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DFB-Probleme sind zahlreich – die Angst vor der nächsten Nachricht wächst


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Tagesanbruch
Angst vor der nächsten Nachricht

  • David Digili
MeinungVon David Digili

Aktualisiert am 29.09.2023Lesedauer: 6 Min.
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Neu-Bundestrainer Nagelsmann: Zumindest sportlich soll es wieder laufen. (Quelle: Christof Koepsel/getty-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

hätten Sie es gewusst? Und vor allem: Haben Sie es gesehen? Ein Wort hat ausgereicht, um für Verunsicherung zu sorgen – wenn auch ungewollt.

Oder wie sonst wäre zu deuten gewesen, dass sich DFB-Sportdirektor Rudi Völler mit einem Stirnrunzeln vom Mikrofon abdrehte und in Richtung des neuen Bundestrainers Julian Nagelsmann flüsterte: "Mit was?" Dieser antwortete mit einem souveränen Lächeln: "Erklär ich dir später."

Mein Kollege Noah Platschko – virtuell zugeschaltet zur Pressekonferenz, auf der Nagelsmann als Nachfolger von Hansi Flick vorgestellt wurde – hatte zuvor gefragt, ob dieser denn auch mal zum Training der Nationalmannschaft mit dem Longboard kommen würde, wie er es einst beim FC Bayern tat – und damit den Sportdirektor überrumpelt.

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Heute vor einer Woche trug sich diese Szene zu. Seit einer Woche also ist zumindest die Frage nach dem Verantwortlichen für die zuletzt arg strauchelnde deutsche Elf beantwortet.

Durchschnaufen sollte auf dem schicken neuen DFB-Campus in Frankfurt am Main aber niemand – denn die letzten Wochen machten weitere Probleme deutlich, die der Deutsche Fußball-Bund lösen muss. Es geht schließlich auch um seine eigene Zukunft. Sonst ist es irgendwann zu spät – wenn es das nicht sogar schon ist.

Video | t-online bringt Nagelsmann zum Lachen
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Quelle: t-online
  • Die Kommunikation

TV-Moderator Frank Buschmann spaltet die Sport-Fangemeinde. Die einen lieben den langjährigen Fußball- und Basketballkommentator, weil er stets mit derselben ihm eigenen überschäumenden Leidenschaft kommentiert, ob es nun um Olympiagold oder einen Mittelfeldplatz in der Regionalliga geht. Andere wiederum, nun ja, mögen ihn nicht ganz so sehr, weil er stets mit derselben ihm eigenen überschäumenden Leidenschaft kommentiert, ob es nun um Olympiagold oder einen Mittelfeldplatz in der Regionalliga geht.

Seiner Schelte für den DFB müssen aber beide Lager in ungeahnter Einigkeit zustimmen. "Nichts beschreibt den erbärmlichen Zustand des DFB rund um die A-Nationalmannschaft besser als der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entlassung von Bundestrainer Hansi Flick", entfuhr es dem 58-Jährigen vor wenigen Wochen.

Zur Erinnerung: Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft hatte gerade in einer mitreißenden Partie das WM-Finale gegen Serbien gewonnen. Ein denkwürdiger Triumph. Und der Deutsche Fußball-Bund kabelte wenige Minuten später sein ganz eigenes Glückwunschtelegramm: "Wir haben übrigens gerade den Bundestrainer rausgeschmissen."

Schon war der Fokus der Öffentlichkeit wieder beim Platzhirsch Fußball. Es gehört nicht viel Gehässigkeit zur Überlegung, was man an der Kennedyallee in Frankfurt wohl bereits für weitere schurkische Störsignale planen könnte. Demnächst nämlich beginnt die Wintersportsaison, im Januar 2024 dann die Handball-EM im eigenen Land.

DFB-Mediendirektor Steffen Simon, seit Mai letzten Jahres im Amt, bleibt zu wünschen, künftig häufiger über den Fußball-Tellerrand hinauszuschauen.

