Er ist erst 25 Jahre alt Prigoschins Sohn soll jetzt die Wagner-Söldner führen
Lange war es still um die Wagner-Gruppe. Jetzt scheint sie wieder aktiv für den Krieg in der Ukraine zu rekrutieren.
Die Söldnertruppe Wagner scheint wieder neue Rekruten anzuwerben und sich neu aufzustellen. Die Führung der neu strukturierten Wagner-Gruppe soll der Sohn des verstorbenen Söldnerführers Jewgeni Prigoschin innehaben.
Laut einem im Internet aufgetauchten Dokument, das das Testament Prigoschins zeigen soll, erbt sein Sohn, der 25-jährige Pavel Prigoschin, neben dem auf rund 100 Millionen Dollar geschätzten Vermögen und mehreren Firmenanteilen auch die Kontrolle über die Wagner-Gruppe. Das berichtet die britische Zeitung "Independent". Das Institute for the Study of War (ISW) berichtet mit Verweis auf einen Wagner-Insider, dass Prigoschin zwar dem Namen nach der Chef der Söldnertruppe sei, dass aber die eigentlichen Entscheidungen vom ehemaligen Wagner-Sicherheitschef Mikhail Vatanin getroffen werden sollen.
Neue Rekruten für den Kampf in der Ukraine
Das ISW berichtet weiter, dass Pavel Prigoschin mit der russischen Nationalgarde (Rosgvardia) verhandle, ob und wie die Wagner-Gruppe wieder in der Ukraine eingesetzt werden könnte. Laut einem der Söldnertruppe nahestehenden Telegram-Kanal soll es Wagner dabei erlaubt werden, die eigenen Strukturen und Insignien zu behalten, auch wenn man nominell unter der Kontrolle der Nationalgarde stehe.
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Ein von einem anderen Wagner-nahen Telegram-Kanal verbreiteter Rekrutierungsaufruf spricht zudem davon, dass die Söldnertruppe nun Teil der Nationalgarde sei. Darüber hinaus bestätigte dies auch ein Wagner-Sprecher der russischen Website "NGS.ru"
Die russische Nationalgarde (Rosgvardia)
Die russische Nationalgarde hat einen Sonderstatus innerhalb der russischen Sicherheitsorgane, da sie direkt dem Präsidenten, also Wladimir Putin, unterstellt ist. Wie die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) berichtet, entstand die Einheit 2016 auf direkte Anordnung Putins aus der Zusammenlegung der eigentlich dem Innenministerium unterstellten "Inneren Truppe" sowie Spezialkräften der Polizei. Zur Aufgabe der Nationalgarde gehört unter anderem die Terrorbekämpfung sowie die Territorialverteidigung. Die SWP geht aber davon aus, dass die Hauptaufgabe der Nationalgarde die Zerschlagung und Unterdrückung regierungsfeindlicher Proteste sei. Für die Erfüllung ihrer Aufgabe ist sie mit weitreichenden Machtbefugnissen ausgestattet. Seit dem Überfall auf die Ukraine wird die Nationalgarde auch an der Front eingesetzt.
Weiter heißt es in dem Aufruf, dass die potenziellen Rekruten körperlich gesund, drogenfrei und nicht vorbestraft sein müssen. Dies unterscheidet sich von vorangegangenen Rekrutierungsmustern, als die Wagner-Gruppe vornehmlich Strafgefangene für den Einsatz in der Ukraine anwarb. Der damalige Deal lautete: Kampf an der Front statt Gefängnis.
Ex-Wagner-Boss war bei Putin in Ungnade gefallen
Die Wagner-Gruppe hatte vor allem bei den Kämpfen um Bachmut massive Verluste erlitten. Manche Experten schätzen, es könnten bis zu 40.000 Mann gewesen sein. Lesen Sie hier mehr zum Einsatz der Wagner-Truppen in Bachmut.
Nach dem Ende der Schlacht geriet der damalige Wagner-Boss Prigoschin immer wieder mit der russischen Militärführung aneinander, beschuldigte diese der Unfähigkeit und äußerte öffentlich Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Kriegs in der Ukraine. Prigoschin behauptete auch, es sei zu einem Angriff auf seine Männer durch russische Truppen gekommen, woraufhin er seine Einheiten gen Moskau marschieren ließ. Nach der Niederschlagung des Aufstands floh Prigoschin zunächst nach Belarus, bevor er wenig später bei einem Flugzeugunglück ums Leben kam. Experten gehen davon aus, dass es sich dabei um eine Racheaktion Putins handelte. Lesen Sie hier mehr dazu.
Zukunft von Wagner weiterhin ungewiss
Auch knapp drei Monate nach Prigoschins Tod ist nicht klar, wie es mit Wagner weitergehen wird. Das russische Verteidigungsministerium bestätigte Ende September, dass der ehemalige Wagner-Kommandant Andrey Troshev am Aufbau eines neuen Freiwilligen Regiments unter der Kontrolle des Verteidigungsministeriums arbeite. Das ISW geht davon aus, das Verteidigungsministerium hoffe, dass Troshev aufgrund seiner Vergangenheit ehemalige Wagner-Söldner für das neue freiwillige Regiment gewinnen kann.
Dass die russische Nationalgarde gleichzeitig mit Pavel Prigoschin bezüglich einer Eingliederung der Wagner-Söldner verhandelt, legt nahe, dass der Kreml eine Strategie des "Teilens und Herrschens" in Bezug auf Wagner verfolgt, indem man die ehemaligen Söldner auf möglichst mehrere Einheiten aufteilt und so verhindert, dass es zu einer zu großen Machtkonzentration in der Hand einer einzelnen Organisation kommt.
Das ISW berichtet aber auch, dass es noch ein Kontingent von Ex-Wagner-Söldnern zu geben scheint, welches daran arbeitet, ein neues privates Sicherheits- und Militärunternehmen unter der Schirmherrschaft des belarussischen Präsidenten Lukaschenko aufzubauen.
- understandingwar.org: "RUSSIAN OFFENSIVE CAMPAIGN ASSESSMENT, SEPTEMBER 29, 2023" (englisch)
- understandingwar.org: "RUSSIAN OFFENSIVE CAMPAIGN ASSESSMENT, OCTOBER 1, 2023" (englisch)
- t.me: Beitrag von Nutzer "prigozhin_2023" (russisch)
- t.me: Beitrag von Nutzer "pmcwagner59" (russisch)
- ngs.ru: ""Вагнер" в Новосибирске вновь начал набирать бойцов на СВО — с судимыми контракты заключать не будут" (russisch)
- Klein, Magarete (2016): "Russlands neue Nationalgarde. Eine Rückversicherung für Putin gegen Massenproteste und illoyale Eliten"
- independent.co.uk: "Wagner succession: Yevgeny Prigozhin’s son ‘set to be next mercenary boss’"