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Ukraine-Krieg: Putin braucht Verbündete – ist das der einzige Ausweg?


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Pakt mit Schurken im Ukraine-Krieg
Putin sieht nur einen Ausweg


Aktualisiert am 02.08.2023Lesedauer: 6 Min.
Wladimir Putin: Der russische Präsident setzt auf Waffendeals mit Schurkenstaaten.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin: Der russische Präsident setzt auf Waffendeals mit Schurkenstaaten. (Quelle: Aleksey Nikolskyi/imago-images-bilder)

Im Ukraine-Krieg ist Russland auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen, aber nicht einmal der Verbündete China möchte Waffen liefern. Deswegen schließt Wladimir Putin zunehmend Pakte mit Schurkenstaaten.

Sie waren isoliert. Eigentlich wollte viele Jahre kaum jemand etwas mit ihnen zu tun haben. Doch nun steht für einige Diktatoren und autokratische Regime eine Tür offen: die Tür nach Russland.

Kremlchef Wladimir Putin hat sich in der internationalen Gemeinschaft mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine ins Abseits katapultiert. Selbst viele Staaten, die massiv von Russland abhängig sind, haben Moskau die Gefolgschaft verweigert. Sie tun nicht mehr als nötig, verhalten sich zumindest offiziell neutral. Hinter verschlossenen Türen machen sie aber kein Geheimnis daraus, wie sehr sie Putins Invasion und den russischen Kolonialismus ablehnen. Das erfuhr t-online aus zahlreichen Gesprächen mit westlichen Diplomaten.

Für Putin ist die Lage fatal. Nicht einmal der chinesische Präsident Xi Jinping, den er nach zahlreichen Treffen in den vergangenen Jahren als "Freund" bezeichnet und mit dem er sich Anfang 2022 eine "Partnerschaft ohne Grenzen" geschworen hatte, möchte Russland offiziell mit Waffen unterstützen. China liefert zwar "Dual Use"-Güter wie Halbleiter nach Russland, doch der Kreml kam im Zuge des Ukraine-Krieges zu der Erkenntnis: Die Partnerschaft mit China hat eben doch Grenzen.

Deswegen braucht Russland andere Partner. Staatsführungen, die russische Rohstoffe kaufen und die das russische Militär mit Munition, Drohnen und anderen Waffensystemen beliefern. Denn das russische Militär war auf einen langen Konflikt nicht vorbereitet, die russische Rüstungsindustrie muss in dem Abnutzungskrieg nun gegen die Rüstungsindustrien der gesamten Nato-Staaten und ihrer Verbündeten produzieren.

Für Putin sieht die Lage militärisch mittelfristig nicht wirklich gut aus. Der Kremlchef sieht nur einen Ausweg: Er sucht den Schulterschluss mit Schurkenstaaten wie Nordkorea oder dem Iran. Von ihnen bekommt Russland Waffen; im Gegenzug hilft Putin Regimen aus der internationalen Isolation, die Teile ihrer eigenen Bevölkerung unterdrücken, foltern und ermorden. Ein historischer Gesichtsverlust und ein Alarmsignal für Russland.

Putin braucht Waffen

Das russische Regime hatte zwar schon vor dem Ukraine-Krieg keine Berührungsängste mit autokratischen Regimen. Russland hat kaum "Soft Power" – also es besitzt nicht wirklich die Möglichkeit, Macht auf Grundlage von kultureller Attraktivität, der Ideologie und auch mithilfe Internationaler Institutionen auszuüben. Deswegen nutzte Moskau vor allem Rüstungsdeals, um damit Staaten vom Kreml abhängig zu machen. Dabei achtete Russland selten wirklich darauf, wem es Waffen verkaufte.

Im Ukraine-Krieg kann Russland deutlich weniger Waffen und Rüstungsgüter exportieren, weil die russische Armee die Waffen selbst an der Front braucht. Deswegen wenden sich Regionalmächte wie Indien dem Westen zu und lösen sich langsam aus dem Bündnis mit dem Kreml.

