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Besuch in Ukraine: Lambrecht kündigt Waffe an, die die Bundeswehr noch nicht hat


Verteidigungsministerin in Ukraine
Lambrecht verspricht Waffe – doch dabei gibt es ein Problem

Von dpa
Aktualisiert am 02.10.2022Lesedauer: 4 Min.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD, 3.v.l) besichtigt mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Olexij Resnikow (l) eine Verteidigungsstellung außerhalb von Odessa und lässt sich einen von den Russen erbeuteten Panzer zeigen.Vergrößern des Bildes
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD, 3.v.l) besichtigt mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Olexij Resnikow (l) eine Verteidigungsstellung außerhalb von Odessa und lässt sich einen von den Russen erbeuteten Panzer zeigen. (Quelle: Jörg Blank/dpa)

Überraschend besucht die Verteidigungsministerin nach ihrer Reise nach Moldau auch die Ukraine – und kündigt eine Waffenlieferung an.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat der Ukraine zugesagt, das hochmoderne Luftabwehrsystem Iris-T SLM innerhalb weniger Tage zu liefern. Dabei gibt es allerdings ein Problem: Selbst die Bundeswehr verfügt noch nicht über das hochmoderne System. Versprochen wurde es allerdings schon im Juni.

Lambrecht erklärte, sie habe "live erlebt, wie sehr die Ukraine darunter leidet, dass (mit) Raketen, dass mit Drohnen die Bevölkerung ja gequält wird", sagte die SPD-Politikerin am Samstagabend bei ihrem Besuch in der ukrainischen Schwarzmeer-Stadt Odessa den ARD-"Tagesthemen". Am Nachmittag musste Lambrecht selbst wegen eines Luftalarms zeitweise in einen Bunker.

Es sei wichtig, die ukrainische Luftverteidigung "weiter zu unterstützen, mit Iris-T, diesem hochmodernen neuen System. Aber auch mit Drohnenabwehr", sagte Lambrecht. Sie ergänzte: "Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt, um die Bevölkerung hier auch zu entlasten."

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Lambrecht hatte bei einem Treffen mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Olexij Resnikow angekündigt, das System solle in wenigen Tagen für den Abwehrkampf der Ukraine gegen Russland eintreffen. Die Ministerin war am Samstagmittag zu einem aus Sicherheitsgründen bis zum Abend geheim gehaltenen ersten Besuch in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor gut sieben Monaten eingetroffen.

Deutschland will der Ukraine zunächst vier der jeweils 140 Millionen Euro teuren Systeme des Typs Iris-T SLM zur Verfügung stellen. Die Finanzierung von drei Weiteren ist gesichert. Ein System besteht aus vier Fahrzeugen – einem Feuerleitgerät und drei Raketenwerfern. Es soll eine mittlere Großstadt vor Angriffen aus der Luft schützen können. Für den Schutz der Hauptstadt Kiew wären voraussichtlich zwei dieser Systeme notwendig, heißt es.

Das Luftabwehrsystem ermöglicht dem deutschen Hersteller Diehl Defence zufolge Schutz vor Angriffen durch Flugzeuge, Hubschrauber, Marschflugkörper und ballistische Kurzstreckenraketen. Die Bundeswehr selbst nutzt das System noch nicht.

Der zunächst als Bewaffnung für Kampfflugzeuge wie den Eurofighter entwickelte Luft-Luft-Lenkflugkörper Iris-T kann mit einer Abschussanlage auch vom Boden aus zum Einsatz kommen. Diehl produziert zudem die Boden-Luft-Variante Iris-T SL, die über einen stärkeren Antrieb verfügt und dem Hersteller zufolge Ziele in bis zu 40 Kilometern Entfernung treffen kann. Die Raketen werden senkrecht gestartet und können so in alle Richtungen abgefeuert werden.

Kurz vor dem Besuch Lambrechts waren in Odessa nach ukrainischen Angaben in einem Industriegebiet zwei russische Iskanderraketen eingeschlagen. Verletzt wurde niemand.

