Patienten-Killer von Delmenhorst Etliche weitere Opfer des Ex-Pflegers entdeckt
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Die Exhumierung der Leichen von Patienten, die in den Klinikum Delmenhorst verstorben waren, habe bisher bei insgesamt 33 Patienten eine Behandlung mit dem von H. zur Tötung verwendeten Medikament erwiesen.
"Es wird natürlich eine weitere Anklage geben", sagte Oberstaatsanwältin Daniela Schiereck-Bohlmann in Oldenburg. Das Verfahren werde alle Taten umfassen, die Niels H. noch nachgewiesen werden könnten. "Die rechtliche Konsequenz wird am Ende dieselbe sein: Lebenslänglich und besondere Schwere der Schuld. Daran wird sich nichts ändern", sagte die Staatsanwältin.
Mit noch unbekannten Medikamenten getötet
Die Zahl der tatsächlichen Opfer des Pflegers sei aber vermutlich "weitaus höher", teilten Ermittler mit. So bestehe der Verdacht, dass H. auch mit anderen Medikamenten als bisher angenommen getötet habe.
Bei 33 Patienten sei der Wirkstoff des von H. verwendeten Medikaments nachgewiesen worden, obwohl diese damit nicht behandelt worden seien, erklärten die Ermittler nach der Exhumierung und toxikologischen Untersuchung sterblicher Überreste von 99 Menschen.
Ermittlungen werden fortgesetzt
Die Ermittlungen würden vermutlich noch bis ins nächste Jahr hinziehen, sagte Thomas Sander von der Staatsanwaltschaft Oldenburg. "Die Ermittlungen dauern so lange, bis wir das unselige Wirken des Niels H. komplett aufgeklärt haben". Es werde "jeder Stein umgedreht".
Der unter anderem bereits wegen zweifachen Mords und insgesamt drei Mordversuchen an schwerkranken Intensivpatienten zu lebenslanger Haft verurteilte H. hatte während seines Prozesses im vergangenen Jahr ausgesagt, nach eigener Erinnerung zwischen 2003 und 2005 in der Klinik insgesamt etwa 30 Patienten getötet zu haben. Aktuell habe der heute 39-Jährige habe die Taten "vollumfänglich und pauschal" eingeräumt, wenngleich er sich nicht immer an die konkreten Fälle erinnern könne, so die Staatsanwältin.
Kollegin beobachtete verdächtige Handlung
2005 war H. bei einer verdächtigen Injektion von einer Kollegin beobachtet und kurz darauf festgenommen worden. Seitdem sitzt er in Haft, inzwischen wurde er in zwei separaten Prozessen verurteilt. Seit Bekanntwerden der Dimensionen des Falls prüft eine Sonderkommission aus Staatsanwaltschaft und Polizei namens "Soko Kardio" alle Sterbefälle während dessen Dienstzeit in verschiedenen Einrichtungen.
Dabei durchforsten die Ermittler alte Krankenakten nach möglichen Hinweisen und exhumieren alle nicht feuerbestatteten verstorbenen Patienten aus den fraglichen Zeiträumen. Ihren Angaben nach geht es um mehr als 200 Fälle. Die systematischen Untersuchungen begannen im vergangenen Jahr und sollen noch viele Monate dauern.
Heimlich Herzmittel gespritzt
Dem Ergebnis der bisherigen Prozesse und seinen eigenen Aussagen nach spritzte H. Dutzenden Patienten auf der Intensivstation des Klinikums Delmenhorst heimlich ein hochwirksames Herzmittel, um bei ihnen lebensbedrohliche Zustände herbeizuführen und sie dann wieder zu beleben. H. zufolge starben insgesamt etwa 30 Menschen bei dieser Prozedur. Weitere Taten an anderen Arbeitsstellen gab es nach dessen Angaben nicht.
Die genauen Motive hinter der Verbrechensserie des früheren Krankenpflegers sind noch immer unklar. Die Richter des Oldenburger Landgerichts, die H. im Februar 2015 unter anderem wegen zweifachen Mords verurteilten, kamen zu der Einschätzung, dass H. durch Wiederbelebungen vor Kollegen "glänzen" und sich einen "Kick" verschaffen wollte. Sie sprachen von Taten, in denen eine beängstigende "Unmenschlichkeit" zum Ausdruck komme.