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Oscar Pistorius' Erklärung: "Sie starb in meinen Armen"


Kriminalität
Oscar Pistorius' Erklärung: "Sie starb in meinen Armen"

Von dapd, afp, dpa, sid
19.02.2013Lesedauer: 4 Min.
Oscar Pistorius vor GerichtVergrößern des Bildes
Oscar Pistorius verlor vor Gericht die Fassung (Quelle: dpa)

Das Gericht klagt den Sprintstar Oscar Pistorius wegen Mordes an seiner Freundin, Topmodel Reeva Steenkamp an. Die Staatsanwaltschaft behauptet, er habe eine "unschuldige und unbewaffnete Frau" getötet. Pistorius selbst jedoch bleibt bei seiner Version eines tragischen Unfalls. In einer eidesstattlichen Erklärung gibt er Details des tragischen Abends aus seiner Sicht wieder. Die Vorwürfe gegen ihn weist er zurück.

"Ich kann nicht verstehen, wie man mir Mord vorwerfen kann, da ich nicht die Absicht hatte, meine Freundin Reeva Steenkamp zu töten. (...) Ich weise besagte Anschuldigung auf das Schärfste zurück", ließ der gefallene Sportstar durch seinen Anwalt vor Gericht verlesen.

"Ein ruhiges Abendessen zuhause"

Am frühen Donnerstagmorgen vergangener waren die tödlichen Schüsse auf Steenkamp gefallen. Am Mittwoch, erklärte Pistorius nun, habe das Paar eigentlich geplant, getrennt voneinander mit Freunden auszugehen. "Reeva rief mich dann an und bat darum, dass wir den Abend doch daheim verbringen. Ich war einverstanden, und wir waren beide zufrieden, gemeinsam ein ruhiges Abendessen zuhause zu haben."

Nachbarn hatten der Polizei gesagt, dass sie vor den Schüssen schon von einem Streit der beiden gehört hätten. Die Behörden bestätigten zudem, dass es im Hause Pistorius in Pretoria schon des Öfteren zu Gewalt gekommen sei. Diverse Medien hatten berichtet, dass Eifersucht der Grund für den neuerlichen Streit gewesen sein könnte. Der 26-Jährige jedoch behauptet: "Wir waren sehr verliebt. Wir konnten nicht glücklicher sein."

"Ich dachte, Reeva wäre im Bett"

Darauf geht Pistorius in seiner Erklärung indes nicht ein. "Ich wachte in den frühen Morgenstunden des 14. Februar 2013 auf, ging auf den Balkon, um den Ventilator reinzuholen, und schloss die Schiebetüren, die Fensterläden und die Vorhänge. Ich hörte ein Geräusch im Badezimmer und merkte, dass jemand darin war. Obwohl ich meine Prothesen nicht anhatte, konnte ich mich auf meinen Stümpfen fortbewegen. Ich glaubte, dass jemand in mein Haus eingedrungen sei. Ich hatte zu große Angst, das Licht anzuschalten. Ich holte meine Neun-Millimeter-Pistole unter dem Bett hervor. ... Es war stockdunkel im Schlafzimmer und ich dachte, Reeva wäre im Bett."

Der Sportler, dem schon im Alter von elf Monaten aufgrund eines Gendefekts die Beine unterhalb der Knie amputiert werden mussten, bleibt also bei seiner Version, dass er die Freundin für einen Einbrecher gehalten und nur deshalb erschossen habe: "Ich bemerkte, dass das Badezimmerfenster offen war. Der Eindringling musste in der Toilette sein, denn die Toilettentür war verschlossen und ich sah niemanden im Badezimmer. Ich hörte Bewegung in der Toilette. Die Toilette ist im Badezimmer und hat eine separate Tür."

"Sie starb in meinen Armen"

Und weiter: "Ich schoss durch die geschlossene Tür und schrie. ... Als ich das Bett erreichte, merkte ich, dass Reeva nicht darin war. Da ging mir auf, dass Reeva in der Toilette gewesen sein könnte. ... Ich legte meine Prothesen an, rannte zurück ins Badezimmer und versuchte die Toilettentür einzutreten.