Lambrecht inspiziert Gepard-Flugabwehrpanzer

Die Ministerin informierte sich im Hafen von Odessa über den Einsatz eines von insgesamt 30 von der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Flugabwehrpanzers vom Typ Gepard. Das System helfe beim Schutz der "kritischen Infrastruktur", bei der Abwehr von russischen Luftangriffen, sagte Lambrecht im Getreidehafen. Von dort wird das Getreide übers Schwarze Meer in die Welt exportiert. Lambrecht sprach auch mit der in Deutschland ausgebildeten Gepard-Mannschaft.

Ein geplanter Besuch in der rund 40 Kilometer von der Front gelegenen Stadt Mykolajiw musste aus Sicherheitsgründen wegen drohender russischer Raketen- und Artillerie-Angriffe abgesagt werden. Dort wollte Lambrecht zusammen mit Resnikow ebenfalls Waffenstellungen, Ausbildungseinrichtungen und Aktivitäten der Minenräumung sehen.

Ministerin muss zweimal wegen Luftalarms in Schutzbunker

Gleich zweimal musste die Ministerin wegen Luftalarms in einem Bunker Schutz suchen. Der erste Alarm am Samstagnachmittag dauerte 45 Minuten. Resnikow sagte, die Russen hätten eine Kalibr-Rakete abgeschossen, wahrscheinlich von einem Schiff aus. Im Bunker warb er für die Lieferung von Anti-Schiffs-Raketen. Lambrecht sagte, die Situation mache deutlich, wie wichtig die rasche Lieferung einer ersten Einheit des bodengestützten Luftabwehrsystems Iris-T SLM sei.

Resnikow sagte, die Ukrainer würden so lange kämpfen, bis alle ihre Gebiete befreit seien - einschließlich der schon 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Lambrecht betonte gegenüber Resnikow im Schutzbunker: "Brutalität darf keinen Erfolg haben." Es sei wichtig, dass die EU geschlossen bei den Sanktionen bleibe.

Verständnis zeigte die Ministerin für den Antrag der Ukraine, rasch in die Nato aufgenommen zu werden. Für ein solches Verfahren müssten aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. "Und ganz wichtig ist: Die Nato hat sich klar positioniert, wir werden keine Kriegspartei."

Am frühen Sonntagmorgen gab es einen neuerlichen Luftalarm in Odessa. Mit anderen Mitgliedern ihrer Delegation musste Lambrecht kurz vor 1.00 Uhr Schutz im Bunker ihres Hotels suchen. Nach etwa 20 Minuten wurde Entwarnung gegeben und die Ministerin konnte auf ihr Zimmer zurückkehren. Die 57-Jährige sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie sei im Schlaf von dem Alarm überrascht worden.

Auch in Moldau zu Besuch

Am Vormittag hatte Lambrecht der kleinen ukrainischen Nachbarrepublik Moldau weitere Unterstützung bei der Ausrüstung und Ausbildung der Armee zugesagt. Unter anderem gehe es dabei um die Beschaffung von Drohnen. Angesichts der Drohungen Putins mit dem Einsatz von Atomwaffen warnte die Ministerin vor einer Lähmung des Westens.

Vor Lambrecht waren seit Kriegsbeginn mehrere andere Mitglieder der Bundesregierung in die Hauptstadt Kiew und andere Teile des Landes gereist. In Odessa war vor ihr Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) im Juni gewesen. Zuletzt war vor drei Wochen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Kiew – sie war schon Mitte Mai als erstes deutsches Regierungsmitglied seit Kriegsbeginn dort gewesen.

Vor Lambrecht waren seit Kriegsbeginn mehrere andere Mitglieder der Bundesregierung in die Hauptstadt Kiew und andere Teile des Landes gereist. In Odessa war vor ihr Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) im Juni gewesen. Zuletzt war vor drei Wochen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Kiew – sie war schon Mitte Mai als erstes deutsches Regierungsmitglied seit Kriegsbeginn dort gewesen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Kiew Mitte Juni gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und dem rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis besucht.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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