Die Nacht im Überblick Letzter Tag der Scheinreferenden in Ukraine – USA drohen Moskau
Sorge davor, was nach den sogenannten "Referenden" kommt: Die USA haben Moskau mit deutlichen Worten vor dem Einsatz nuklearer Waffen gewarnt. Die Nacht im Überblick.
In vier russisch kontrollierten Gebieten der Ukraine enden am Dienstag die sogenannten "Referenden" zur Annexion durch Russland. Am letzten Tag der Abstimmung in den Separatistengebieten Donezk und Luhansk im ostukrainischen Donbass sowie den südukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja sollen dann auch die Wahllokale geöffnet werden. Bislang gingen prorussische Behördenvertreter von Tür zu Tür, um Stimmen einzusammeln.
Die von Kiew und seinen westlichen Verbündeten als Scheinreferenden kritisierten Abstimmungen hatten am Freitag begonnen. Ein möglicher Anschluss der vier ukrainischen Regionen an Russland infolge der "Referenden" wird vom Westen als illegal verurteilt. Befürchtet wird auch eine weitere militärische Eskalation, weil ukrainische Angriffe auf diese Regionen von Moskau dann als Angriff auf sein Staatsgebiet gewertet werden könnten.
Die US-Regierung hat Russland indes erneut mit deutlichen Worten vor dem Einsatz nuklearer Waffen gewarnt. Die Konsequenzen wären "außerordentlich" und "real", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, dem Sender CNN. Man habe dies auch Moskau sehr deutlich gemacht. "Wir haben den Russen nicht den Hauch eines Zweifels gelassen", sagte Price. Die US-Regierung meine es ernst. Price wollte nicht sagen, wie genau diese Konsequenzen aussehen würden.
Selenskyj: Russland will Moment der Niederlage hinauszögern
Mit der laufenden Teilmobilmachung der Streitkräfte will Russland Aussagen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge lediglich den Moment der eigenen Niederlage hinauszögern. Das machte Selenskyj in seiner nächtlichen Videoansprache deutlich.
"Sie haben gefühlt, dass sie verlieren werden. Und sie versuchen einfach, diesen Moment hinauszuzögern, um zumindest etwas Aktivität an der Front zu haben", sagte Selenskyj. "Leider ist sich die russische Bevölkerung noch nicht der gesamten Brutalität der russischen Regierung gegenüber ihrem eigenen Volk bewusst", sagte Selenskyj weiter. Das müsse den Russen klar gemacht werden.
Rund sieben Monate nach Kriegsbeginn hatte Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch eine Mobilmachung von Reservisten angeordnet. Seitdem herrscht vielerorts in Russland Entsetzen. Landesweit gibt es Proteste. Mehrfach gab es auch schon Angriffe auf Einberufungszentren.
Putins "Koch" bekennt sich zur Gründung der "Wagner"-Kampfgruppe
Der als Koch von Kremlchef Putin bekannt gewordene russische Geschäftsmann Jewgeni Prigoschin räumte erstmals direkt öffentlich ein, die berüchtigte Söldnertruppe "Wagner" gegründet zu haben. Er habe die Einheit 2014 für den Einsatz auf russischer Seite im ukrainischen Donbass gebildet, erklärte Prigoschin auf der Internet-Seite seines Unternehmens Konkord. Am 1. Mai 2014 sei eine "Gruppe von Patrioten geboren worden" – mit dem Namen "Wagner".
Zuvor hatte Prigoschin Verbindungen zur "Wagner"-Truppe nie klar benannt. Zuletzt ließ er aber indirekt durchblicken, dass es sich um sein Projekt handelte. Auch Insider hatten das bestätigt. Prigoschin bestätigte nun unter anderem Einsätze der "Wagner"-Gruppe in Syrien, anderen arabischen Ländern sowie in Afrika und Lateinamerika. Kürzlich hatte ein Video in Russland für Aufsehen gesorgt, das den Geschäftsmann und Putin-Freund beim Rekrutieren von Gefängnisinsassen als Kämpfer für den Ukraine-Krieg zeigen soll.
Putin gewährt US-Whistleblower Snowden russische Staatsbürgerschaft
Putin erkannte dem US-Whistleblower Snowden die russische Staatsbürgerschaft zu. Der Name des 39-Jährigen findet sich auf einer vom Kreml veröffentlichten Liste mit neuen Staatsbürgern. Snowden hatte zuvor nach der Geburt seines Sohnes in Russland mitgeteilt, dass er die Staatsbürgerschaft beantrage, um dieselben Rechte zu haben wie das 2020 geborene Kind, das die russische Staatsbürgerschaft automatisch erhielt.
Snowden hatte 2013 Dokumente zu Ausspäh-Aktivitäten des US-Abhördienstes NSA und seines britischen Gegenparts GCHQ an Journalisten gegeben. Auf der Flucht über Hongkong wollte er nach eigenen Angaben nach Ecuador, strandete aber in Moskau am Flughafen, nachdem die US-Regierung seinen Reisepass annulliert hatte.
Keine EU-Lösung für Umgang mit russischen Kriegsdienstverweigerern
Die EU-Staaten suchen weiter nach einer gemeinsamen Linie im Umgang mit russischen Kriegsdienstverweigerern, die ihre Heimat verlassen wollen. Ein erstes Krisentreffen der 27 EU-Botschafter brachte keine Lösung.
Man habe die EU-Kommission dazu aufgefordert, die jüngsten Leitlinien zur Visavergabe "unter Berücksichtigung der Sicherheitsbedenken der Mitgliedstaaten zu überprüfen, zu bewerten und gegebenenfalls zu aktualisieren", teilte die derzeitige tschechische EU-Ratspräsidentschaft anschließend lediglich mit.
USA unterstützen ukrainische Strafverfolgung mit Millionensumme
Die US-Regierung stellt zur Unterstützung der ukrainischen Strafverfolgungs- und Strafjustizbehörden eine Millionensumme bereit. US-Außenminister Antony Blinken sagte der ukrainischen Regierung hierfür zusätzlich 457,5 Millionen US-Dollar (rund 474 Millionen Euro) zu. Seit Mitte Dezember 2021 haben die USA damit insgesamt mehr als 645 Millionen US-Dollar (rund 668 Millionen Euro) für diesen Bereich zur Verfügung stellt, unter anderem für die Polizei des Landes, wie es hieß.
Ein Teil der neuen Mittel sei auch vorgesehen zur Unterstützung der ukrainischen Regierung "bei der Dokumentation, Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung der von den russischen Streitkräften begangenen Gräueltaten".
- Nachrichtenagenturen afp und dpa