... Ich ging zurück ins Schlafzimmer und nahm meinen Cricketschläger, um die Toilettentür aufzubrechen. ... Reeva war in sich zusammengesackt, aber am Leben. ... Ich trug sie nach unten, um sie ins Krankenhaus zu bringen. ... Unten versuchte ich ihr jede Hilfe zu leisten, die ich ihr geben konnte, aber sie starb in meinen Armen."

"Neun-Millimeter unter meinem Bett"

Auf die Frage, warum er sofort eine Pistole zur Hand hatte, konnte Pistorius auch mit einer Antwort dienen: "Ich habe bereits Todesdrohungen erhalten. Ich bin auch schon Opfer von Gewalt und von Einbrüchen geworden. Aus diesem Grund hatte ich meine Schusswaffe, eine Neun-Millimeter-Parabellum, unter meinem Bett aufbewahrt, als ich am Abend schlafen ging."

Die Staatsanwaltschaft sieht den Tathergang offensichtlich etwas anders: Nach ihr hatte der beinamputierte Pistorius in der Tatnacht erst im Schlafzimmer seine Prothesen angezogen, bevor er mit einer Pistole bewaffnet sieben Meter zum Badezimmer ging.

Pistorius verlor vor Gericht völlig die Fassung

Pistorius habe dann vier Schüsse abgefeuert, drei von ihnen sollen die 29-jährige Steenkamp demnach getroffen und tödlich verletzt haben. Pistorius habe eine "unschuldige und unbewaffnete Frau" getötet, sagte der Staatsanwalt in seinem Eröffnungsplädoyer. Es gebe ein klares Mordmotiv, sagte er - ohne das im Detail zu erläutern. Es gebe keine Hinweise, die Pistorius' Darstellung unterstützen würden, er habe einen Einbrecher vermutet.

Bereits während der Ausführungen des Staatsanwalts war Pistorius in Tränen ausgebrochen. Während der Verlesung der eidesstattlichen Erklärung verlor der 26-Jährige so sehr die Fassung, dass Richter Desmond Nair die Sitzung kurz unterbrechen musste. Kurze Zeit später vertagte er sie auf Mittwoch.

Anwälte wollen Freilassung gegen Kaution

Die Anwälte des behinderten Profisportlers streben eine Freilassung gegen Kaution an. Sie plädieren auf eine Anklage wegen Mordes in einem minder schweren Fall, was im deutschen Recht Totschlag entspräche. Die Anklagebehörde möchte, dass der Beschuldigte bis zum Prozess in Untersuchungshaft bleibt.

Die auf zwei Tage angesetzten Verhandlungen begannen am Dienstagvormittag in einem völlig überfüllten Saal des Magistratsgerichts von Pretoria. In dem Saal, der nur für etwa 40 Zuschauer eingerichtet ist, drängelten sich weit mehr als 100 Menschen, vor allem Journalisten. Anwesend waren auch der Vater des Beschuldigten, Henke Pistorius und die Geschwister des Athleten, Aimee und Carl.

Letztes Geleit für Steenkamp

Etwa zeitgleich mit dem Gerichtstermin in Pretoria hielten sich mehr als 1100 Kilometer südlich, in der Küstenstadt Port Elizabeth, Familie und Freunde der Toten bei einer Gedenkfeier im Arm. Der Ablaufplan der Zeremonie zeigte ein Schwarzweiß-Porträt der jungen Frau.

Der Sarg in der Kapelle des Krematoriums war mit einem Gesteck weißer Blumen verziert. Die Trauergäste waren fassungslos. Es habe keinerlei Anzeichen von Beziehungsproblemen gegeben, sagt Gavin Venter, ein Freund der Familie: "Ich fragte ihren Vater, er sagte, sie war sehr glücklich mit Oscar, aber vielleicht hat sie es einfach vor allen verborgen".

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