  • Die Terminplanung

Über den Tellerrand hinausschauen will indes die deutsche Nationalmannschaft – und deshalb trifft sich am 8. Oktober der neue Bundestrainer Nagelsmann mit seinem Kader, um dann am kommenden Morgen eine zehntägige Reise in die USA anzutreten. Dort stehen Länderspiele gegen den Gastgeber in Hartford (14.10.) und gegen Mexiko in Philadelphia (17.10.) an.

Die Begeisterung bei den Nationalspielern ist eher übersichtlich. "Es ist nicht ganz so gut gewählt, meiner Meinung nach", erklärte Abwehrspieler Niklas Süle im September. Sein Mitspieler Jonas Hofmann befand: "Wenn du Jetlag hast, das ist dann schon eine Umstellung."

Denn noch am 8. Oktober finden Spiele in Deutschland und allen europäischen Topligen statt, nach der Rückkehr aus Übersee bleiben den Spielern maximal zwei Tage zur Erholung, dann geht es im Tagesgeschäft weiter.

Der geschätzte "Tagesspiegel"-Kollege Stefan Hermanns hat diese für den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt terminierte Odyssee noch vor der Nagelsmann-Anstellung mit genau den richtigen Worten kommentiert.

Und wofür das alles, fragen Sie?

Man wolle sich ein Bild von den Gegebenheiten vor Ort machen. Schließlich findet die WM 2026 in Kanada, den USA und Mexiko statt. Der Nationalmannschaftstross will aber auch missionieren. "Für eine größere Wahrnehmung und Präsenz des deutschen Fußballs" sei es wichtig, "dass sich die besten Spieler Deutschlands auch international zeigen", gab sich Völler bereits alle Mühe, einen sinnstiftenden Unterbau in das fragile Gebäude USA-Reise einzuziehen.

Wie werden er und die findigen PR-Strategen der DFB-Elf wohl reagieren, wenn sie vor Ort feststellen, dass ihnen ein kleiner, hochbegabter Argentinier längst zuvorgekommen ist und wohl im Alleingang mehr Publikum anzieht als der viermalige Weltmeister aus good old Germany in seiner aktuellen Verfassung? Denn ganz abgesehen von terminlichen Strapazen wirkt auch die Idee, ausgerechnet mit der gegenwärtigen Inkarnation der Nationalmannschaft international "für eine größere Wahrnehmung und Präsenz des deutschen Fußballs" sorgen zu wollen, mindestens unglücklich.

Und hat man sich beim Eindruck vom Standing des Fußballs in den USA vielleicht doch zu sehr an dieser ironisch überzeichneten Szene aus den "Simpsons" orientiert?

Ironie des Schicksals übrigens, dass Reise-Urheber Flick gar nicht mehr dabei ist.

Sie erlauben mir dazu eine private Anekdote: Meine Mutter, die mir nicht nur die Liebe zum Film weitergegeben hat, zitierte zum Thema direkt aus "Ein seltsames Paar", eine wunderbare Komödie um einen peniblen Neurotiker, der nach dem Zusammenbruch seiner Ehe vorübergehend bei seinem besten (und schlamperten) Freund unterkommt. An einer Stelle spricht er über den ursprünglich geplanten Urlaub und realisiert mit fatalistischem Lachen: "Wir wollten ohne die Kinder fahren. Jetzt fahren sie ohne mich."

  • Die Unterstützung für den Fußball der Frauen

Der DFB muss sich die Frage gefallen lassen, wie ernst es ihm wirklich mit seinem Engagement für den Sport ist – denn das Schweigen des Verbands im Fall Rubiales war ohrenbetäubend.

Unsere Kolumnistin Tabea Kemme hat es in ihrem neuesten Beitrag wortgewaltig formuliert: "Von deutscher Seite habe ich nichts gehört. Der DFB hat keine klare Haltung – bis zum heutigen Tag nicht. Man reibt sich fassungslos die Augen."

