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Gegenoffensive der Ukraine: Die Front beginnt nach sieben Tagen zu bröckeln


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Gegenoffensive der Ukraine
Nach 7 Tagen beginnt die Front zu bröckeln


Aktualisiert am 14.06.2023Lesedauer: 4 Min.
Ukrainische Artillerie (Archivbild): Die USA schicken weitere Munition in die Ukraine.Vergrößern des Bildes
Ukrainische Artillerie im Einsatz bei Bachmut: Kann die Stadt zurückerobert werden? (Quelle: Sofiia Gatilova /dpa)

Seit einer Woche läuft die Gegenoffensive der Ukraine. Kiew greift an mehreren Fronten an – mit gemischten Erfolgen. Doch ein großes Rätsel bleibt.

Die lange angekündigte Gegenoffensive der Ukraine hat begonnen. Seit rund einer Woche greift die ukrainische Armee mit Kampf- und Schützenpanzern russische Stellungen entlang der 1.500 Kilometer breiten Front an. Kiew hat dabei auch schmerzhafte Verluste zu beklagen: Bei einem Angriff im Süden von Saporischschja verlor die Ukraine mehrere westliche Kampffahrzeuge, darunter auch aus Deutschland gelieferte Leopard-2-Panzer.

Video | So will Russland Leopard-Panzer zerstört haben
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Quelle: reuters

Am Wochenende schien sich das Blatt dann zu wenden, als ukrainische Streitkräfte mehrere Dörfer in der ostukrainischen Region Donezk befreien konnten. Auch in der Region Saporischschja und in der umkämpften Stadt Bachmut gibt es Bewegung. Russische Kriegsblogger raunen zudem von einer massiven ukrainischen Streitmacht, die sich im Nordosten bilden soll.

Wo wird überall in der Ukraine gekämpft? Was bedeuten die Vorstöße – und wo wird der ukrainische Hauptangriff erwartet? t-online mit dem Überblick.

Die Angriffsachsen der ukrainischen Armee

Die Ukraine hatte die Offensive über Monate geplant und aus dem Westen dafür umfassende Unterstützung erhalten: Neben Marschflugkörpern mit größerer Reichweite, Munition und Ausbildung sollen vor allem die rund 300 Kampfpanzer und 1.500 gepanzerten Fahrzeuge dem Land bei der Rückeroberung seiner Gebiete helfen.

Bislang ist unklar, wo der ukrainische Hauptangriff erfolgen wird, bei dem Hunderte Panzer auf einmal versuchen könnten, die russische Front zu durchbrechen. Derzeit steht nur eines fest: Die Ukraine schickt ihre im Westen ausgebildeten Kampfbrigaden an gleich mehreren Stellen in die Schlacht – mit unterschiedlichem Erfolg.

Rückschlag in der Region Saporischschja

In der südukrainischen Region Saporischschja etwa greift die ukrainische Armee offenbar entlang zweier Achsen an: In Richtung Wassyliwka, am linken Ufer des Dnipro-Flusses, meldet die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin die Eroberung des Dorfes Lobkowe, doch russische Quellen bestreiten das.

Ein weiterer Angriff fand kürzlich weiter östlich bei Orichiw statt: Dort versuchte die ukrainische Armee erstmals mit westlicher Technik, die russische Front zu durchbrechen.

Der Vorstoß scheiterte: Die modernen Kampffahrzeuge der 33. Mechanisierten Brigade und der 47. Angriffsbrigade fuhren offenbar in dicht verlegte Minenfelder der Russen oder wurden Ziel feindlicher Artillerie und Kamikazedrohnen. Am Ende verlor die Ukraine mehrere westliche Kriegsgeräte: Laut der unabhängigen Plattform Oryx wurden insgesamt 17 US-Bradley-Schützenpanzer zerstört oder auf dem Schlachtfeld zurückgelassen – sowie vier deutsche Leopard-2-Kampfpanzer.

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Ziel des gescheiterten Durchbruchsversuchs war wohl die Kleinstadt Tokmak, ein 20 Kilometer weiter südlich liegender Knotenpunkt für die russische Kriegslogistik in der Region. Von dort ist es nicht mehr weit zur strategisch wichtigen Großstadt Melitopol, von der aus die russischen Versorgungslinien zur Krim kontrolliert beziehungsweise gestört werden können. Die Landbrücke zur Schwarzmeerinsel zu kappen, ist eines der vermuteten Hauptziele der ukrainischen Offensive.

Erste Erfolge in Donezk

In der Region Donezk sieht es anders aus: Hier vermeldet die ukrainische Armee ihre ersten nachweisbaren Erfolge. Südlich von Welyka Nowosilka konnten die Ukrainer gleich mehrere Dörfer von den russischen Besatzern befreien, unter anderem Storoschewe, Blahodatne, Makariwka und Nowodariwka. Laut der stellvertretenden ukrainischen Verteidigungsministerin, Hanna Maljar, konnten die Verteidiger dort rund 300 bis 1.500 Meter vorrücken.

