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Angriff der Ukraine auf Sewastopol: "Der russische Hafen schlechthin"


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Attacke auf Sewastopol
"Der Angriff soll wieder zeigen, dass Russland unfähig ist"


14.09.2023Lesedauer: 3 Min.
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Sewastopol: Aufnahmen sollen zahlreiche Raketenangriffe auf die Hafenstadt Sewastopol zeigen. (Quelle: t-online)

Mit dem Angriff auf den Hauptstandort der Schwarzmeerflotte hat die Ukraine ein Prestigeobjekt des russischen Militärs getroffen. Was bedeutet dieser Angriff für den weiteren Kriegsverlauf?

Das nächste Ziel ließ Mykola Oleschtschuk offen. "Als Nächstes kommt…", waren die letzten Worte einer Nachricht des Kommandeurs der ukrainischen Luftwaffe auf dem Portal Telegram. Dazu veröffentlichte er ein Foto des in Flammen stehenden Hafens von Sewastopol auf der Halbinsel Krim.

Zehn Marschflugkörper soll die Ukraine nach russischen Angaben in der Nacht zum Mittwoch auf den bekannten Hafen abgefeuert haben. Dort befindet sich die Zentrale der russischen Schwarzmeerflotte. Dabei sollen mehrere Schiffe und ein U-Boot getroffen worden sein. Die Angaben zum Ausmaß und Schwere der Schäden gehen auf beiden Seiten auseinander.

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"Der Hafen schlechthin"

Sewastopol ist nicht irgendein Ziel für die Ukraine: Die Geschichte der Schwarzmeerflotte reicht in dem Hafen der Stadt mehr als 200 Jahre bis in das russische Kaiserreich zurück. Auch nach dem Zerfall der Sowjetunion durften die russischen Soldaten den Hafen weiter nutzen. "Das ist für Russland der Hafen schlechthin", sagte Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) im Gespräch mit t-online. Man wolle mit dem Angriff zeigen, dass die ukrainischen Streitkräfte der von Russland völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel immer näherkommen. Wie konnte es dazu kommen, dass die Ukraine Russland an einem solch wichtigen Punkt erfolgreich angreifen konnte?

Mölling vermutet, dass der Angriff ein Sinnbild für die mangelnde Kommunikation innerhalb des russischen Militärapparats darstellt: Eigentlich müsste das russische Militär bei einem solch wichtigen Standort auf mögliche Angriffe aus der Luft immer vorbereitet sein: "Die Flugabwehr hat man eigentlich immer im Blick. Denn niemand will, dass ein teures Schiff nach einem Treffer untergeht. Möglicherweise ist die russische Kommandokette komplett zerbrochen."

Beachtlich sei auch, dass die Ukraine die russische Marine so schädigen kann, obwohl sie selbst über keine nennenswerten Seestreitkräfte verfügt: "Die Ukraine hat überhaupt keine Marine, aber hat schon eine ansehnliche Zahl der russischen Schiffe versenkt oder beschädigt. Der Angriff soll wieder zeigen, dass Russland unfähig ist."

Milliardenschweres System zerstört

Ein weiteres Indiz dafür könnte ein anderer Angriff der Ukraine am Donnerstag sein: Auf der Krim wurden laut Medienberichten in der Nähe der Küstenstadt Jewpatorija weitere Explosionen gemeldet. Dort soll ein russisches Flugabwehrsystem des Typs S-400 zerstört worden sein – ein Waffensystem im Wert von umgerechnet 1,1 Milliarden Euro. Und noch ein weiteres Schiff der Schwarzmeerflotte ist nach russischen Angaben mit Seedrohnen attackiert worden.

Video | Schwere Explosionen nach Angriffen auf Krim
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Quelle: t-online

Gleichzeitig ist allerdings davon auszugehen, dass ein Angriff wie in Sewastopol mit einer vergleichsweise hohen Anzahl an Marschflugkörpern für die Ukraine aktuell eher die Ausnahme sein wird. "Das Hauptziel für die ukrainischen Marschflugkörper bleiben Kommandozentralen und Logistik. Solche Angriffe sind aber schwieriger geworden", sagt Mölling. Der Grund dafür sei simpel: Strategisch wichtige Punkte wie etwa die Krimbrücke seien nach mehreren Angriffen besser geschützt als noch vor einigen Monaten.

Zudem ist es wahrscheinlich, dass die Ukraine weiter nicht über ein besonders großes Arsenal an Marschflugkörpern verfügt. Bisher haben lediglich Großbritannien (Storm Shadow) und Frankreich (SCALP) entsprechende Waffen geliefert. Beide Länder machten bisher allerdings keine Angaben über konkrete Stückzahlen. Vergleichbare Waffensysteme wie die Kurzstreckenraketen ATACMS aus den USA oder die aus Deutschland geforderten Taurus-Marschflugkörper werden bisher von Regierungen in Washington und Berlin zurückgehalten – auch wenn der Druck auf die Bundesregierung steigt.

"Werden bald andere Arten von Operationen sehen"

Am heutigen Donnerstag hatten sich die drei Ampelpolitiker Anton Hofreiter (Grüne), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Andreas Schwarz (SPD) in einem Brief an die Bundesregierung erneut für eine Lieferung ausgesprochen. Mehr dazu lesen Sie hier. Vor allem in der SPD gibt es aber auch Stimmen, die den Kurs von Kanzler Olaf Scholz stützen: Die deutsche Haltung und das Hinterfragen von möglichen Waffenlieferungen "würde ich nicht als zögerlich bezeichnen, sondern als besonnen", sagte SPD-Politiker Ralf Stegner zuletzt in Bezug auf eine mögliche Taurus-Lieferung t-online.

Allerdings konnte die Ukraine zuletzt auch ohne deutsche Marschflugkörper einige Erfolge verbuchen. In ihrer Offensive konnten die Truppen weitere von Russland eroberte Gebiete im Süden des Landes befreien. Von einem Durchbruch bis zum Asowschen Meer sind die Soldaten allerdings noch weit entfernt.

Christian Mölling glaubt nicht, dass die kommenden kalten Monate die Kampfhandlungen grundsätzlich stoppen werden. Die als "Rasputiza" bekannte Regenzeit im Herbst dürfte dafür sorgen, dass an vielen Stellen der Boden so aufgeweicht sein wird, dass zahlreiche Wege nicht mehr passierbar sein werden.

Grundsätzlich kann das die ukrainischen Angriffsbemühungen einschränken. Dann seien allerdings andere Waffen stärker gefordert: "Wir werden bald andere Arten von Operationen sehen. Beide Seiten werden wohl verstärkt auf Drohnen setzen." Für Russland dürfte mit fallenden Temperaturen wie im vergangenen Winter wieder die zivile Infrastruktur der Ukraine vermehrt ins Fadenkreuz geraten.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Christian Mölling
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
  • understandingwar.org: "Russian Offensive Campaign Assessment, September 13, 2023" (englisch)
  • t.me/MykolaOleshchuk: "Post von Микол Олещук" (russisch)
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