Es gibt jedoch einige Staaten, die vor dem Krieg dermaßen international geächtet waren, dass sie im Endeffekt nichts zu verlieren haben. t-online gibt einen Überblick über einige Staaten, die aus ihrer Unterstützung für Putin kein Geheimnis machen.

Nordkorea – der Schwarzmarkthafen

Es waren Bilder, die hätte es vor Beginn des russischen Angriffskrieges nicht gegeben. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu reiste Ende Juli nach Nordkorea und nahm in Pjöngjang an dem Festakt teil, bei dem das Waffenstillstandsabkommen vor 70 Jahren auf der koreanischen Halbinsel gefeiert wurde.

Russland ging viele Jahre auf Distanz zu dem Kim-Regime, wollte nicht mehr als nötig mit den nordkoreanischen Machthabern zu tun haben, die mit Atomtests und Starts von Interkontinentalraketen international regelmäßig für großen Missmut sorgten. Das hat sich scheinbar geändert.

Der Schoigu-Besuch wurde von der nordkoreanischen Propaganda maximal ausgeschlachtet. Blumen. Jubelbilder. Beim Festakt wurde ein großes Bild von Wladimir Putin gezeigt. Hinzu kam eine nächtliche Militärparade und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un präsentierte persönlich dem russischen Verteidigungsminister sein Waffensystem inklusive Drohnen. Schoigu überreichte Kim einen Brief von Putin.

Schoigu hatte sich mit Machthaber Kim persönlich über "Angelegenheiten von gegenseitigem Interesse im Bereich der nationalen Verteidigung und Sicherheit sowie über das regionale und internationale Sicherheitsumfeld" verständigt, wie staatliche Medien in Nordkorea berichteten.

Nordkorea gibt der Nato die Schuld an dem Konflikt und hat sich Russland als Verbündeter angeboten. Putin kann dies offenbar nicht mehr ablehnen. Dabei hat das nordkoreanische Militär vor allem alte Technologien. Es geht Russland wahrscheinlich um Munition für Infanterie und Artillerie. Laut ukrainischen Angaben wurden bereits nordkoreanische Raketenwerfer aus der Sowjetzeit in der Ostukraine erbeutet. Wenn Russland auf diese Waffensysteme angewiesen ist, wäre das ein fatales Signal für Putin.

Die Gefahr liegt aber woanders: China möchte Putins Krieg nicht direkt mit Waffen unterstützen, aber Peking könnte Nordkorea nutzen, um eigene Lieferungen an Russland zu verschleiern. "Es ist endgültig zum Juniorpartner von China geworden und noch im vergangenen Jahr hätten es die Nordkoreaner nicht gedacht, dass die Russen zum Waffeneinkauf vorbeikommen", sagt der Sicherheitsexperte Christian Mölling im Interview mit t-online. "Nordkorea wird genutzt, wie es in der Vergangenheit oft genutzt wurde. Als Schmuggelhafen."

Iran – die Geächteten

Es sind oft nicht nur ideologische Gründe, warum Regime Putins Krieg unterstützen. Vielmehr versuchen Schurkenstaaten wie Nordkorea oder der Iran auch von Putins Notlage zu profitieren. Die autokratischen Führungen in Pjöngjang und Teheran haben dabei vor allem eines gemeinsam: Ihre Wirtschaften leiden unter den internationalen Sanktionen und unter teuren Atomprogrammen. Jetzt wittern sie Devisen durch Waffengeschäfte mit Russland.

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Auch die Mullahs gelten international als geächtet. Seitdem US-Präsident Donald Trump den Atomdeal mit dem Iran aufkündigte und das extremistische Regime mit brutalster Gewalt 2022 gegen feministische Proteste vorging, haben sich viele der internationalen Partner abgewendet, die eine Öffnung des Iran anvisiert hatten.

Putin gilt zwar als Gegner des islamistischen Terrors, aber Berührungsängste mit dem iranischen Regime hat er nicht. Schon in Syrien kämpften russische Soldaten und Söldner an der Seite von iranischen Milizen, um den Diktator Baschar al-Assad zu stützen. Nun ging der Kreml auch in Teheran Waffen einkaufen.

