Separatisten gesprächsbereit Steinmeier kämpft für deutsche Geiseln
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier fordert die unverzügliche Freilassung der entführten OSZE-Beobachter, darunter vier Deutsche. Die sie festhaltenden Separatisten im ukrainischen Slawjansk zeigen sich gesprächsbereit, stellen aber auch ihrerseits Forderungen. Kiew zufolge werden die Geiseln unter "unmenschlichen Bedingungen" festgehalten.
"Wir tun alles in unserer Macht stehende, um die festgehaltenen Personen wieder in Freiheit zu bringen", betonte Steinmeier. Weitere Details nannte der Außenminister wegen der "sensiblen Lage" nicht. Die Separatisten haben unter anderem drei Bundeswehr-Offiziere und einen Dolmetscher in ihrer Gewalt.
Auswärtiges Amt verhandelt
Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes verhandelt offenbar mit den Separatisten. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) betonte, die Beobachter seien nicht in der Ukraine, um in irgendeiner Form einzugreifen. Ihre Aufgabe sei es vielmehr, für Transparenz zu sorgen und Vertrauen zu schaffen.
Sie seien zudem auf Basis des Wiener Dokumentes vor Ort. "Die Tätigkeiten der Beobachter sind ein wichtiger Beitrag zur Deeskalation in dieser schwierigen Lage im Osten der Ukraine", erklärte die Ministerin.
Steinmeier begrüßt Angebote
Ausdrücklich hat Steinmeier die Ankündigung Russlands und der Ukraine hervorgehoben, bei den Bemühungen um eine Freilassung der OSZE-Beobachter zu helfen. Auch die OSZE will sich weiter intensiv um eine Freilassung bemühen.
"Ich begrüße es sehr, dass alle drei die Unterstützung zugesagt haben und sich nach Kräften für die Freilassung der Gruppe einsetzen wollen", erklärte Steinmeier nach Gesprächen mit seinem russischen Kollegen SergejLawrow, dem ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk und dem Schweizer Bundespräsidenten Didier Burkhalter, der der OSZE derzeit vorsteht.
Kerry vs. Lawrow
US-Außenminister John Kerry hat nach Angaben seines Ministeriums seinen russischen Amtskollegen Lawrow aufgefordert, die "Bemühungen der OSZE und der ukrainischen Regierung um die Freilassung "von 13 Inspekteuren des Wiener Dokuments und ihrer ukrainischen Führer ohne Vorbedingungen zu unterstützen".
Lawrow forderte seinerseits Kerry auf, bei der ukrainischen Regierung für eine Freilassung inhaftierter pro-russischer Protestführer zu werben. Das deckt sich mit den Forderungen der Separatisten. Jazenjuk sagte, das Festsetzen der OSZE-Beobachter verdeutliche, dass Moskau Aktivisten unterstütze, die "mittlerweile ganz Europa terrorisieren".
Separatisten wollen einen Austausch
Die pro-russischen Kräfte bezeichnen die Geiseln weiterhin als "Nato-Spione". Sie würden diese nur im Austausch gegen inhaftierte Gesinnungsleute gehen lassen.
Ein solcher Austausch habe für die Aktivisten Priorität, erklärte der selbst ernannte "Volksbürgermeister" von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow. Den "Festgenommenen" gehe es gut. Ein Mann leide unter Diabetes, werde aber versorgt. Zuvor hieß es, die ukrainischen Sicherheitsbehörden hätten sich bereit erklärt, ihm Hilfe zu gewähren. Die Separatisten hätten das Angebot jedoch abgelehnt.
Lebende Schutzschilde?
Die Geiseln - darunter jeweils ein Tscheche, Däne, Pole und Schwede sowie fünf ukrainische Soldaten - würden nicht freigelassen, sie würden "nur gegen unsere eigenen Gefangenen getauscht". Das sagte Milizenführer Denis Puschilin, der der sogenannten "Volksrepublik Donezk" vorsteht, vor dem besetzten Gebäude des ukrainischen Geheimdienstes SBU, das die pro-russischen Kräfte in Slawjansk zu ihrem Hauptsitz gemacht haben.
Dorthin wurde die 13-köpfige Gruppe gebracht, nachdem Separatisten ihren Bus gestoppt und kontrolliert hatten. Puschilin präsentierte die Ausweise und Erkennungsmarken der festgesetzten Militärbeobachter.
"In der Delegation waren auch ukrainische Offiziere - wir beabsichtigten, sie gegen Pawel Gubarew und andere Gefangene einzutauschen", sagte er. Der moskautreue Politiker Gubarew sitzt derzeit wegen "Separatismus" in Kiew in Untersuchungshaft und gilt in pro-russischen Reihen als "Märtyrer".
"Die OSZE-Vertreter werden unter unmenschlichen Bedingungen im Keller des Terroristen-Hauptquartiers festgehalten", erklärte der SBU und beschrieb sogar die Befürchtung, dass "die Terroristen die Geiseln als menschliche Schutzschilde einsetzen wollen". Die Gefangennahme der Beobachter sei von einem russischen Staatsbürger geplant und koordiniert worden, der für den Geheimdienst seines Landes arbeite.
"Verdächtiges" Kartenmaterial
Separatistenführer Ponomarjow erhob zum wiederholten Male Vorwürfe gegen die Gruppe. "Sie haben gesagt, sie wollten sich Sehenswürdigkeiten anschauen, dabei hatten sie Kartenmaterial dabei - wie eben Spione", so Ponomarjow.
Russische Medien berichteten am Abend über einen angeblichen Angriff regierungstreuer Einheiten auf mehrere von Separatisten besetzte Kontrollpunkte bei Slawjansk. Eine Bestätigung gab es zunächst nicht. Im Zuge der "Anti-Terror-Operation" haben ukrainische Kräfte die Stadt größtenteils abgeriegelt.
"Auf unserem Territorium"
Ponomarjow, der zudem Waffen und Sprengfallen anprangerte, die in dem Bus gefunden worden wären, erkennt in den Mitgliedern der Gruppe "Berufssoldaten - im Unterschied zu einem OSZE-Team, mit dem ich mich vor kurzem normal unterhalten habe".
Die "Nato-Offiziere" seien "ohne unsere Erlaubnis auf unser Territorium gekommen", erklärte der "Volksbürgermeister" und unterstrich damit den Anspruch der Separatisten auf die Kontrolle der Region in der Ost-Ukraine. Zuvor hatte Ponomarjow die Gruppe als "Kriegsgefangene" bezeichnet. Der ukrainische Politiker und Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko wiederum nannte Ponomarjow im "Bild"-Gespräch einen "Terroristen, denn nur Terroristen können Geiseln nehmen".