Edathy gibt PK zur Kinderporno-Vorwürfen "Ob ich pädophil bin oder nicht - es geht Sie nichts an, was ich bin"
Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy hat sich in der Kinderpornografie-Affäre in allgemeiner Form entschuldigt. "Ich weiß, ich habe viele Menschen enttäuscht", sagte er zum Auftakt seiner Pressekonferenz in Berlin. Das tue ihm aufrichtig leid, besonders für die Menschen in seinem früheren Wahlkreis in Niedersachsen. "Es war moralisch nicht in Ordnung, wie ich mich verhalten habe", erklärte Edathy. Betont selbstbewusst reagierte er aber auf eine Frage nach seiner sexuellen Orientierung: "Ob ich pädophil bin oder nicht - es geht Sie nichts an, was ich bin."
Der 45-jährige Politiker bekräftigte vor den Journalisten auch seine Haltung, dass er sich mit der Bestellung von Knaben-Fotos bei einem kanadischen Anbieter nicht strafbar gemacht habe. Auch das BKA stufe die von ihm erworbenen Bilder nicht als strafbar ein. "Es war falsch, diese Bilder zu bestellen, aber es war legal."
Edathy pocht weiter auf Legalität
Edathy soll sich aus dem Internet kinderpornografische Bild- und Videodateien heruntergeladen haben. Er bestreitet nicht den Besitz von Nacktbildern. Nach seiner Darstellung waren darunter aber keine Kinderpornos.
Der frühere Innenpolitiker äußerte sich erstmals öffentlich zu den Vorwürfen. Am Nachmittag wird er als Zeuge vom Untersuchungsausschuss des Bundestages gehört, der aufklären will, ob Edathy vor den Ermittlungen gewarnt worden war.
Hartmann einziger Tippgeber
Nach eigener Darstellung ist er nicht von der Partei- und Fraktionsspitze der SPD über die gegen ihn eingeleiteten Kinderporno-Ermittlungen informiert worden. Er bekräftigte seine Darstellung, dass ihn der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann am Rande des Leipziger Parteitages Mitte November 2013 über Erkenntnisse informiert hatte, die das Bundeskriminalamt (BKA) über ihn hatte. Edathy sagte, er habe mit Hartmann damals über die strafrechtliche Bewertung gesprochen sowie über den Umstand, "wann sich meine Akte an welcher Stelle" befunden habe.
Er habe von Hartmann auch erfahren, dass Fraktionschef Thomas Oppermann, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sowie SPD-Chef Sigmar Gabriel über die Angelegenheit im Bilde gewesen seien, sagte Edathy weiter. Hartmann habe ihm Ende Januar gesagt, er habe aus BKA-Kreisen erfahren, dass die Staatsanwaltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren gegen ihn einleiten wolle. Hartmann sei persönlich vom damaligen BKA-Präsidenten Jörg Ziercke informiert worden.
Unter Berufung auf Angaben Hartmanns schilderte Edathy, dass Ziercke Schaden von der SPD - die vor Jahren bereits einen Kinderporno-Fall in ihren Reihen hatte - habe abwenden wollen. Ziercke habe gewollt, dass er (Edathy) im Bilde sei. Das sei durchaus bemerkenswert gewesen, weil Edathy sich als Chef des NSU-Untersuchungsausschusses mit Ziercke einige Gefechte geliefert hatte. Edathy sagte aber selbst, das seien nur Indizien. Ob diese ein überzeugendes Bild ergäben, müsse der Ausschuss klären. Er habe keine Belege gegen Ziercke in der Hand.
"Öffentliche Begleitmusik" vermeiden
Schließlich habe er sich entschieden, im Februar sein Mandat niederzulegen. Er habe die Hoffnung gehabt, nach einem Mandatsverzicht könne sich die "öffentliche Begleitmusik in Grenzen halten", die wegen der Ermittlungen zu erwarten gewesen sei. Das sei aber eine Fehleinschätzung gewesen.
Zweifel aus der SPD an seiner Glaubwürdigkeit wies der 45-Jährige zurück. Ihm gehe es nicht um Rache. Er wolle einen Beitrag zur Aufklärung leisten. Er wolle niemanden schaden und habe keinen Grund zu lügen. Er kündigte noch für Donnerstag die Veröffentlichung einer Eidesstattlichen Versicherung an, mit der er seine Angaben für den Untersuchungsausschuss des Bundestages untermauern wolle. Er werde seine "komplette elektronische Korrespondenz" zur Verfügung stellen.
"Das geht Sie einen feuchten Kehricht an"
Am Nachmittag werden sowohl Edathy als auch Hartmann vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Hartmann bestreitet Edathys Darstellung. Er habe zwar mit Edathy über die Angelegenheit gesprochen, dabei aber keineswegs Informationen des Bundeskriminalamtes weitergegeben.
Zu seinem längeren Aufenthalt im Ausland erklärte Edathy: "Ich hab es aus Sicherheitsgründen vorgezogen, mich überwiegend im Ausland aufzuhalten. Und wo sich die Privatperson Sebastian Edathy privat aufhält, das ist die Sache meines Privatlebens und meines persönlichen Umfelds. Das geht Sie - sorry, mit Verlaub - einen feuchten Kehricht an."
Angst um eigene Sicherheit
Er habe sich in Deutschland nicht mehr sicher gefühlt. Denn nach Bekanntwerden der Kinderpornografie-Vorwürfe sei ihm wiederholt auch physische Gewalt angedroht worden. Aus diesem Grund habe er sich nach seinem Mandatsverzicht im Februar aus der Öffentlichkeit in Deutschland zurückgezogen. "Ich war nicht auf der Flucht", betonte er. Aber er führe nun "ein Leben im Ausnahmezustand."
Wird der Prozess eingestellt?
Edathy gab an, dass das Landgericht Verden ihm die Einstellung des Verfahrens wegen des Vorwurfs des Besitzes kinderpornografischer Bild- und Videodateien angeboten habe - "für eine überschaubare vierstellige Geldauflage". Dabei gehe es aber nicht um das aus Kanada bestellte Material, sondern um das Herunterladen von Bildern und Filmen nackter Kinder eines russischen Anbieters.
Der Vorschlag werde derzeit von den Prozessbeteiligten erörtert. Edathy machte deutlich, dass ihm "auch wegen der großen psychischen Belastung" daran gelegen sei, eine weitere Konfrontation mit der Staatsanwaltschaft zu vermeiden. Der erste Verhandlungstag vor dem Landgericht Verden ist bisher für Februar angesetzt.