"Es könnte einen Knockout geben" Selenskyj geht auf Klitschko los
Wieder schießt Russland tödliche Raketen nach Kiew, in der Ukraine bricht daraufhin politischer Streit aus. Präsident Selenskyj droht Bürgermeister Klitschko mit einem "Knockout".
Nach den jüngsten russischen Raketenangriffen hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die politischen Verantwortlichen in Kiew scharf kritisiert: "Als ob die Feinde in Russland nicht genug wären, beginnt man, nach inneren Feinden zu suchen. Lassen Sie es mich so sagen: Es kann zu einem Knockout kommen", so Selenskyj am Freitag vor Journalisten.
Wen Selenskyj damit meint, ist leicht zu erraten: den früheren Boxchampion und heutigen Bürgermeister Kiews, Vitali Klitschko. Nicht zum ersten Mal geht der Präsident den Bürgermeister der Hauptstadt offen an. Die Drohung mit einem "Knockout" ist allerdings bemerkenswert scharf.
Obwohl der Kreml für den ständigen Raketenterror gegen das Nachbarland verantwortlich ist, wurde nun auch Kritik an ukrainischen Behörden laut. Bei den Raketenangriffen auf Kiew am Donnerstag war auch eine 34-jährige Mutter und ihr neun Jahre altes Kind getötet worden, offenbar, weil sie vor einem verschlossenen Schutzbunker standen. In seiner abendlichen Videobotschaft am Freitag beklagte Selenskyj die andauernden Probleme mit den Schutzbunkern in der Hauptstadt.
Bürger beschwerten sich darüber, dass es zu wenige Bunker gebe und einige obendrein verschlossen seien, sagte Selenskyj. In einigen Stadtteilen gebe es keinerlei Notunterkünfte, der Zustand sei untragbar. "Dieses Ausmaß an Nachlässigkeit in der Stadt kann nicht durch irgendwelche Rechtfertigungen gedeckt werden." Der Präsident kündigte an, sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. "Wir werden den Vorfall sorgfältig untersuchen."
Klitschko schießt zurück
Kiews Bürgermeister wehrte sich kurz darauf gegen die Vorwürfe und verwies auf die Militärverwaltung der Hauptstadt, die vom Präsidenten ernannt werde: "Hier geht es um geteilte und gerechte Verantwortung", so Vitali Klitschko in einem Statement. Er habe gegenüber den Bezirksleitern betont, dass er "Sabotage" nicht dulden werde.
"Die Bezirke der Hauptstadt sind keine separaten Fürstentümer, in denen Sie weiße Handschuhe tragen und Ihre Pflichten vernachlässigen können. Sie sind Vertreter der Behörden der Hauptstadt", so Klitschko.
Will Selenskyj einen Rivalen loswerden?
Nicht zum ersten Mal zoffen sich Selenskyj und Klitschko öffentlich. Vergangenen Dezember attackierte der Präsident den Bürgermeister dafür, dass in der Hauptstadt nicht genug Notunterkünfte für Menschen ohne Strom und Heizung vorhanden gewesen seien. Politische Beobachter vermuten, dass Selenskyj einen möglichen Konkurrenten bei den nächsten Präsidentschaftswahlen beschädigen wolle.
"Es sieht so aus, als hätten sie [Selenskyjs Team] nur auf diese Gelegenheit gewartet", mutmaßt der Chefredakteur des ukrainischen Nachrichtenportals "New Voice of Ukraine", Vitaly Sych. Es gebe Gerüchte über eine Rivalität zwischen Selenskyj und Klitschko, "der eine sehr beliebte Figur ist".
"Meiner Meinung nach ist jetzt nicht die Zeit für solche politisch motivierten Angriffe – während eines Krieges", so Sych.
- english.nv.ua: Zelenskyy's misguided response to Kyiv bomb shelter tragedy (englisch)
- strana.today: "Ответственность - общая". Кличко ответил Зеленскому на обещание "нокаута" после скандала с укрытиями в Киеве (ukrainisch)