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Hamas-Terror in Israel: Schutzräume werden zur Todesfalle


Hamas-Terror in Israel
Todesfalle Schutzraum

Von t-online, mk

Aktualisiert am 12.10.2023Lesedauer: 4 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:231011-911-018042Vergrößern des Bildes
Helfer vom Rettungsdienst Zaka bergen Leichen in einem Kibbuz: "Ich wusste, wenn sie die Tür aufkriegen, sind wir tot." (Quelle: Zaka/dpa)

In Israel haben die meisten Häuser einen verstärkten Raum, der die Bewohner vor Raketenangriffen schützen soll. Doch die Räume haben eine fatale Schwäche.

Für die Menschen im Süden Israels begannen die Tage des Terrors mit Sirenenalarm, der sie normalerweise vor Raketenangriffen aus dem Gazastreifen warnt. Traurige Gewohnheit dort seit vielen Jahren. Also gingen die Menschen wie üblich in ihre mit Stahlbeton verstärkten Schutzräume. Doch die Räume haben eine Schwachstelle, die sich beim Überfall der Hamas-Terroristen fatal auswirkte – sie lassen sich oft von innen nicht versperren.

So wurden die Räume, die ihnen eigentlich das Leben retten sollten, für viele Israelis zur Todesfalle. Zum Beispiel für Deborah Matias und ihren Mann Shlomi. Als die Mörder am Samstagmorgen über ihren Kibbuz Holit bei Beersheba herfielen, flüchteten sie mit ihrem 16-jährigen Sohn Rotem in den Schutzraum. Schutz fanden sie dort aber nicht. Terroristen drangen in ihr Haus ein und erschossen das Ehepaar in seinem Schutzraum. Ihr Sohn überlebte schwer verletzt mit einem Bauchschuss, weil seine Eltern ihn mit ihren Körpern abschirmten. So erzählt es Rotems Großvater Ilan Troen in der "Washington Post".

Video | t-online-Reporter in Israel: Plötzlich Alarm
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Quelle: t-online

Junge überlebt zwölf Stunden mit Bauchschuss

Zwölf Stunden lang kämpfte der Junge ums Überleben, in eine Decke gewickelt neben den Leichen seiner Eltern. Mit Textnachrichten versuchte Ilan Troen, seinen Enkel am Leben und bei Verstand zu halten, half ihm, ruhig und leise zu bleiben, um nicht entdeckt zu werden. Erst gegen 20 Uhr gelang es ihm, Soldaten zu Rotem zu lotsen, die den Jungen befreiten und ins Krankenhaus nach Beersheba brachten, wo ihn Großvater Ilan wieder in die Arme nehmen konnte.

Viele Familien in Israel haben in den vergangenen Tagen ähnliches Grauen erlebt. Erst nach und nach wird das ganze Ausmaß der Verbrechen der Hamas deutlich. Doch nicht immer gelang es den Terroristen, ihre Opfer in den Schutzräumen zu töten. Einigen gelang es auch, die Angreifer mit Mühe und Not vor der Tür zu halten und so ihre Leben zu retten. Zum Beispiel Irit Lahav und ihrer Tochter im Kibbuz Nir Oz.

"Wenn sie die Tür aufkriegen, sind wir tot"

"Überall wurde geschossen, Granaten explodierten, und ich fragte mich, was wir jetzt tun sollen", erzählt Irit Lahav dem US-Sender CNN. "Also fing ich an, Leuten im Kibbuz zu schreiben und zu fragen, wie sich die Tür versperren lässt, aber niemand wusste Hilfe." Schließlich schickte Irits Bruder ihr ein Foto davon, wie er die Türklinke im Schutzraum mit zwei Besenstielen so fixierte, dass sich die Tür von außen nicht mehr öffnen ließ. "Aber wie sollte ich das tun, ich hatte doch keine Besen im Haus", berichtet Irit Lahav weiter.