Zunächst waren es Kamikaze-Drohnen iranischer Bauart, mit deren Hilfe Russland noch immer ukrainische Städte terrorisiert. Danach soll der Iran auch Munition, Panzer- und Haubitzengeschosse nach Russland geschickt haben. Das berichtete der britische Sender Sky News mit Verweis auf einen 16-seitigen Vertrag, der die Lieferung belegen soll.

Aber auch die Unterstützung aus Teheran ist für Putin keinesfalls umsonst: Bei den Drohnenverhandlungen soll es Differenzen über den von Teheran aufgerufenen Preis gegeben haben. Zudem wollte das Mullah-Regime den Betrag in bar haben. Außerdem musste Russland dem Iran die Waffendeals mit Investitionen in iranische Infrastruktur schmackhaft machen – etwa in ein Eisenbahnprojekt von Sankt Petersburg an den Persischen Golf.

Belarus – die Marionette

Iran und Nordkorea versuchen demnach eigene Interessen durchzusetzen. Anders sieht es in Belarus und beim belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko aus. Für Putin ist Belarus besonders wertvoll: Einerseits nutzt er das Land als Aufmarschgebiet für russische Truppen und Russland kann über Belarus und die Suwalki-Lücke Nato-Gebiet bedrohen. Andererseits lagern in den Beständen der belarussischen Armee Waffen und Munition sowjetischer Bauart.

Nach der Wahlniederlage Lukaschenkos im Jahr 2020 hat Putin ihm geholfen, an der Macht zu bleiben. Dafür hat das belarussische Regime im Prinzip seine Souveränität aufgegeben. Mittlerweile hat Lukaschenko nicht nur russische Soldaten im Land, sondern auch die Wagner-Söldner von Jewgeni Prigoschin. Dementsprechend hat Putin ein gefährliches Druckmittel gegenüber Lukaschenko in der Hand. Dieser ist ein Herrscher von Putins Gnaden und kann sich nicht mehr leisten, Forderungen aus Moskau auszuschlagen.

Wenig nützliche Partner

Letztlich hat Russland noch weitere Verbündete. Staaten auf dem afrikanischen Kontinent oder autoritäre Regime in Nicaragua oder Venezuela – auch Autokratien. Putin setzt zwar auf eine Achse aus Schurken, um international nicht isoliert zu wirken. Aber tatsächlich sind für den Kreml nur wenige Staaten militärisch nützlich.

Im Gegenteil: Russland muss Söldner schicken, um Regime wie das in Mali zu unterstützen. Es muss Soldaten nach Nicaragua oder nach Syrien für gemeinsame Manöver entsenden. Und Moskau muss auch weiterhin Waffen liefern, um Länder in seiner Einflusssphäre zu halten. Doch auch Lieferungen aus dem Iran oder Nordkorea können Russland wahrscheinlich nur kurzfristig helfen. Langfristig ist Putin auf die Lieferung von Subkomponenten – wie Halbleitern aus China – und seine heimische Rüstungsproduktion angewiesen. Doch die kämpft weiterhin mit Problemen.

Verwendete Quellen
  • spiegel.de: Teheran und Moskau unterzeichnen Plan für wichtiges Eisenbahnprojekt
  • fr.de: Dokumente aufgetaucht: Hat der Iran Russland mit Munition für den Krieg beliefert?
  • news.sky.com: Arms contract shows Iran has sold Russia ammunition for Ukraine war, says security source (engl.)
  • stern.de: Wer jetzt noch zu Russland hält und warum
  • zeit.de: Putins Freunde
  • zdf.de: Schoigu trifft Kim Jong Un zu Militärfragen
  • spiegel.de: Blumen, Waffen und ein russischer Verteidigungsminister
  • n-tv.de: Nordkorea wirft sich für Russland in den Staub
  • de.euronews.com: Lawrow nach Nicaragua in Kuba zu Gast
  • rnd.de: Ukraine setzt offenbar Raketenwerfer aus Nordkorea ein
  • merkur.de: Ukraine erbeutet nordkoreanische Waffen und setzt sie gegen russische Truppen ein
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