Dortmund feiert Derby-Sieg "Batman" Aubameyang und "Robin" Reus befreien den BVB
Aus Dortmund berichtet Patrick Brandenburg
Direkt nach dem befreienden Treffer lief Pierre-Emerick Aubameyang hinter das Tor des FC Schalke und packte die Masken aus. In Windeseile verwandelte sich der Stürmer des BVB in Batman, sein Offensivpartner stattete sich mit einer Augenmaske des Fledermausgehilfen Robin aus. "Wir wollten mal ein wenig Spaß reinbringen, davon hatten wir in der Hinrunde ja nicht so viel", sagte Marco Reus nach dem kreativen Torjubel beim gegen den FC Schalke.
Das schwarz-gelbe Superhelden-Duo befreit den abgestürzten Vizemeister vom Bösen, könnte man meinen. Die überzeugende Art und Weise des Sieges im 146. Revierderby jedenfalls könnte richtungsweisend sein für die kommenden Wochen. "Das war das Spiel des Jahres. Ein schöneres Gefühl kann es in der Saison nicht geben", sagte Reus. "So haben wir uns das vorgestellt."
Klopp bremst die Euphorie
Denn während die Schalke-Fans ihre eigene Mannschaft für ihre destruktive Spielweise beim Erzrivalen beschimpften und dann noch wegen der Blocksperre die Dortmunder Jubelfeier ertragen mussten, ist der BVB plötzlich wieder mit einer Riesenportion Selbstvertrauen ausgestattet.
Dank des vierten Sieges in Folge blickt das Team von Trainer Jürgen Klopp nun in der Tabelle wieder nach oben. "Es sind weiterhin nur fünf Punkte nach hinten", warnte Klopp zwar. Aber auch bis zu den Europapokal-Plätzen ist es nicht viel weiter.
Mauernde "Ergebnismaschine" Schalke stottert
In jedem Fall dürfen die Dortmunder aus ihrem bärenstarken Auftritt große Hoffnung für die nächsten Aufgaben ziehen. Denn in dem völlig einseitigen Spiel haben die Westfalen endlich mal wieder alles richtig gemacht. Trotz unzähliger vergebener Großchancen behielt der BVB die Nerven, erlaubte sich selbst keinen einzigen Defensivpatzer und brachte das Spiel gegen die mauernde "Ergebnismaschine" Schalke erfolgreich nach Hause.
Schon zur Pause standen 15:2 Torschüsse auf dem Konto. Dass Schalke in seine 400. Auswärtsniederlage der Bundesliga-Geschichte schlittern würde, schien schon da logisch. Mindestens 4:0 hätte es zu diesem Zeitpunkt heißen müssen.
Reus-Geschoss: mit 113 km/h ans Aluminium
Im Mittelpunkt wie schon bei den vergangenen drei Liga-Siegen: Aubameyang und Reus. Der Gabuner scheiterte ganz früh an Schalkes jungem Keeper Timon Wellenreuther (3. Minute) und brachte dann das Kunststück fertig, frei vorm Tor noch Matija Nastasic anzuschießen (25.). Sein "Bruder" im Geiste, der deutsche Nationalspieler, knallte einen Ball mit 113 Stundenkilometern an die Torlatte (32.) und zog fünf Minuten später nur denkbar knapp daneben.
Im gleichen Tempo ging das Spiel nach der Pause weiter, insgesamt brachte es der Offensivwirbel des BVB auf 31:3 Torschüsse. "Das war Dortmunder Dauerfeuer", sagte Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes tief beeindruckt. Trotz des Kräfte raubenden Auftritts unter der Woche bei Juventus Turin dachte die Borussia einfach nicht daran, zurückzustecken. "Wir sind dran geblieben", sagte Reus voller Stolz.
Aubameyang leitet den Maskenball ein
Sein Trainer fügte lakonisch hinzu: "Das ist Dortmund: Spiel, Spaß und Spannung, all inclusive über 90 Minuten." Denn mit zunehmender Spieldauer stieg auch die Gefahr, dass Schalke sogar Erfolg haben könnte mit diesem mutlosen Auftritt, für den sich S04-Coach Roberto di Matteo bei den eigenen Fans entschuldigte.
Erst zwölf Minuten vor dem Ende brach Aubameyang den Bann. Nach einem abgefälschten Pass von Henrich Mchitarjan überwand der Stürmer den Gäste-Keeper Wellenreuter nervenstark zum 1:0. "Es war wichtig, ruhig zu bleiben, nachdem wir so viele Chancen ausgelassen hatten, auch ich", sagte Aubameyang, der mit seinem zehnten Saisontreffer den schwarz-gelben Maskenball eingeleitet hatte.
Klopp gibt den "Commissioner Gordon"
"Das haben wir uns vor zwei Tagen beim Essen überlegt", sagte Reus hinterher über die spektakuläre Aktion. BVB-Dolmetscher Massimo Mariotti hatte sich in der Halbzeit als Komplize betätigt und die Utensilien neben dem Schalker Tor deponiert. Nur eine Minute nach der Maskerade machte Mchitarjan nach klasse Vorarbeit von Ilkay Gündogan mit dem 2:0 alles klar.
Dass "Robin" Reus vier Minuten vor dem Ende sogar noch einen drauflegte, als er in einen Schalker Rückpass sprintete und den Torwart der Königsblauen zum fatalen Patzer zwang, veredelte den Auftritt vor der ekstatisch feiernden Südtribüne des früheren Westfalenstadions.
Einzig Trainer Klopp fand seine Superhelden nicht uneingeschränkt lustig. Auf der Pressekonferenz gab er kurz den "Commissioner Gordon" und verwies auf DFB-Recht und Gesetz: "Das geht ja so nicht. Wenn er fünf Mal mit Maske jubelt und Gelb sieht, ist Aubameyang gesperrt." Schon beim Supercup-Sieg über den FC Bayern war Dortmunds schrille Nummer 17 mit Spiderman-Verkleidung aufgefallen.
Klopp: "Schönste Nebengeschichte ist Tor von Mchitarjan"
Ohnehin war dem Dortmund-Trainer ein anderer Jubel viel wichtiger: "Die schönste Nebengeschichte des heutigen Tages ist der Treffer von Henrich Mchitarjan. Auf dieses Tor haben wir alle gemeinsam gewartet. Und als es dann fiel, wollten ihn alle erdrücken."
In der Tat gönnte jeder dem Armenier das Erfolgserlebnis. Selbst Torwart Roman Weidenfeller sprintete auf die andere Seite des Platzes, um den sensiblen Mittelfeldspieler zu beglückwünschen, der in dieser Saison bislang so fürchterlich unglücklich agiert. Nach dem aus Dortmunder Sicht so wunderschönen 23. Spieltag wächst selbst bei dem BVB-Sorgenkind die Hoffnung auf ein Happy End.