"Müssen ins Visier genommen werden" Russischer Ex-Diplomat rät zu Angriffen auf Russland
Nach Ansicht des russischen Ex-Diplomaten Boris Bondarew sind ukrainische Angriffe auf militärische Ziele in Russland notwendig. Er schlägt den Einsatz von Drohnen vor.
Der ehemalige russische Top-Diplomat Boris Bondarew rät der Ukraine, Ziele in Russland anzugreifen, wenn es den Krieg gewinnen will. Der einstige Vertreter Russlands beim UN-Büro in Genf verstehe nicht, warum es im Westen dagegen Bedenken gebe. "Du kannst nicht einen Krieg gewinnen, wenn du deinen Gegner nicht triffst", sagte Bondarew in einem Interview mit dem US-Magazin "Newsweek". Allerdings beziehe er sich auf Militäreinrichtungen und nicht auf zivile Ziele. Das schließe auch Kraftwerke und andere Infrastruktur aus.
Bondarew ist der bislang einzige Moskauer Top-Diplomat, der aus Protest gegen den Einmarsch Russlands in die Ukraine seinen Job öffentlich gekündigt hatte. In seinem Rücktrittsschreiben hatte der 43-Jährige dem Putin-Regime im Mai 2022 nicht nur Verbrechen gegen die Ukraine, sondern auch gegen das eigene Volk vorgeworfen. Er lebt heute mit seiner Frau in der Schweiz.
"Drohnen können sehr instrumental sein"
Für Bondarew stellen Militärbasen, Flughäfen und Raketenbasen sowie Munitionslager legitime Ziele dar, die angegriffen werden müssten. Sein Vorschlag: "Drohnen können sehr instrumental dabei sein, Einrichtungen in Russland zu treffen – die russischen Logistikzentren der Armee", sagte er dem US-Magazin.
Bislang haben sich die westlichen Partner mit der Lieferung von Langstreckenraketen, die bis ins russische Staatsgebiet reichen, zurückgehalten. Man will offenbar vermeiden, dass Russland dies als direkte westliche Beteiligung im Krieg ansieht. Zuletzt hatten die USA angekündigt, sogenannte GLSDB-Gleitbomben zur Verfügung zu stellen. Diese haben eine Reichweite von 150 Kilometern und können bis hinter die russische Frontlinie fliegen.
Angriff auf Militärflughafen Engels-1
Allerdings hat es in der Vergangenheit bereits Angriffe auf russische Einrichtungen gegeben, zum Beispiel auf einen Tanker in Kursk und auf den Engels-2-Militärflughafen. Auch auf die Krimbrücke hatte es einen Angriff gegeben. Kiew hat jedoch bis heute nicht offiziell erklärt, dafür verantwortlich zu sein.
Anton Gerashchenko, einer der Berater der ukrainischen Regierung, hatte vor Kurzem gegenüber "Newsweek" gesagt, dass sein Land auf die notwendigen Waffen aus dem Westen für eine Gegenoffensive warte. Dazu gehörten auch "Hunderttausende von Kriegs- und Aufklärungsdrohnen", so Gerashchenko. Mit diesen könne der Krieg schneller gewonnen werden.
Der deutsche Militärexperte Carlo Masala hatte am Mittwoch der Ukraine geraten, mit einer Gegenoffensive eine Wendung im Krieg zu versuchen. Er schlug aber statt Angriffen auf russisches Staatsgebiet vor, die gegnerische Front im Süden zu durchtrennen. Wenn es den Ukrainern gelinge, die südliche russische Front von der östlichen zu trennen, könnte sie das in die Lage versetzen, "den Druck auf die Krim so zu erhöhen, dass Russland dabei ist, die Halbinsel zu verlieren", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
- newsweek.com: "Ukraine Must Strike Targets Inside Russia to Win War—Ex-Kremlin Official" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa