Viele russische Panzer zerstört Geheimdienst-Einheit "Weißer Wolf": Attacken aus der Luft
Eine ukrainische Geheimdienst-Einheit macht russischen Panzern zu schaffen. Der Kommandeur der "Weißen Wölfe" gibt erstmals Einblicke.
Sie sollen bereits 400 russische Fahrzeuge zerstört haben, die meisten davon Panzer. Wenn Videos von ukrainischen Erfolgen im Kriegsgebiet im Internet auftauchen, sind oft Soldaten einer Einheit an den Kämpfen beteiligt, die im Westen noch weitgehend unbekannt ist. Sie heißt "Weißer Wolf" und gehört zu den Spezialkräften des ukrainischen Geheimdienstes SBU.
Ihr Kommandeur Oleg Yemets hat jetzt ein wenig den Nebel um das Sonderkommando gelüftet und der Ukrajinska Prawda ein Interview gegeben. Yemets selbst kommt aus der Wissenschaft, war Biophysiker und arbeitete bis 2004 unter anderem in den USA. Schon als er wieder in die Ukraine zurückkam, habe er einen Krieg vorhergesehen, sagte er. Im Jahr 2011 gründete der Chef, der sich selbst den Kampfnamen "1" gegeben hat, die "Weißer Wolf"-Gruppe, zunächst als Trainingszentrum. Später registrierte er eine Organisation mit diesem Namen.
"Es war eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die wussten, dass ein Krieg unvermeidlich war. Wir begannen, uns als Einheit mit einheitlichen Standards für die Durchführung von Kampfhandlungen vorzubereiten" erinnert er sich. Die Ausrüstung habe er aus eigenen Mitteln gekauft, jede Woche gab es Trainingseinheiten. Viele hätten nicht einmal eine militärische Ausbildung gehabt. Wie viele Kämpfer unter seinem Kommando stehen, sagt er aber nicht.
Yemets selbst sei während seines Militärdienstes bei einer Eliteeinheit gewesen, sagte er der Ukrajinska Prawda, diese habe aber nichts mit Aufgaben in einem Krieg zu tun gehabt. Dennoch habe er aus der Zeit bei der Aufklärung etwas mitgenommen. Heute gehören Drohnen zu den wichtigsten Waffen der Einheit.
Mit diesen werden russische Panzer aufgespürt. Zum Beispiel, als – so berichtet Yemets – russische Soldaten in einem Dorf einen Fernseher gestohlen hätten und den in ihren Panzer verfrachtet hätten – wohl um einen Film zu schauen. Eine "Weißer Wolf"-Drohne hätte sie verfolgt und aus der Luft Munition auf den Panzer abgeworfen.
Vor wenigen Tagen hatte es Berichte gegeben, dass seine Einheit einen russischen Angriff bei Krasnolimansk zurückgeschlagen habe. Sie habe eine gegnerische Panzerkolonne aufgespürt, gegen die dann ukrainische Panzer eingesetzt worden seien.
Seine Strategie: Aufklärung, Angriff, Bestätigung. Deshalb zeichne seine Einheit jeden Schlag gegen russisches Material auf. Viele der Videos werden auch auf YouTube und auf Telegram veröffentlicht. Damit könnten auch seine Angaben zu militärischen Erfolgen überprüft werden. Mittlerweile habe sie auch Kamikaze-Drohnen und solche, die über lange Strecken fliegen können. Für Yemets ist die technische Ausstattung ausschlaggebend. Einen Teil davon entwickele seine Einheit selbst.
Low Budget-Truppe findet sich auch ohne GPS zurecht
Doch ebenso wichtig sei, dass man für den Kampf im Krieg trainiert sei. "Insbesondere die Fähigkeit, nachts zu arbeiten, die Fähigkeit, in kritischen Situationen zu reagieren, fundierte Kenntnisse in der Kartografie und Erfahrung in der Navigation im Weltraum ohne GPS". Sich zurechtzufinden, sei eine "besonders gute Fähigkeit der Weißen Wölfe".
Bislang habe die Einheit selbst 20 Drohnen verloren – weniger als bei anderen Einheiten, die zum Teil Verluste in Höhe von 200 Flugkörpern hätten, sagt Yemets. Seither habe er 200.000 US-Dollar für seine Ausrüstung ausgegeben – und damit russisches Material in Milliardenhöhe vernichtet. Im März soll die Einheit in einer Nacht zehn russische Panzer zerstört haben – das zumindest behauptete der Geheimdienst SBU auf Telegram und legte Videoaufnahmen nach.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen Youtube-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren Youtube-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
"Brauchen Raketen mit 500 Kilometern Reichweite"
Yemets Kämpfer seien mittlerweile in der Lage, über längere Entfernungen zuzuschlagen – Dutzende Kilometer. "Aber das reicht nicht. Wir brauchen 500 Kilometer", sagt Yemets – und spricht damit auch auf die Lieferung von Mittelstreckenraketen wie die deutsche Taurus und die amerikanischen ATACMS-Systeme an. Bislang zieren sich die Biden-Regierung und Bundeskanzler Scholz noch, weil sie Angriffe auf russisches Staatsgebiet befürchten.
Doch Yemets verweist auf die Notwendigkeit, die für den Kriegsverlauf wichtige russische Infrastruktur anzugreifen – und die liege nun mal weit von der Front entfernt. "Es ist notwendig, ihr Leben gefährlich zu machen. Damit sie sich daran gewöhnen, aus der Angst aufzuwachen", sagt er.
- pravda.com.ua: "Кожний двадцятий знищений ворожий танк – їхня робота." (ukrainisch)
- newsweek.com: "Ukraine Says SBU 'White Wolves' Destroyed 10 Russian Tanks in One Night" (englisch)
- pravda-en.com: "The group "White Wolves" ️ repelled the enemy's offensive towards Krasnolimansk) (englisch)