Richtige Spieler für sein System? Guardiola stellt FC Bayern vor Zerreißprobe
Die Aufräumarbeiten bei Bayern München begannen keine 42 Stunden nach dem 0:4-Debakel gegen Real Madrid. Trainer Pep Guardiola versammelte seine gefallenen und von ihm selbst angezählten Stars, um sie auf das Saisonfinale mit dem DFB-Pokal-Endspiel am 17. Mai gegen Borussia Dortmund einzuschwören.
Was genau er den von ihrem Thron gestürzten Fußball-Königen zu sagen hatte, drang zunächst nicht nach außen - "kein öffentliches Training", hieß es an der Säbener Straße. Die Öffentlichkeit muss sich gedulden, um von Guardiola zu erfahren, wie genau er den Umbruch beim FC Bayern herbeiführen will.
Guardiola: "Ich liebe es, den Ball zu haben"
Dass er nötig ist, wurde bei der Demütigung gegen Madrid offensichtlich. Und dass Guardiola ihn plant, ließ er selbst bereits durchblicken. Es ging auf Mitternacht zu, als er am Dienstag ein paar Sätze mit großer Sprengkraft sagte. Der erregte, ja zornige Spanier stellte öffentlich die Frage, ob sein Ballbesitz-Fußball "mit diesen Spielern das beste Rezept ist", sagte Guardiola. Die Antwort darauf gab er sich aber gleich selbst: "Ich kann nicht ändern, was ich liebe. Und ich liebe es, den Ball zu haben." Statt des Systems muss also das Personal gewechselt werden.
Nur vier Monate nach dem erfolgreichsten Jahr der Vereinsgeschichte mit fünf Titeln und nur einen Monat nach dem frühzeitigsten Gewinn der Meisterschaft droht dem FC Bayern eine Zerreißprobe.
Rückendeckung von der Vereinsführung
Dessen sind sich die Bosse, die Guardiola weiter vorbehaltlos stützen, bewusst. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge kündigte an, der Coach habe Einfluss bei Spielerverpflichtungen, Finanzvorstand Hans-Christian Dreesen versicherte gar, Guardiola werde seine Wünsche, so er sie habe, erfüllt bekommen. Ein Innenverteidiger und einer für die defensive Außenbahn sollen wohl nach Mittelfeldmann Sebastian Rode und Stürmer Robert Lewandowski kommen.
Bestätigen wollte dies zunächst keiner der Verantwortlichen. Rummenigge bat daher darum, dass "wir jetzt nicht die Nerven verlieren dürfen". Fast flehend ergänzte er, dass "wir rational bleiben müssen". Eine Analyse "nach dieser Saison", wie sie Sportvorstand Matthias Sammer anmahnte, kann freilich zu spät kommen: In nur zwei Wochen steigt das Duell mit dem BVB in Berlin. Ehrenpräsident Franz Beckenbauer äußerte derweil bei Sky "Zweifel", dass die Bayern bis zum Cup-Finale "wieder dahin kommen, wo sie bis Ende März waren".
Thiago wird schmerzlich vermisst
Mit vier Toren Unterschied hat der FC Bayern im Europapokal schon ein paar Mal verloren - zu Hause aber noch nie. Dass es diesmal so weit kam, nahm Guardiola auf seine Kappe: Seine Mannschaft habe das Spiel deshalb "nicht kontrolliert, weil das der Trainer nicht gut gemacht hat". Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos auf der Doppelsechs - "ein Riesenfehler". Die Folge: keine Kontrolle. Nie hat sein Lieblingsschüler Thiago, der gegen Dortmund voraussichtlich wieder dabei ist, so gefehlt.
Auch in der Mannschaft ist man sich bewusst, dass es so nicht weitergehen kann. "Wir müssen schauen, dass wir den Arsch wieder hochkriegen", sagte Thomas Müller. "Wir hatten keine Kontrolle", stellte Arjen Robben fest und empfahl: "Akzeptieren, weinen - und dann geht das Leben weiter. Wir müssen den Kopf hochnehmen, wir haben noch ein Pokalfinale." "Wir waren taktisch nicht so gut wie im Hinspiel", sagte Philipp Lahm, und deshalb gelte weiterhin: "Wir hinterfragen immer alles." Doch Schwarzmalerei ist dem Kapitän zuwider: "Jetzt wieder alles schlecht zu sehen, was wir in den letzten Wochen und Monaten getan haben - da mache ich nicht mit."