Krise auf der Krim Völkerrechtler: Russland hat kein Recht zum Eingreifen in der Ukraine

Russland
Russland argumentiert auch, eigene Staatsbürger in der Ukraine schützen zu wollen.
Das ist eine vieldiskutierte Rechtfertigung einer Intervention und von westlichen Staaten ebenfalls schon oft gebrauchte Argumentation, auf die sich Russland durchaus stützen kann. Allerdings stellt sich die Frage: Sind in der Ukraine tatsächlich so viele russische Staatsbürger so extrem gefährdet, dass eine militärische Intervention notwendig werden könnte? Einen Beigeschmack bekommt das Ganze zudem, dass zuletzt zahlreiche russischstämmige Ukrainer plötzlich die russische Staatsbürgerschaft bekommen haben. Da liegt der Verdacht nahe: Man schafft sich erst einmal die Staatsbürger, die man dann anschließend schützen will.
Und die Menschenrechte? Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat ausdrücklich darauf hingewiesen.
Das wäre eine Intervention aus humanitären Gründen. Dazu wären aber Menschenrechtsverletzungen größten Ausmaßes notwendig. Und wo die in der Ukraine vorliegen und von wem sie ausgehen sollen, ist sehr schwer zu begründen.
Russland bezieht sich in seiner Argumentation zudem auf die Sicherheit seiner in Sewastopol stationierten Schwarzmeerflotte.
Natürlich ist es legitim, die Militärbasis einsatzbereit zu halten und darauf zu achten, dass die Ukraine das völkerrechtliche Abkommen mit Russland einhält. Das gälte übrigens auch im Fall von US-Stützpunkten in Deutschland. Das hieße aber nicht, dass dann amerikanische Polizei oder Soldaten auf deutschem Boden Bürger maßregeln und kontrollieren oder gar mit Waffengewalt einschreiten dürften.
Zusammengefasst agiert Russland also völkerrechtswidrig?
Sämtliche Rechtfertigungen für eine Verletzung der Souveränität der Ukraine scheinen mir nicht durchzugreifen, sondern vornehmlich politisch motiviert zu sein. Allerdings muss man auch konstatieren, dass Russland noch gar nicht so richtig interveniert hat. Es ist noch kein Schuss gefallen. Gleichwohl kann man unter Umständen von einer Intervention oder gar von einer Verletzung des Gewaltverbotes sprechen, weil das Territorium eines anderen Staates ohne dessen Willen mit Militärs überzogen worden ist.
Markus Kotzur (45) ist seit 2012 Professor für Europa- und Völkerrecht an der Universität Hamburg und stellvertretender Direktor des Instituts für Internationale Angelegenheiten. Zudem arbeitet der Mitherausgeber des Archivs des Völkerrechts als Gastdozent an Hochschulen im spanischen Granada, im indischen Kolkata sowie in Bayreuth.