Mitten in einer Sitzung Wilde Schlägerei im ukrainischen Parlament
Als ob das Chaos nicht schon groß genug wäre: Im ukrainischen Parlament in Kiew haben sich Abgeordnete eine Schlägerei geliefert: Die Sitzung musste für zehn Minuten unterbrochen werden, weil zwei Mitglieder der rechten Partei „Swoboda“ auf den Chef der kommunistischen Partei losgingen. In das Gerangel rund um die Prügelei waren rund ein Dutzend Parlamentsmitglieder verwickelt.
Simonenko hielt offenbar gerade eine Rede, als die „Swoboda“-Abgeordneten auf ihn losstürmten und begannen, auf ihn einzuschlagen. Der Kommunist hatte nach ukrainischen Medienberichten über die Lage in der Ost-Ukraine gesprochen. Prügeleien sind im Parlament in Kiew nicht ungewöhnlich - es war aber die erste seit dem Sturz der Regierung Janukowitsch.
Steinmeier: "Es gilt, die Nerven zu bewahren"
Zuvor hatte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier versucht, die Gemüter im Ringen um den Osten der Ukraine zu kühlen. Es gelte, die "Nerven zu bewahren und jetzt nicht noch Öl ins Feuer zu gießen", sagte er in der "Bild". Gleichzeitig kritisierte er Putins Politik: "Meldungen von Erhöhungen des wirtschaftlichen Drucks durch Russland ... führen zu neuen Verhärtungen." In der Nacht hatten ukrainische Spezialeinheiten ein Verwaltungsgebäude gestürmt, das prorussische Demonstranten besetzt hatten.
Auch die USA versuchen nach wie vor, den Konflikt noch friedlich beizulegen. US-Außenminister John Kerry hat seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow einen Gipfel mit Vertretern aus Kiew, Moskau und der EU vorgeschlagen - schon in den kommenden zehn Tagen.
Der genaue Termin sowie die Themen der Gespräche müssten noch festgelegt werden, sagte Kerrys Sprecherin. Russland hat auf den Vorschlag noch nicht reagiert. Kerry warnte Lawrow in dem Telefonat vor einer weiteren Destabilisierung der Ukraine. Er habe deutlich gemacht, dass Washington die Entwicklungen "mit großer Sorge" verfolge, sagte seine Sprecherin. Die prorussischen Proteste in der Ostukraine seien "keine spontanen Ereignisse", sondern von Moskau "sorgfältig orchestriert".
Obama hat "klare Beweise" für Schlägertrupps
Zuvor hatte US-Präsident Barack Obama seinen russischen Kollegen Wladimir Putin vor einer weiteren Einmischung in das Nachbarland gewarnt. Die "Eskalation" sei das "Ergebnis des wachsenden russischen Drucks auf die Ukraine", sagte Obamas Sprecher. Es gebe "klare Beweise" dafür, dass einige der prorussischen Demonstranten in der Ost-Ukraine nicht aus der Gegend stammten und bezahlt worden seien.
Die russische Regierung protestiert gegen die Vorwürfe aus dem Westen und der Ukraine. "Hören Sie auf, Russland für alle Probleme in der Ukraine die Schuld zu geben", erklärte das Außenministerium in Moskau. Ohne eine "echte Verfassungsreform" in der Ukraine, die den Gebieten im Süden und Osten der früheren Sowjetrepublik mehr Autonomie ermöglicht, sei eine langfristige Stabilisierung schwer möglich.
Spezialeinheit räumt Gebäude
Derweil haben Spezialeinheiten in der ostukrainischen Millionenstadt Charkow ein von prorussischen Aktivisten besetztes Verwaltungsgebäude geräumt und 70 Menschen festgenommen. Bei der Aktion sei kein Schuss gefallen, berichtete der Internetsender hromadske.tv.
In der Nacht hatten sich Gegner und Anhänger der ukrainischen Regierung in Charkow Straßenschlachten geliefert. Moskautreue Kräfte drangen in das Gebäude der Gebietsverwaltung ein. Interimspräsident Alexander Turtschinow hatte einen massiven Einsatz angeordnet.
Das russische Außenministerium ermahnte die Übergangsregierung in Kiew, keine Entscheidungen zu treffen, die zu einer Eskalation der Lage führen könnten. "Wir rufen dazu auf, umgehend alle militärischen Vorbereitungen einzustellen, die zum Ausbruch eines Bürgerkriegs führen könnten", hieß es in einer Mitteilung.
Klitschko bittet Westen um Hilfe
Der ukrainische Oppositionspolitiker Vitali Klitschko forderte den Westen zu entschiedenerem Handeln als zu Beginn der Krim-Krise auf. Die aktuellen Bilder aus der Ostukraine erinnerten ihn an die Entwicklungen auf der Krim, schrieb Klitschko in einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung. Eine solche russische Invasion "befürchten wir jetzt auch in Donezk, Charkow und Lugansk".
"Souveräne Volksrepublik" ausgerufen
Moskau hatte im März die ukrainische Halbinsel Krim annektiert, nachdem die mehrheitlich russischstämmige Bevölkerung dort in einem umstrittenen Referendum für den Beitritt zu Russland gestimmt hatte. Jetzt steht der Osten der Ukraine im Zentrum des Konflikts. Am Sonntag stürmten Demonstranten Verwaltungsgebäude in Donezk, Charkiw und Lugansk und hissten russische Flaggen. In Donezk riefen sie am Montag eine "souveräne Volksrepublik" aus, die von Kiew unabhängig sein soll.
Die USA schickten unterdessen erneut ein Kriegsschiff in das Schwarze Meer. Der Zerstörer "USS Donald Cook" werde dort binnen einer Woche eintreffen, hieß es in Washington. Mit der Verlegung wolle das US-Militär ein Zeichen der Unterstützung an die osteuropäischen Nato-Verbündeten senden. Im vergangenen Monat hatte Washington bereits den Zerstörer "USS Truxtun" vorübergehend ins Schwarze Meer beordert.