t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikTagesanbruch

Krieg in Nahost: Es brennt auf Deutschlands Straßen


Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.

Tagesanbruch
Es brennt auf Deutschlands Straßen

MeinungVon Janna Halbroth

Aktualisiert am 24.10.2023Lesedauer: 4 Min.
Sonnenallee: In Neukölln kam es in den vergangenen Tagen vermehrt zu Ausschreitungen.Vergrößern des Bildes
Sonnenallee: In Berlin-Neukölln kam es in den vergangenen Tagen zu Ausschreitungen. (Quelle: Andreas Friedrichs via www.imago-images.de)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

stört es Sie, wenn ich kurz persönlich werde? Nein? Na, dann los: Eigentlich bin ich gerade richtig glücklich. In meinem Bauch wächst ein Baby heran, ihm geht es gut, mir geht es gut. Außerdem steht Urlaub vor der Tür: eine Reise durch Spanien. Und trotzdem ist da ein ungutes Gefühl in mir und die Frage: Ist es okay, gerade glücklich zu sein, wenn in so vielen Teilen der Welt so viel Angst und Schrecken herrschen?

Loading...
Symbolbild für eingebettete Inhalte

Embed

Und mehr noch: Ist es überhaupt möglich, glücklich zu sein, wenn der Terror so gegenwärtig ist? Seit über 20 Monaten führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Sittenpolizei im Iran unterdrückt Frauen und Andersdenkende gewaltsam, und seit den Angriffen der Hamas auf Israel ist sowieso nichts mehr so, wie es einmal war. Die Bilder von verletzten, sogar toten Kindern, weinenden Menschen, die nicht wissen, wo ihre Angehörigen sind, wie soll man das ertragen?

Mit der Empathie für das israelische und auch für das palästinensische Volk wächst gleichzeitig die Angst in jedem von uns. Der Terror in Nahost ist für uns hierzulande unvorstellbar und mit unseren Nöten und Sorgen nicht zu vergleichen. Und trotzdem kommen wir nicht umhin, Auswirkungen dessen auch für unseren eigenen Lebensmittelpunkt zu befürchten.

Mittlerweile brennt es auch auf Deutschlands Straßen. Besonders schlimm war und ist es im Berliner Bezirk Neukölln. In der Sonnenallee, wo massive Unruhen stattfinden, habe ich mit meinem Mann fast acht Jahre lang gewohnt. Wir haben den Ort meistens als inspirierend und erfrischend empfunden. Die Straße ist außergewöhnlich und einmalig. Schon damals ist es dort manchmal eskaliert, doch was jetzt gerade dort stattfindet, ist unzumutbar.

Ein Video, das mir kürzlich unterkam, beunruhigt mich besonders. Einige junge Influencer rufen auf TikTok zur Gewalt in Deutschland auf. Es reiche nicht, nur zu reden, man wolle den Krieg stoppen, das palästinensische Volk schützen. Das könne man am besten machen, indem man in Deutschland für Unruhen sorge. "Wenn wir alle rausgehen und alle Läden kaputt machen und alle Sachen kaputt machen – dann hören die auf! Die denken dann, es wird alles kaputtgehen in Deutschland, also hören wir lieber mit dem Krieg auf", so die These einer der Redner. Es ist ein klarer Aufruf zur Gewalt.

Wie viel Angst müssen wir in Deutschland haben? Ist die Sicherheitslage gefährdet? Sinan Selen, der Vizepräsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, sagte in einer nicht öffentlichen Sitzung des Bundestags-Innenausschusses, dass Einzelpersonen oder Kleingruppen den Konflikt nach Europa tragen könnten. Der "Welt am Sonntag" liegt ein Protokoll dieses Treffens vor. Demnach sagte Selen: "Abstrakt ist das eine Entwicklung, die wir als höchst besorgniserregend einschätzen."

Was macht das mit uns? Werden viele von uns, genau wie damals nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center, jeden arabisch aussehenden Menschen aus Angst unter Generalverdacht stellen und kritisch beäugen? Werden wir aus Furcht wieder Menschenansammlungen meiden? Sorgen wir uns jetzt täglich darüber, ob man in so eine Welt überhaupt noch Kinder setzen sollte? Müssen Menschen ihr Judentum verstecken, weil sie Gefahr laufen, sonst Opfer von Gewalt zu werden? Das kann auf keinen Fall die Lösung sein.