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Tatsächlich: Die deutschen Spielerinnen haben sich bereits dezidiert und vehement zur Causa geäußert, Kemme selbst hat sogar im Live-TV ein Zeichen der Solidarität gesendet. Der Verband aber konnte sich noch immer nicht zu einer klaren Verurteilung des Übergriffs des spanischen Verbandschefs durchringen, mittlerweile, da der 46-Jährige längst nicht mehr im Amt ist, wäre es auch zu spät dafür. Die Gelegenheit, Herz für den Fußball der Frauen nicht nur in bunten, hochprofessionell aufbereiteten Werbeclips zu zeigen, ist dahin.

"In Workshops des DFB geht es immer wieder um ausgearbeitete Leitfäden, in denen Werte wie Respekt und ein gemeinsames Miteinander propagiert werden. Mit Verlaub: Das ist alles Bullshit, wenn es nicht gelebt wird", beklagt Kemme.

Ausgearbeitete Leitfäden braucht der DFB auch auf anderen Gebieten. Immerhin weiß Rudi Völler jetzt aber hoffentlich, was ein Longboard ist.


Ohrenschmaus

Zugegeben, "Ohrenschmaus" ist vielleicht etwas viel. Aber allein schon wegen "MC Lothar" ist dieses Video aus dem Vorfeld der WM '94 in den USA ein, ähem, Klassiker.


Was heute noch ansteht

Es sind turbulente Zeiten für den FC Schalke 04 – mal wieder. Unter der Woche feuerte der Bundesliga-Absteiger überraschend seinen Trainer Thomas Reis – und wurde dafür scharf kritisiert. Im Spiel beim SC Paderborn wird heute ab 18:30 Uhr Matthias Kreutzer interimsweise auf der Bank sitzen. Zu beneiden ist er nicht.


"Hat er sich noch im Griff?", fragt meine Kollegin Nicole Diekmann in ihrem Kommentar zu Friedrich Merz. Der CDU-Chef ist einmal mehr verbal über das Ziel hinausgeschossen. Seine kruden, faktisch falschen Einlassungen zu angeblich von Asylbewerbern verursachter Terminknappheit bei Zahnärzten sorgen weiter für Diskussionen.


Bundeskanzler Scholz trifft Staatschefs von Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. Es ist das erste Gipfeltreffen dieser Art. Deutschland will die Kontakte zu den bisher stark unter Russlands Einfluss stehenden ehemaligen Sowjetrepubliken ausbauen.


Lesetipps

Manuel Neuer will schon bald wieder angreifen – beim FC Bayern und in der Nationalelf. Nach t-online-Informationen steht er in gutem Austausch mit Bundestrainer Nagelsmann. Hier lesen Sie, was mein Kollege Julian Buhl erfahren hat.


Die Grünen haben mal wieder die Ampel blockiert, diesmal bei der EU-Asylreform. Am Ende machte Bundeskanzler Scholz eine Ansage. Die Grünen beugten sich. Nur: War das die Sache wert? Unsere Reporter Sara Sievert und Johannes Bebermeier mit den Hintergründen.


Richard III. war Englands verhasster König, sein Leichnam über Jahrhunderte verschollen. Bis Philippa Langley, eine oft belächelte Amateurhistorikerin, sein Grab nach jahrelanger Suche fand. Der Film "The Lost King" erzählt nun ihre Geschichte. Mein Kollege Marc von Lüpke hat bereits hineingeschaut.


Das historische Bild

Jimmy Hoffa war allmächtiger Gewerkschaftsboss in den USA, dann verschwand er spurlos. Hier lesen Sie mehr.


Zum Schluss

Das wird man doch noch sagen dürfen ...

Ich wünsche Ihnen einen Wochenausklang voller Optimismus und Zuversicht.

Ihr

David Digili
Redakteur Sport
Twitter @herrdigili

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Mit Material von dpa.

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