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Ukraine-Krieg: Großangriff zu Neujahr befürchtet – Lawrow droht


"Entnazifizierung"
Ukraine fürchtet Großangriff zu Neujahr – Lawrow droht

Von dpa
Aktualisiert am 27.12.2022Lesedauer: 4 Min.
Ukrainische Soldaten feuern eine französische Panzerhaubitze vom Typ CAESAR auf russische Stellungen: Kiew warnt vor einer neuen Angriffswelle Russlands.Vergrößern des Bildes
Ukrainische Soldaten feuern eine französische Panzerhaubitze vom Typ Caesar auf russische Stellungen: Kiew warnt vor einer neuen Angriffswelle Russlands. (Quelle: Libkos/AP/dpa-bilder)

Selenskyj und sein Energieminister warnen vor dem nächsten großen Angriff. Lawrow schickt derweil eine Drohung an Kiew. Die News der Nacht im Überblick.

In der Ukraine sind infolge der russischen Angriffe auf das Energienetz immer noch rund neun Millionen Menschen ohne Stromversorgung. Und in Kiew befürchtet man schon bald neue Wellen von Marschflugkörpern und Raketen – möglicherweise schon in der Neujahrsnacht.

"Die Russen haben sich von Angriffen gegen unser Energienetz nicht losgesagt", sagte der ukrainische Energieminister Herman Galuschtschenko im ukrainischen Fernsehen am Montagabend. "Und da sie sich an bestimmten Daten orientieren, dürfte Neujahr eines dieser Daten sein, an denen sie versuchen werden, unser Energienetz zu beschädigen."

Lawrow: Kiew sollte Moskaus Forderungen erfüllen

Derweil wirft der russische Außenminister Sergej Lawrow der Ukraine vor, die Nato tiefer in den Krieg hineinziehen zu wollen. "Das (Kiewer) Regime versucht in seinem Namen, die Amerikaner und andere Nato-Mitglieder tiefer in den Strudel des Konflikts zu ziehen, in der Hoffnung, einen überstürzten Zusammenstoß mit der russischen Armee unvermeidlich zu machen", zitierte die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass ihn in der Nacht zu Dienstag.

Moskaus Forderungen zur "Entmilitarisierung" und "Entnazifizierung" der Ukraine liegen nach Lawrows Worten der Regierung in Kiew vor. "Unsere Vorschläge zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung der vom Regime kontrollierten Gebiete, zur Beseitigung der von dort ausgehenden Bedrohungen für die Sicherheit Russlands, einschließlich unserer neuen Gebiete, sind dem Feind sehr wohl bekannt", so Lawrow. "Der Punkt ist ganz einfach: Erfüllen Sie sie zu Ihrem eigenen Besten. Andernfalls wird die Frage von der russischen Armee beantwortet werden."

Selenskyj: Immer noch Defizite in der Stromversorgung

Trotz fieberhafter Reparaturarbeiten an dem schwer beschädigten Energienetz sind in der Ukraine noch immer rund neun Millionen Menschen ohne Stromversorgung. "Aber die Anzahl und Dauer der Stromausfälle nimmt stetig ab", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montagabend in seiner täglichen Videoansprache. Es gebe aber noch viele Defizite in der Stromversorgung.

Zugleich warnte auch Selenskyj vor möglichen neuen russischen Angriffen auf das Energienetz. "Die Luftabwehr bereitet sich vor, der Staat bereitet sich vor, und alle müssen sich vorbereiten", sagte er. Das russische Militär greift das ukrainische Energienetz seit Wochen immer wieder mit Marschflugkörpern, Raketen und sogenannten Kamikazedrohnen an. Ziel ist, die Bevölkerung mitten im Winter mit dem Ausfall der Strom- und Wasserversorgung unter Druck zu setzen.

Kämpfe um ostukrainische Stadt Bachmut dauern an

Russische Invasionstruppen und ukrainische Verteidiger setzten die Gefechte um die Frontstadt Bachmut im Osten der Ukraine fort. Dabei seien erneut mehrere Vorstöße russischer Einheiten zurückgeschlagen worden, teilte der Generalstab in Kiew mit.

Die Stadt Bachmut gilt als sogenannter Eckpfeiler der Front im Osten der Ukraine. Ein Durchbruch an dieser Stelle würde den russischen Truppen ein Vordringen tief ins Hinterland der ukrainischen Linien ermöglichen. Die Stadt ist inzwischen von den Verteidigern zur Festung ausgebaut worden.

Ukrainische Artillerie traf am Montag eine Ansammlung russischer Truppen in der Ortschaft Polowinkino in der Region Luhansk im Osten des Landes. Dabei seien rund 150 Soldaten getötet oder verwundet worden, hieß es. Bei einem ähnlichen Artillerieangriff auf russische Truppen in der Region Cherson im Süden der Ukraine seien rund 50 Soldaten getötet und weitere 100 verwundet worden, teilte der Generalstab in Kiew mit. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig prüfen.

Kiew will an UN-Mitgliedschaft Moskaus rütteln

Das ukrainische Außenministerium startete nach eigener Darstellung eine Initiative, mit der die Legitimität der Mitgliedschaft Russlands in den Vereinten Nationen und allen Gremien infrage gestellt wird. Nach Auffassung des Außenamtes in Kiew sei der Sitz Moskaus weder in den UN noch im Weltsicherheitsrat auf Grundlage internationalen Rechts geregelt, zitierte die "Ukrajinska Prawda" am Montag aus einem Schreiben der Behörde. Russland betrachte sich "fälschlicherweise" seit Dezember 1991 als UN-Mitglied.

Nach Dafürhalten Kiews erscheine der Name "Russische Föderation" nicht in der UN-Charta, zudem habe das Land nicht die notwendige Aufnahmeprozedur durchlaufen, so wie etwa Tschechien und die Slowakei nach dem Zerfall der Tschechoslowakei. Auch die ehemaligen Republiken Jugoslawiens mussten sich nach dem Zerfall des Vielvölkerstaats neu um die UN-Mitgliedschaft bewerben. Russland betrachtet sich als legitimer Nachfolger der Sowjetunion, die Gründungsmitglied der Vereinten Nationen war. Der damalige russische Präsident Boris Jelzin informierte die UN im Dezember 1991 lediglich, dass Russland mit Unterstützung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten die Mitgliedschaft in den UN und allen Gremien beibehalte.

Deutsche Rüstungsexporte für mehr als 2,2 Milliarden Euro in die Ukraine

Die Bundesregierung genehmigte in diesem Jahr Rüstungsexporte für mindestens 8,35 Milliarden Euro. Das ist bereits jetzt der zweithöchste Wert in der Geschichte der Bundesrepublik. Nur im vorangegangenen Jahr war die Zahl mit 9,35 Milliarden Euro noch höher. Mehr als ein Viertel der vom 1. Januar bis 22. Dezember gelieferten Waffen und militärischen Ausrüstung ging in die Ukraine. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen hervor. Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Seit Kriegsbeginn wurden für die Ukraine Rüstungslieferungen im Wert von 2,24 Milliarden Euro genehmigt.

Was am Dienstag wichtig werden kann

Die Rada, das Parlament der Ukraine, erwartet noch in dieser Woche die jährliche Ansprache Selenskyjs vor den Abgeordneten. Der genaue Termin wird aus Sicherheitsgründen nicht genannt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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