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Zum journalistischen Leitbild von t-online.21-jähriger Verdächtiger Ukraine-Leaks: Das FBI schlägt zu
Die geleakten Geheimdokumente des US-Verteidigungsministeriums sorgen für ein politisches Beben in Washington. Ausgelöst hat es offenbar ein 21-jähriger Nationalgardist.
Die hektische Suche nach dem Urheber eines der größten Geheimdienst-Skandale in den USA kommt voran: Die Bundespolizei FBI hat einen Verdächtigen festgenommen. US-Justizminister Merrick Garland sagte am Donnerstag in Washington, es handle sich um einen Mitarbeiter des Militärs.
Der Mann sei in Verbindung mit der "unbefugten Entfernung, Aufbewahrung und Übermittlung von Verschlusssachen" ohne Zwischenfall in Gewahrsam genommen worden. Er sei Angehöriger des für den Luftraum zuständigen Teils der Nationalgarde und heiße Jack Teixeira, sagte Garland. Weitere Details nannte er nicht.
Der Mann wurde am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) in North Dighton im US-Bundesstaat Massachusetts festgenommen. Der US-Sender CNN zeigte Videoaufnahmen der Festnahme im Fernsehen.
Teixeira soll Nationalgardist gewesen sein
Zuvor hatte es übereinstimmende Medienberichte gegeben, Teixeira, ein 21 Jahre alter Militärmitarbeiter aus Massachusetts, sei in das Visier der Ermittler geraten. Er habe eine Chat-Gruppe auf der bei Videospielern beliebten Plattform Discord geleitet und soll Mitglied des "102nd Intelligence Wing" der Nationalgarde gewesen sein.
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Chatname: "OG"
Der 21-Jährige soll die brisanten Unterlagen zunächst als Abschriften mit einer von ihm geleiteten Chatgruppe auf Discord geteilt haben, berichtete die US-Zeitung "Washington Post" bereits zuvor unter Berufung auf zwei Mitglieder der Gruppe. Der Mann sei ihnen als "OG" bekannt und habe erzählt, dass er auf einem Militärstützpunkt – wo er arbeitete – an die Dokumente gelangt sei.
In der Chatgruppe des 21-Jährigen hätten sich rund zwei Dutzend junge Leute mit Vorliebe für Waffen und Militärausrüstung zusammengeschlossen, so die "Washington Post". Die Runde habe sich 2020 während der Corona-Pandemie gegründet. "OG" wurde dort beschrieben als charismatischer Waffennarr mit düsteren Ansichten über die US-Regierung, die Geheimdienste und die Strafverfolgungsbehörden.
"Er ist fit. Er ist stark. Er ist bewaffnet"
Andere in der Gruppe hätten ihn bewundert. "Er ist fit. Er ist stark. Er ist bewaffnet. Er ist trainiert. So ziemlich alles, was man von einem verrückten Film erwarten kann", sagte eines der Mitglieder. "OG" habe der Gruppe erzählt, dass er auf einem Militärstützpunkt, wo er arbeitete, an die Dokumente gelangt sei. Dort habe er laut eigener Darstellung Teile des Tages in einer abgesicherten Einrichtung verbracht, in der Mobiltelefone und andere elektronische Geräte verboten gewesen seien, mit denen Fotos oder Videos gemacht werden können. Daher habe er die Dokumente zunächst abgeschrieben.
Über den gesamten Winter habe er so in der Gruppe seine Posts abgesetzt. Ihm sei es wohl darum gegangen, "vor seinen Freunden zu prahlen", aber auch darum, sie zu informieren, sagte ein Mitglied der Gruppe.
Abschrift erwies sich als zu mühsam
Als sich das Abschreiben als zu mühsam erwies, begann er laut der Zeitung, Bilder zuvor ausgedruckter Papiere zu posten. Wie ihm dies gelang, war zunächst nicht klar. Mitte März habe "OG" jedoch aufgehört, Dokumente in der Online-Gruppe zu teilen.
Dabei ging er offensichtlich ein großes Risiko ein, ertappt zu werden: Im Hintergrund einiger der Fotos, die "OG" den anderen per Video zeigte, waren demnach Möbelstücke und Gegenstände zu sehen, die die Fahnder auf seine Spur bringen könnten. Etwa auch eine Tube Klebstoff, Handbücher oder ein Nagelknipser.
Anfangs bekam "OG" wenig Aufmerksamkeit
Die "New York Times" schrieb, Details der Inneneinrichtung aus dem Elternhaus des 21-Jährigen, die auf Familienfotos in sozialen Medien veröffentlicht worden seien, stimmten mit Details am Rand einiger Fotos der veröffentlichten Geheimdokumente überein.
Nach Angaben der "Washington Post" war der junge Mann zwischenzeitlich frustriert, dass die anderen Mitglieder der Gruppe seinen Enthüllungen nicht genug Aufmerksamkeit schenkten, da er seltsame Akronyme und Fachbegriffe veröffentlicht habe, sagte eines der Gruppenmitglieder der Zeitung. Seine Worte seien ungewohnt gewesen, und nur wenige Leute hätten sie direkt nach der Veröffentlichung gelesen. Erst später fanden die Dokumente größeren Anklang.
"Er wusste natürlich, was er tat"
Gegenüber der "Washington Post" äußerte sich das Mitglied jedoch überzeugt: "OG" sei "ein kluger Mensch". "Er wusste natürlich, was er tat, als er diese Dokumente veröffentlichte. Dies waren keine versehentlichen Lecks."
"OG" selbst habe eine schlechte Meinung von der US-Regierung. Er sei aber kein Whistleblower, der Missstände aufdecken wolle. Die von der Zeitung befragten Mitglieder sagten, sie wüssten den richtigen Namen von "OG" und auch wo er lebe, wollten dies aber nicht verraten.
Der Bericht der "Washington Post" basiert auf mehreren Interviews mit einem Mitglied der Discord-Gruppe, das unter 18 Jahre alt ist. Er sei ein junger Teenager gewesen, als er "OG" kennenlernte. Seine Äußerungen wurden durch ein zweites Mitglied bestätigt, das viele der von "OG" geleakten Dokumente las. Beide sprachen unter der Bedingung, anonym zu bleiben.
Eigentlich nicht feindselig gegenüber der US-Regierung
Über die Motivation von "OG" gibt es laut dem Blatt kein klares Bild. Feindselig gegenüber der US-Regierung sei er trotz seiner düsteren Ansichten nicht gewesen, hieß es. Er sei nach Überzeugung der Chat-Nutzer auch kein russischer oder ukrainischer Agent gewesen.
Unklar ist auch, was hinter der Abkürzung steckt – ob ein Name oder eine andere Wendung. Im Englischen steht "OG" umgangssprachlich für "Original Gangster". Der Begriff beschreibt jemanden, der als Pionier oder Anführer in einem bestimmten Bereich gilt, als jemanden, der besonders authentisch oder besonders gut in etwas ist.
Ex-Verteidigungsbeamte warnten nach Angaben des "Wall Street Journals" zwischenzeitlich, es könne sich bei der Erzählung rund um Discord womöglich um ein raffiniertes Manöver handeln, um Ermittler auf eine falsche Fährte zu locken. Inzwischen verdichten sich die Hinweise in diese Richtung jedoch.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- washingtonpost.com: "Leaker of U.S. secret documents worked on military base, friend says" (englisch)
- apnews.com: "AP sources: FBI wants to speak with Guardsman in leaks probe" (englisch)
- cbsnews.com: "U.S. identifies suspect who allegedly leaked secret Pentagon documents as Jack Teixeira" (englisch)
- newyorktimes: "Leaked Documents Live Updates: F.B.I. Searching the Home of Air National Guardsman" (englisch)