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Jürgen Klopp verlässt BVB: "Der Klub braucht Veränderung"


Starker Abgang beim BVB
Jürgen Klopp: "Die Zukunft kann jetzt beginnen"

t-online, Patrick Brandenburg

15.04.2015Lesedauer: 4 Min.
Jürgen Klopp gibt dem BVB bei der Verkündung seines Abschieds gleich neue Hoffnung mit auf den Weg.Vergrößern des Bildes
Jürgen Klopp gibt dem BVB bei der Verkündung seines Abschieds gleich neue Hoffnung mit auf den Weg. (Quelle: dpa-bilder)

Aus Dortmund berichtet Patrick Brandenburg

Nach sieben Jahren geht das Dortmunder Fußballmärchen also auch offiziell zu Ende. Und wie könnte es anders sein als mit einer großen, emotionalen Jürgen-Klopp-Show. Während sein Chef Hans-Joachim Watzke beim Abschied vom früheren Meistertrainer den Tränen nahe ist und mit einem Kloß im Hals den "ewigen Dank aller Borussen" verkündet, ist der scheidende Coach der Dortmunder gedanklich längst weiter.

Der 47-Jährige sitzt auf dem Podium der kurzfristig angesetzten Pressekonferenz im früheren Westfalenstadion, hemdsärmelig, zwei Knöpfe offen, und blickt optimistisch in die Zukunft. "Der Klub braucht Veränderung", sagt Klopp und gibt allen Zweiflern und Trauernden beim BVB gleich wieder Hoffnung: "Die Zukunft kann jetzt beginnen."

"Es hat ein bisschen gedauert, bis ich diesen Gedanken aussprechen konnte", erklärte Klopp und gab einen ehrlichen Einblick in sein Gefühlsleben. Dank seiner Einsicht, womöglich "nicht mehr der perfekte Trainer für diesen außergewöhnlichen Klub" zu sein, hat Borussia Dortmund nach der Saison die Chance, sich abermals neu zu erfinden. Angesichts der Probleme der aktuellen Spielzeit, mit dem zwischenzeitlichen Absturz auf Rang 18, war die Notwendigkeit für frische Impulse überdeutlich. Auch an Klopp war die Krise nicht vorübergegangen. Merkwürdig einsilbig und ratlos wirkte der Fußball-Entertainer oft, wenn es galt, die Gründe für das Desaster zu analysieren.

"Absolut richtige Entscheidung"

Als Alternativen boten sich nur an, entweder den ganzen Kader von Grund auf zu erneuern, oder den Coach zu kippen. "Wenn ich bleiben würde, müssten sich hier viele Dinge verändern", sagte Klopp nüchtern. Wirtschaftlich betrachtet ist die letzte Variante wesentlich einfacher für den BVB. Ob es sportlich eine erfolgreiche sein wird, muss sich zeigen.

1997 unterlief Dortmund der Fehler, Ottmar Hitzfeld ins Management wegzuloben, anstatt das überalterte Team zur Großbaustelle zu machen. Klopp jedenfalls ist überzeugt, mit seiner letzten Heldenrolle die "absolut richtige Entscheidung" getroffen zu haben. Er opfert sich für den Verein, "der größer ist als wir alle. Ein großer Kopf muss weg - und das ist in diesem Fall meiner", sagte der Coach.

Klopp eroberte die BVB-Herzen im Sturm

Für die schwarz-gelbe Trauergemeinde ist das vermutlich kein Trost. Der Abschied dürfte schwer fallen angesichts der so langen und intensiven Liebesgeschichte, die sich in Westfalen entwickelt hat. Wohl kein anderer Trainer passte je so gut zum Revierklub wie Klopp. Schon beim Einstand 2008 eroberte der Menschenfänger die Dortmunder im Sturm mit seiner emotionalen, offenen und lockeren Art. Seine früheren Pressekonferenzen sind immer noch Hits bei Youtube, so witzig und schlagfertig war selten ein Bundesliga-Trainer. Erst zuletzt nutzte sich das deutlich ab. Sein stets hoch emotionaler Einsatz an der Seitenlinie bleibt ein Markenzeichen.

"Echte Liebe": das war auch ein Werbeslogan, aber durch Klopp wurde er mit Leben gefüllt. Weil auch der sportliche Teil des Versprechens lange stimmte: Der Berufsoptimist hat die Borussia nur wenige Jahre nach dem Beinahe-Exitus 2005 auf die Landkarte zurückgehoben. Der sagenhafte Aufstieg der jugendlichen Rasselbande zum heißesten Team Europas, die stilbildende Erfindung des Vollgasfußballs, zwei Meisterschaften, ein Pokalsieg, Manchester City, Malaga, das Finale in der Champions League in Wembley - diese Highlights einer ebenso kurzen, wie eindrucksvollen Ära sind für alle Zeiten fest mit Klopp verbunden.

"Ich werde kein Sabbatical einlegen"

Selbst der FC Bayern müsste sich vermutlich bei Klopp bedanken, bis aufs Blut gereizt worden zu sein. Denn sonst hätten die Münchner sich nicht zu aktuellen Höhen aufschwingen können - zudem mit Unterstützung durch hoch begabtes Dortmunder Personal. Und selbst in dieser Seuchensaison sind sich der BVB und Klopp treu geblieben: Nicht mal im Scheitern ist dieser Verein zu übertreffen. Welcher Klub, welche Fans haben je eine derart intensive Phase mit höchsten Höhen und dunkelsten Tiefen erlebt?

Langweilig ist es nie in Dortmund. Umso größer wird der Schock für die Anhänger von Schwarz-Gelb sein, Klopp schon bald an der Seitenlinie eines Konkurrenten zu sehen. "Ich bin nicht müde, und ich werde auch kein Sabbatical einlegen", gab Klopp bereits ein öffentliches Bewerbungs-Schreiben ab. Ganz Dortmund gönnt ihm vermutlich, ein reicher Top-Klub im europäischen Ausland möge den eloquenten Übungsleiter mit Millionen überschütten.

Klopp hofft auf spezielles Abschiedsgeschenk

Doch bis dahin bleibt noch ein Stück gemeinsamen Weges. "Wenn wir es noch schaffen, in die Europa League zu kommen, wäre das erneut eine extreme Leistung von dir", sagte Sportdirektor Michael Zorc zum Abschied und legte die Latte für den Bundesliga-Endspurt hoch. Klopps vorzeitig verkündeter Ausstieg dient schließlich auch als letzte Patrone, um die Saison des abgestürzten Vizemeisters mit aller Macht zu retten. Die Mannschaft kann sich nun nicht mehr hinter ihrem Chef verstecken und soll sich zusammenreißen - und wenn es nur aus alter Verbundenheit ist.

"Jetzt geht es darum, ihm den Abschied zu geben, den er verdient hat", kündigte Kapitän Mats Hummels bereits via Instagram an. Der Coach dagegen erhofft sich ein anderes Abschiedsgeschenk von seiner Borussia, die er mit drei Dauerkarten im Gepäck im Sommer verlassen wird. "Einen letzten Traum habe ich noch: Einmal mit dem Lastwagen um den Borsigplatz rumfahren." Vermutlich muss Jürgen Klopp nicht einmal den DFB-Pokal gewinnen, um die Menschen in Dortmund für diese Idee zu begeistern.

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