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Landtagswahlen: Furioser Wahlsieg der AfD – Wer ist das eigentliche Problem?


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Tagesanbruch
Sie muss entzaubert werden

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 09.10.2023Lesedauer: 5 Min.
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Alice Weidel (Archivbild): Die AfD ist eine in Teilen rechtsradikale Partei. (Quelle: IMAGO/ALEX HALADA/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

in Bayern und Hessen hat die Union heute wirklich Grund zur Freude. Beide Wahlen sind gewonnen, selbst der eigentlich in Bayern unpopuläre Markus Söder hat für seine Partei 37 Prozent herausgeholt.

Die Ampel ist abgestraft, die Union gestärkt. Eine Klatsche für die Regierung in Berlin. Oppositionsführer Friedrich Merz verkündete auf X (vormals Twitter), spätestens zur Bundestagswahl 2025 sei das "Ampel-Chaos" beendet. Sieht im Moment ganz so aus, als könnte er da recht behalten.

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Bei den Ampelparteien versuchte am Sonntagabend auch niemand, das Ergebnis zu beschönigen. SPD, FDP und Grüne sprachen unisono von einem Sieg der Union und einem "klaren Signal" in Richtung Berlin. So viel Ehrlichkeit ist an Wahlabenden selten.

Doch der Elefant im Raum ist der furiose Wahlsieg der AfD in zwei westdeutschen Bundesländern. Die Partei ist in Bayern nun drittstärkste und in Hessen sogar zweitstärkste Kraft. Und damit zumindest in Wiesbaden die größte Oppositionsfraktion im Landtag. Jeder sechste Wähler hat die AfD gewählt.

Video | AfD zweitstärkste Kraft – CDU kann zwischen Grünen und SPD wählen
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Quelle: reuters

Warum? Die ARD lieferte bereits vor 18 Uhr das entscheidende Umfrageergebnis. 77 Prozent der Deutschen sagen demnach, die Verhältnisse im Land gäben Anlass zur Beunruhigung. Vorneweg dominiert das Thema Asyl, aber auch Klima und soziale Gerechtigkeit bewegen viele Menschen.

Man kann es gar nicht oft genug sagen: Die AfD ist eine in Teilen rechtsradikale Partei. Deshalb geht mir ein Umfrage-Ergebnis heute besonders nahe. 85 Prozent der AfD-Wähler stimmten in der ARD-Wahlbefragung der Aussage zu, "es ist mir egal, dass sie in Teilen als rechtsextrem gilt, solange sie die richtigen Themen anspricht".

Hauptsache, es ändert sich endlich was, soll das wohl heißen. Entweder empfinden die AfD-Anhänger die Probleme für so gravierend, dass die Rechtsstaatlichkeit in den Hintergrund rückt. Oder sie halten die AfD eigentlich nicht für gefährlich. Oder sie haben sich darüber gar keine Gedanken gemacht.

Am Wahlabend war jedenfalls Markus Söder derjenige, der als Erster deutliche Worte sprach. Er sagte: "Unsere Demokratie zu schützen, ist die größte Herausforderung, vor der wir jetzt stehen."

Man kann sich nur wünschen, dass sich nun wirklich etwas ändert. Aber was eigentlich? SPD-Chef Lars Klingbeil versprach am Wahlabend noch "mehr Tempo und einen anderen Stil".

Klingbeil liegt in Teilen richtig. Inhalt und Stil der Politik muss den Menschen vermitteln, dass die Regierung die Probleme des Landes angeht. Aber das allein reicht nicht.

Darüber hinaus muss die AfD entzaubert werden. Denn Alice Weidel und Tino Chrupalla haben erst recht kein Konzept, wie die Probleme dieser Republik gelöst werden können. "Abschieben, abschieben, abschieben" (O-Ton Weidel) wird etwa für das Thema Migration keine Lösung sein. Das Thema ist komplex, einfache Lösungen, wie die Populisten sie gerne vorgaukeln, wird es nicht geben.

Das ist nur ein Beispiel. Auch beim Thema Wohnen, Digitalisierung, Verkehr, Rente, Gesundheit oder Bildung hat die AfD keinerlei Lösungen anzubieten.

Deshalb müssen Politiker aller Parteien noch viel deutlicher als bislang benennen, dass es sich bei der AfD um genau das handelt: Schaumschläger mit Schaum vor dem Mund.


