Eklat im NSU-Prozess Vermeintliches Opfer soll gar nicht existieren
Unerwartete Entwicklung im Münchner NSU-Prozess: Eine Frau, die als Opfer eines Bombenanschlages und Nebenklägerin zugelassen ist, solle "nach aktuellem Kenntnisstand" gar nicht existieren. Das räumt nun ihr Anwalt ein - und zieht seine Konsequenzen aus einem Täuschungsmanöver, dessen Opfer er geworden sein will.
Ralph Willms ließt über seinen Anwalt erklären, er sei von einem anderen vermeintlichen Opfer des Nagelbombenanschlags an der Kölner Keupstraße im Jahr 2004 getäuscht worden. Dieser Mann, ebenfalls Nebenkläger, habe vorgegeben, die Frau zu kennen, und habe Willms auch ein Foto von ihr gezeigt. Daraufhin habe er die Verteidigung von Meral K. übernommen.
"Zufällig" habe sich jetzt aber herausgestellt, dass dieser Mann dasselbe Foto der Frau auch einem anderen Anwalt gezeigt habe - allerdings mit einer anderen Identität der Frau versehen. Das war bislang niemandem, der im Prozess Beteiligten, aufgefallen. In der anwaltlichen Mitteilung Willms' ist von "betrügerischen Machenschaften" dieses Mannes die Rede, der die "Existenz und Opfereigenschaft" von Meral K. erfunden habe .
Anwalt legt Mandat nieder
Indessen berichtet "Spiegel Online", Anwalt Willms habe sein Mandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt und das Oberlandesgericht München um seine Entbindung als Nebenklagevertreter im NSU-Verfahren gebeten. Er habe zudem Strafanzeige gegen den Nebenkläger bei der Staatsanwaltschaft Köln erstattet. Das OLG konnte das noch nicht bestätigen. Beim Senat sei bis Freitagnachmittag keine Erklärung Willms' eingegangen, hieß es. Sprecher der Staatsanwaltschaften Köln und München I sagten auf Anfrage, bei ihnen liege noch keine Anzeige vor. Willms selber und sein Anwalt waren für Nachfragen am Freitag nicht erreichbar.
Zudem habe Willms in seiner Erklärung auch eingeräumt, dem anderen Nebenkläger eine Provision für die Vermittlung des Mandats für Meral K. gezahlt zu haben. Der Mann und sein Anwalt waren für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen nicht zu erreichen.
Verhalten wirft Fragen auf
Willms vertrat die wohl gar nicht existierende Frau seit Beginn des NSU-Prozesses im Mai 2013. Die Affäre war in dieser Woche vom Vorsitzenden Richter Manfred Götzl ins Rollen gebracht worden. Götzl hatte Willms mehrfach aufgefordert, zu klären, wo sich seine Mandantin aufhält. Götzl habe mehrmals vergeblich versucht, sie als Zeugin zum Prozess zu laden - erschienen war sie nie.
Wie "Spiegel Online" weiter berichtet, habe Anwalt Willms einmal angegeben, seine Mandantin habe den Flug aus der Türkei verpasst. Ein weiteres Mal habe er gesagt, sie sei auf dem Weg zum Gericht zusammengebrochen. Die Merkwürdigkeiten im Verhalten des Anwalts warfen Fragen auf.