Die Vorstöße sind wichtige Erfolge für die ukrainische Armee, vor allem nach den herben Verlusten bei Orichiw, die russische Propagandisten mit immer neuen Videos zerstörter Panzer genüsslich ausschlachten. Laut dem polnischen Militärexperten Konrad Muyzka setzte die ukrainische Armee sieben Brigaden an der Achse Welyka Nowosilka ein, nur eine davon nutzte westliche Waffen. Rund 60 Quadratkilometer ukrainisches Territorium konnte hier befreit werden.

Doch zur Hauptverteidigungslinie der Russen in der Südukraine ist es noch ein weiter Weg: Laut Open-Source-Karten der russischen Verteidigungsanlagen sind die ukrainischen Streitkräfte noch rund 15 bis 20 Kilometer entfernt.

Dort ist mit noch härterem Widerstand der Kremltruppen zu rechnen. Die russische Armee hatte sich über Monate auf den Angriff vorbereitet, über Hunderte Kilometer Panzer- und Schützengräben gebuddelt sowie Minen und Panzersperren verlegt. Allein in Tokmak sollen zahlreiche kampfstarke Einheiten stehen und eine beträchtliche Zahl gepanzerte Fahrzeuge.

Bewegung in Bachmut?

Eine weitere Angriffsachse der Ukraine liegt östlich von Wuhledar. Doch noch dringen kaum Informationen nach außen, das ukrainische Militär hat eine weitgehende Kommunikationssperre verhängt. In Wuhledar hatten sich russische Truppen über Monate erfolglos aufgerieben, schon zuvor war vermutet worden, dass Kiew den höhergelegenen Ort als Ausgangspunkt für eine Offensive nutzen will. Von Wuhledar aus führt ein Weg ins besetzte Mariupol am Asowschen Meer.

Mehr erkennbare Erfolge für die Ukraine gibt es offenbar in Bachmut: In der im Mai durch Russland mühsam eroberten Stadt (vorausgegangen war eine zehnmonatige Schlacht) finden vor allem an der südwestlichen und der nördlichen Flanke heftige Kämpfe statt. Ukrainische Truppen konnten in den vergangenen Tagen rund acht Quadratkilometer Gelände zurückerobern. Die Armee sei "250 bis 700 Meter vorgerückt", meldete das ukrainische Verteidigungsministerium am Montag.

Der Oberbefehlshaber des ukrainischen Heeres, Generaloberst Oleksandr Syrskyj, hatte Ende Mai angekündigt, die russischen Truppen in der Stadt "taktisch einkreisen" zu wollen und sie vom Nachschub abzuschneiden. Ziel ist es offenbar, die Anhöhen in der näheren Umgebung Bachmuts einzunehmen und von dort russische Stellungen etwa in den Hochhäusern zu beschießen.

Warten auf den Hauptschlag

Auch im Nordosten und in der Region Luhansk finden offenbar Offensivoperationen der Ukraine statt. Bei Kupjansk im Gebiet Charkiw soll russischen Kriegsbloggern zufolge eine angebliche Massierung ukrainischer Kräfte stattfinden: Material werde aus "geheimen Orten" herausgeholt und ein Angriff auf den strategisch wichtigen Ort Swatowe erwartet.

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Doch viele der Informationen sind mit Vorsicht zu genießen, vor allem wenn sie aus russischen Quellen stammen. Ein umfassendes Bild der Lage lässt sich kaum zeichnen. Auch sind die bisherigen ukrainischen Gegenstöße Beobachtern zufolge weitgehend Probeangriffe, um Schwachstellen in den russischen Verteidigungslinien zu suchen.

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Der Hauptstoß, bei dem eine erhebliche Zahl an Material und Soldaten an einem Ort zusammengezogen wird, um geballt auf einen Frontabschnitt zu wirken, wird zu einem späteren Zeitpunkt erwartet. Wo genau dieser stattfinden könnte, wird medial und im Netz seit Monaten kontrovers diskutiert.

Laut dem früheren US-General Ben Hodges ist der entscheidende Moment dann gekommen, wenn "500 bis 700 Panzer" der Ukraine einen schmalen Frontabschnitt angreifen. "Dann können wir wahrscheinlich sagen, dass der Hauptangriff begonnen hat". Bis dahin werden das Internet und die Medien weiterrätseln – und die ukrainische Militärführung weiter schweigen.

Verwendete Quellen
  • forbes.com: "The Ukrainians Are Risking Their Best Leopard 2 And M-2 Vehicles Because The Prize Is Worth It" (englisch)
  • Berichte des Institute for the Study of War (ISW)
  • deepstatemap.live: Karte des Frontverlaufs
  • read.bradyafrick.com: "Russian field fortifications in Ukraine" (englisch)
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