"Aber dann fiel mir ein, dass ich einen Lockenwickler hatte. Den und das Rohr des Staubsaugers habe ich dann irgendwie an der Tür befestigt. Ich wusste ja, wenn sie die Tür aufkriegen, sind wir tot." Als die Barrikade fertig war, hörten Irit und ihre Tochter schon das Brüllen der Terroristen in ihrem Haus, wo die Angreifer alles kurz und klein schlugen und gegen die Tür donnerten, hinter der sich Mutter und Tochter versteckt hielten. "Wir konnten nichts mehr tun, außer im Dunkeln unter dem Tisch zu kauern und uns zu umarmen. Ich war mir sicher, der Lockenwickler und das Staubsaugerrohr würden nicht halten, aber sie hielten", so Irit Lahav.

Menschen im Schutzraum – Hamas zündet Häuser an

Nach etwa zehn Minuten hätten die Terroristen ihr Haus wieder verlassen, aber die Erleichterung währte nur kurz. Etwa eine Stunde später kamen die Angreifer wieder und versuchten erneut, in den Schutzraum einzudringen, erzählt Irit. "Es war so furchtbar. Und dann kamen sie ein drittes Mal. Es war wie ein endloser Albtraum." Irit Lahav und ihre Tochter überlebten den Angriff schließlich, doch sie schätzt, dass jeder dritte Bewohner ihres Kibbuz ermordet wurde. Wie perfide die palästinensischen Terroristen gegen Menschen in ihren Schutzräumen vorgingen, zeigt auch das Schicksal von Deborah Mintz.

Auch sie hatte sich gemeinsam mit ihrer Tochter, deren Mann und dem Baby der beiden in einem Schutzraum in ihrem Haus verbarrikadiert. Mit aller Macht hätten sie sich gegen die Türklinke gelegt, um die Angreifer draußen zu halten, berichtete Deborah Mintz dem britischen TV-Sender Sky. Und tatsächlich gelang es ihnen, ein Eindringen der Terroristen zu verhindern, obwohl diese auf die Stahltür des Schutzraumes schossen. Doch dann zündeten die Angreifer das Haus von Deborah Mintz an.

"Das Schlimmste war, als wir den Hund jaulen hörten"

"Unter dem Türschlitz drang bald Rauch in den kleinen Schutzraum ein, und ohne Strom hatten wir auch keine Belüftung. Das Fenster mussten wir geschlossen halten und da wurde uns klar, dass wir nicht überleben würden", schildert Deborah das dramatische Geschehen. Nur dank der Gnade Gottes hätten sie den Angriff überlebt. Deborahs kleiner Hund dagegen krepierte elendig in den Flammen. "Das Schlimmste war, als wir den Hund jaulen hörten, wie er im Feuer verbrannte", so Deborah Mintz. Nur mit knapper Not überlebten sie das Martyrium in ihrem völlig verrauchten Schutzraum.

Auch fünf Tage nach dem Beginn des Hamas-Überfalls finden Helfer in israelischen Dörfern und Kibbuzim noch Leichen. Nach jüngsten Angaben haben die Terroristen mindestens 1.200 Menschen getötet, fast 3.000 zum Teil schwer verletzt und etwa 150 Personen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Besonders verstörend sind Berichte aus dem Kibbuz Kfar Aza. Dort fanden israelische Soldaten die Leichen enthaupteter Babys und Frauen. Das hat die israelische Regierung inzwischen bestätigt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich in einer Regierungserklärung am Morgen solidarisch mit Israel und verwies auf die Mitschuld des Iran an dem Angriff: "Ohne iranische Unterstützung über die letzten Jahre wäre die Hamas zu diesen präzedenzlosen Angriffen auf israelisches Territorium nicht fähig gewesen", so Scholz. Tatsächlich hat das Mullah-Regime die Hamas regelrecht hochgezüchtet mit Waffen, massiver finanzieller Unterstützung und auch Training. Ob Teheran auch direkt an der Planung und Vorbereitung des Angriffs beteiligt war, ist bislang nicht eindeutig erwiesen.

Verwendete Quellen
  • cnn.com: This woman held off Hamas by barricading safe room door with a vacuum cleaner and rolling pin (englisch)
  • washingtonpost.com: He listened, helpless, as Hamas closed in on his family: ‘They came to kill’ (englisch)
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