Geschichte Messerschmitt: Vor 70 Jahren ging das erste Düsenflugzeug in Serie
Die amerikanischen Bomberpiloten wollten im Zweiten Weltkrieg ihren Augen nicht trauen, was da an ihnen vorbeisauste: Flugzeuge, locker 200 Kilometer in der Stunde schneller als ihre "Mustang"-Jäger - und das ohne Propeller. Was sie sahen, war eine deutsche Messerschmitt, kurz Me 262. Eine revolutionäre Konstruktion, loben Luftfahrthistoriker bis heute.
Vor 70 Jahren, am 25. Mai 1943, wurde in Deutschland die Serienproduktion des Flugzeugs beschlossen. Damit ist die Messerschmitt das erste in Serie gefertigte Düsenflugzeug der Luftfahrtgeschichte - und war Grundlage aller Düsenjäger bis heute.
Internationale Forschung nach dem Jet
An Flugzeugen mit Düsentriebwerken arbeiteten damals viele. Der Göttinger Hans Joachim Pabst von Ohain forschte privat an dem neuen Antrieb und ließ sich die Konstruktionen von seinem Automechaniker zusammenschrauben.
In England zerlegte zur selben Zeit Frank Whittle diverse Testtriebwerke, bevor er unabhängig und gleichzeitig wie der Deutsche einen Jet fertigte. Letztlich war es die Heinkel He 178, die als erstes Düsenflugzeug am 27. August 1939 in Rostock abhob. Das war ein Sonntag. Am Freitag darauf begann der Zweite Weltkrieg.
Nazi-Führung zunächst nicht überzeugt
Doch ausgerechnet die Deutschen hatten anfangs nur geringes Interesse an Düsenflugzeugen. Luftwaffenchef Hermann Göring, obwohl im Ersten Weltkrieg selbst Jägerpilot, setzte auf Bomber. Als am 18. Juli 1942 die erste Me 262 abhob, zeigte sich die Führung nur mäßig begeistert.
Mehr als ein Jahr später besah sich Adolf Hitler den Düsenjäger und ordnete trotz des Einspruchs von Generalfeldmarschall Erhard Milch ("Mein Führer, das sieht doch jedes kleine Kind, dass das kein Bomber, sondern ein Jäger ist") an, aus dem Jäger einen Bomber zu machen.
"Als ob ein Engel schiebt"
Die Begeisterung bei Fliegern aber war ungebrochen. Es sei "als ob ein Engel schiebt", beschrieb Adolf Galland, oberster Jägergeneral und selbst bei den Briten bewundert, die Messerschmitt.
"In meinen Augen war sie das bei weitem fortschrittlichste Militärflugzeug ihrer Zeit", schrieb später die englische Pilotenlegende Eric Brown. "Ein großer Wurf, der alles in den Schatten stellte, was wir damals auf alliierter Seite zur Verfügung hatten."
Nur wenige Flieger gefechtsbereit
"Es war eine revolutionäre Konstruktion, aber es gab unzählige Probleme", sagt heute Luftfahrthistoriker Peter Seelinger. "Die Triebwerke waren unzuverlässig und mussten anfangs alle zehn Stunden zur Generalüberholung." Heute sind 30.000 Stunden üblich. "Sie schaffte gut 850 Kilometer in der Stunde, der schnellste Jäger der Alliierten vielleicht 650", beschreibt Seelinger den Vorteil der Me 262.
Das ging jedoch auf Kosten der Wendigkeit. Dazu seien Treibstoff und Ersatzteile knapp gewesen. Obwohl 1400 Flugzeuge gebaut wurden, seien nur 500 zum Einsatz gekommen. Und mehr als 100 waren nie gleichzeitig gefechtsbereit.
Grundlage für Düsenjäger weltweit
Der Ruf der Messerschmitt blieb dennoch legendär. Kein Wunder, dass nach dem Krieg Amerikaner, Briten und Russen jede Me 262 mitnahmen, die sie kriegen konnten. "Die frühen Düsenjäger praktisch jeden Landes gehen direkt auf die Messerschmitt zurück", sagt Seelinger. Und heute sind sie der Stolz in den Luftfahrtmuseen der Länder, gegen die sie einst flog.
Einer der erfolgreichsten Piloten an ihrem Steuerknüppel war Walter Schuck. Der Oberleutnant schoss am 24. März 1945 - vier Tage nach seinem Erstflug mit der Me 262 - zwei amerikanische Jäger ab. Am 10. April besiegte er vier Bomber, bevor er von "Mustang"-Pilot Joe Peterburs abgeschossen wurde. Sechzig Jahre später trafen sich beide. Peterburs (88) und Schuck (92) sind heute gute Freunde.