bayern München flüchtete. Starke verriet nach seinem Abschied der "Rhein-Neckar-Zeitung" vielsagend: "Nicht der Trainer hat entschieden, dass Wiese verpflichtet wurde."
Wittmann ist gut mit Hopp befreundet
In der Saison wurde in Hoffenheim offen darüber diskutiert, wie viel Einfluss eine einzelne Person auf einen Verein haben darf. Dass Wittmann persönlich sehr gut mit 1899-Mäzen Dietmar Hopp befreundet ist, machte die Sache einst noch vertrackter. Nachdem Gisdol als Trainer und später Rosen als Manager installiert wurden, versuchten beide aktiv den Einfluss des mächtigen Beraters rund um das Trainingszentrum in Zuzenhausen einzudämmen.
Nun scheint es zu einer großen Renaissance der starken Verbindung des Beraters mit Hopp zu kommen. Das Ziel des Mäzens bleibt es, Hoffenheim finanziell unabhängig zu machen. Der Transfer von Roberto Firmino zum FC Liverpool war da sehr hilfreich. 41 Millionen Euro spülte er in die Kassen der Hoffenheimer. Die Beraterfirma von Firmino? Rogon.
Einfluss von Rogon wächst weiter
Maric (jetzt in Gdansk), Park (jetzt beim FSV Frankfurt) und Martschinko (jetzt bei Austria Wien) sind da eher ein Investment in die Zukunft. Eine Chance auf einen weiteren Firmino, einen weiteren Toptransfer. Das neue Prinzip könnte daher System werden. Warum sollte der TSG denn nicht öfter so ein Coup gelingen? Neben Firmino wurde einst auch Carlos Eduardo äußerst gewinnbringend verkauft - ebenfalls von Rogon.
Der Einfluss der Agentur bei der TSG wächst also wieder. Für den Klub ist das nichts Negatives: "Es macht dabei Sinn sich auf wenige Partner zu fokussieren, die über ein weltweites Netzwerk und eine hohe Kompetenz verfügt. Diese hat Rogon als eine Partneragentur bei diesem Modell in den vergangenen Jahren bewiesen", heißt es in der offiziellen Stellungnahme. Viele Kenner des Klubs beobachten die Entwicklung allerdings mit Skepsis. "Das eigentliche Grundübel in Hoffenheim sind Berater, die ihre eigenen Interessen vertreten und nicht die des Klubs", sagte bereits Ex-TSG-Manager Ernst Tanner, nachdem er den Kraichgau-Klub verlassen musste. Wen er damit meinte, ist offensichtlich.
"Man kann auch mit Freunden Geschäfte machen"
Hopp lässt sich von den Bedenkenträgern nicht beirren. "Ich bin davon überzeugt, dass man sehr wohl, auch im Fußball, mit Freunden Geschäfte machen kann", bestätigte er im Gespräch mit der "Rhein-Neckar-Zeitung" und versicherte, dass er in 20 Jahren noch nie von Wittmann enttäuscht worden wäre.
Aus dem Umfeld der TSG ist jedoch zu hören, dass Wittmann es immer wieder schaffen würde, Hopp mit seinen Ideen einzulullen. Und dadurch wieder an Macht beim Bundesligisten gewinnen würde. Der "kicker" spekulierte bereits, dass bei den neuerlichen Transfers der Rogon-Spieler die aktuellen Verantwortlichen Gisdol und Rosen gar kein großes Mitspracherecht gehabt hätten. Nur wenn einer dieser Profis einmal das Niveau für die Bundesliga erreichen würde, kämen sie ins Spiel. Damit ist allerdings nicht zu rechnen. In den Augen angesehener Scouts haben Maric, Park und Martschinko bestenfalls das Niveau für die 2. Bundesliga.
Berater Wittmann dürfte es egal sein. Er hat an den Transfers verdient und seine Macht bei 1899 Hoffenheim gestärkt. Es bleibt abzuwarten, ob die Entwicklung des Transfersommers 2015 nur ein Strohfeuer bleibt oder doch ein Fingerzeig für die Zukunft ist.