Angst ist immer ein schlechter Berater. Aus Angst wird nicht selten Wut und Hass. Vielleicht gelingt es uns ja, einen Teil unserer Angst in Mitgefühl zu verwandeln. Keinem Volk, weder dem israelischen noch dem palästinensischen, sollte das widerfahren, was passiert ist und gerade passiert.


Erste Bodentruppen im Gazastreifen

Ein Ende des Nahostkonflikts ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Vereinzelte israelische Bodentruppen sind in der Nacht zu Montag erneut in den Gazastreifen vorgedrungen, um gegen palästinensische Terroristen vorzugehen und nach den von der Hamas entführten Geiseln zu suchen. Mehr dazu lesen Sie in unserem Newsblog.


Bombendrohungen in ganz Deutschland

Am Montag war die Polizei fast im gesamten Bundesgebiet mit Spürhunden im Einsatz. Grund dafür waren Bombendrohungen an mehreren Schulen sowie dem ZDF. Für Hunderte Schülerinnen und Schüler fiel zum Wochenstart der Unterricht aus. Rund 600 Mitarbeitende des ZDF mussten zwischenzeitlich ihre Arbeitsplätze verlassen. Die Hintergründe sind noch unklar.


Sahra Wagenknecht

Sie hat Schluss gemacht mit der Linken und führt fortan eine Beziehung mit sich selbst. Könnte man jedenfalls meinen, wenn man den Namen des Vereins von Sahra Wagenknecht bewerten wollte. Ihre Partei nimmt Gestalt an, und nicht ohne Aussicht auf Erfolg. Eine Befragung, die das Meinungsforschungsinstitut Civey für t-online durchgeführt hat, zeigt, dass sich 20 Prozent der Umfrageteilnehmer und -teilnehmerinnen vorstellen könnten, die neue Partei zu wählen, 11 Prozent sind unentschlossen.


Lesetipps

Wer Gas über den Vermieter bezieht, sollte dieses Jahr besonders genau auf seine Nebenkostenabrechnung schauen. Warum, erklärt Ihnen meine Kollegin Christine Holthoff.


Der jüdische Rapper Ben Salomo ist nicht überrascht vom wieder aufkeimenden Antisemitismus in Deutschland. Er beobachtet diese Entwicklung schon eine ganze Weile. Im Interview mit meiner Kollegin Charlotte Koep spricht er über den Judenhass, der nie aufgearbeitet wurde. Und auch über den jüngsten Eklat um Autor Richard David Precht und Moderator Markus Lanz.


Für die einen ist es eines der besten Modelle seit Erfindung der Vierräder. Für die anderen ist es einfach nur das hässlichste Auto der Welt. Wie ein Wagen vor 25 Jahren die Gemüter erhitzte und jetzt tatsächlich zurückkehrt, lesen Sie hier.


Sahra Wagenknecht will Protest- und AfD-Wähler für sich gewinnen, sie gilt für viele deswegen auch als Hoffnung im aktuellen Rechtsruck. Gerade mit Blick auf das so wichtige Superwahljahr im Osten 2024 könnte dieser Plan aber scheitern, kommentiert meine Kollegin Annika Leister.

Loading...
Loading...
Täglich mehr wissen

Abonnieren Sie kostenlos den kommentierten Überblick über die Themen, die Deutschland bewegen. Datenschutzhinweis


Zum Schluss

Zum Abschluss wünsche ich Ihnen viel Kraft für die aktuelle Woche und sende Ihnen eine kleine Erinnerung, die Sie vielleicht fröhlich stimmen könnte: In genau zwei Monaten ist Weihnachten. In diesem Sinne einen besinnlichen Dienstag. Morgen schreibt meine Kollegin Christine Holthoff für Sie den Tagesanbruch.

Herzliche Grüße

Ihre

Janna Halbroth
Kolumnistin und Redakteurin Unterhaltung
Twitter @jannabacon

Was denken Sie über die wichtigsten Themen des Tages? Schreiben Sie es uns per E-Mail an t-online-newsletter@stroeer.de.

Mit Material von dpa.

Den täglichen Newsletter von Florian Harms hier abonnieren.

Alle Tagesanbruch-Ausgaben finden Sie hier.
Alle Nachrichten lesen Sie hier.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Neueste Artikel



TelekomCo2 Neutrale Website