Ein Stellvertreterkrieg

Am Samstag ist der Hamas gelungen, womit niemand gerechnet hatte. Fast auf den Tag genau 50 Jahre nach Beginn des Jom-Kippur-Krieges dringen Hunderte von Terroristen nach Israel ein, schießen um sich und nehmen schätzungsweise 100 Geiseln. Gleichzeitig fliegen so viele Raketen, dass die israelische Luftabwehr überfordert ist.

Wir alle stehen fassungslos da. Warum so viel Leid, wofür?

Die Antwort auf diese Frage ist so kompliziert wie der gesamte Nahe Osten und dessen Geschichte. Israelische Unterdrückung, Hass auf Israel, Finanzierung durch den Iran, Korruption und Machtkämpfe bei den Palästinensern, ungeklärte Flüchtlingsfragen, eine gespaltene israelische Gesellschaft. Es ist ein unfassbar verworrener Konflikt. Und über die Jahre haben sich immer mehr Türen zum Frieden geschlossen.

Der Hamas geht es nicht um eine friedliche Lösung des Konflikts (obwohl sie militärisch völlig unterlegen ist). Heute gilt wieder einmal: Gewalt erzeugt Gegengewalt. Hass erzeugt Hass. Diese Stunden sind der Nährboden für noch viel mehr Leid in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren.

Die Hamas ist bei den Palästinensern zugleich Hilfswerk, betreibt Schulen und Krankenhäuser. Damit ist sie Teil des sozialen Lebens. Durch Wohltaten sichert sie sich ihren Nachwuchs.

Wenn es überhaupt langfristig einen Weg aus der Gewaltspirale gibt, dann nur, wenn den Aggressoren Geld und Unterstützung entzogen wird. Doch diese Rechnung funktioniert nicht ohne den Iran, dem wichtigsten Geldgeber und Waffenlieferanten der Hamas. Ganz offen erklärte ein Hamas-Sprecher am Wochenende der britischen BBC, der Iran habe bei der Vorbereitung des Überfalls geholfen.

Deshalb ist klar: Solange das Mullah-Regime in Teheran regiert, wird es keinen Frieden in Israel geben.


Die Termine

Seit 2003 kommen die Regierungen Deutschlands und Frankreichs ein- bis zweimal im Jahr zum Deutsch-Französischen Ministerrat zusammen. Heute beginnt das Treffen in Olaf Scholz' Heimatstadt Hamburg. Es startet beim Flugzeugbauer Airbus in Finkenwerder, dann geht es auf die andere Elbseite. Zwei Tage lang wird beraten, Themen gibt es genug: die Lage in Israel, deutsch-französische Rüstungsvorhaben, die hohen Strompreise. Auch über eine Strategie beim Thema künstliche Intelligenz wird gesprochen.


In Stockholm wird der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften verliehen. In den vergangenen Jahren kamen vier von fünf Preisträgern aus den USA. Dort haben die Wirtschaftswissenschaftler schlicht mehr Geld zur Verfügung. Das spielt auch eine Rolle, weil die Disziplin oftmals bahnbrechende Erkenntnisse mit Simulationen in Hochleistungsrechnern erhält. Deutsche Universitäten können da oft nicht mithalten.

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Die Fußball-Nationalmannschaft fliegt am Nachmittag ins amerikanische Boston. Am Samstag muss der neue Bundestrainer Julian Nagelsmann beweisen, dass sein neu aufgestellter Kader gegen die USA gewinnen kann. Vier Tage später spielt das Team dann auch noch gegen Mexiko.


Was lesen?

Die Wahlen in Bayern und Hessen haben die Kollegen gestern Abend umfassend begleitet. Johannes Bebermeier und Annika Leister mit einer klugen Blitzanalyse, Politik-Chef Christoph Schwennicke blickt bereits Richtung 2025. Dazu gibt es natürlich die Wahlkreisergebnisse für Bayern und Hessen und die Analysen der Wählerwanderungen (Bayern und Hessen).


Horst Hrubesch übernimmt als Coach wieder die Frauen-Nationalmannschaft. Eine gute Idee, sagt Ex-Nationalspielerin Tabea Kemme unserem Reporter Noah Platschko.


Das historische Bild

Kaiser Wilhelm II. hatte ein Faible für schräge Ideen, einst interessierte er sich für Zebroide. Worum es sich dabei handelte, erfahren Sie hier.


Zum Schluss

In Bayern zu wählen, ist nicht leicht.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche. Morgen schreibt Florian Harms wieder an dieser Stelle.

Herzliche Grüße

Ihr
Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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