Justiz Todeskandidat Gardner lebte nach Erschießung noch
Um 0:15 Uhr am Freitagmorgen kam der knappe Feuerbefehl: Fünf Schützen feuerten vier Patronen auf den verurteilten Mörder Ronnie Lee Gardner im US-Bundesstaat Utah ab. Die Kugeln vom Kaliber 30/30 - abgefeuert aus altmodischen Winchester-94-Gewehren, die normalerweise bei der Jagd auf Bären oder Elche eingesetzt werden - durchschlugen die Brust des 49-Jährigen und drangen in die Lehne des hölzernen Exekutionsstuhls ein.
Doch trotz der Salve, abgefeuert aus nur siebeneinhalb Metern Entfernung, war Gardner nach Aussagen von Hinrichtungszeugen nicht sofort tot. Reporter, die der Hinrichtung in der Zeugenkammer beigewohnt hatten, berichteten anschließend, Gardner habe nach den Schüssen mehrfach die Faust seiner linken Hand geballt und wieder geöffnet und seinen gefesselten linken Arm auf und ab bewegt.
"Er schien die Faust zu ballen"
"Auch nachdem auf ihn geschossen worden war, bewegte er sich noch", berichtete die Radioreporterin Sheryl Worsley nach Aussagen des britischen "Independent". "Ich weiß nicht, wie viel davon Reflex war, aber er schien die Faust zu ballen. Einiges davon muss ein Reflex gewesen sein, aber ich weiß nicht, ob alles Reflex war", sagte Worsley, die nach eigenen Worten von dem schrecklichen Szenario "angegriffen" war.
Andere Zeugen berichteten, die Schüsse seien mit leichtem zeitlichen Abstand gefallen, so, als habe es zwei Salven gegeben. Eine der Kugeln habe Gardners Brust deutlich außerhalb des von einem weißen Stück Stoff gekennzeichneten Herzbereiches getroffen. Dennoch habe die erschütternde Szene eine Art klinischer Sterilität ausgestrahlt. Blut sei nicht zu sehen gewesen.
"Der Hinrichtungsbefehl ist ausgeführt worden"
Die gesamte Exekution sei sehr ruhig verlaufen, berichteten US-Medien. Angeschnallt auf dem Hinrichtungsstuhl und das Gesicht von einer Kapuze verdeckt, nickte Gardner dem Erschießungskommando unmittelbar vor den Schüssen kurz zu, um zu signalisieren, dass er bereit sei. Gefragt nach seinen letzten Worten sagte er: "Nein, ich habe keine."
Dann fielen die Schüsse. Zwei Minuten nach der Salve - um 0:17 Uhr - wurde Gardner dann für tot erklärt. "Der Hinrichtungsbefehl ist ausgeführt worden", teilte ein Sprecher der Haftanstalt Draper im US-Bundesstaat Utah den wartenden Reportern mit.
Gleichzeitig ließen Freunde und Verwandte des Hinrichtungsopfers außerhalb der Anstalt weiße Ballons aufsteigen. Sie seien ein Symbol dafür, "dass er jetzt frei ist und seinem Schöpfer gegenübertritt. Er ist der einzige, der das Recht hat, über ihn zu urteilen", so Randy Gardner, ein Neffe des Hingerichteten. Wenige Stunden vor der Hinrichtung hatte Utahs Gouverneur Gary Herbert ein letztes Gnadengesuch abgelehnt, wie kurz zuvor auch der Oberste Gerichtshof in Washington.
"Herr der Ringe", ein Krimi und ein Priester
Den letzten Abend seines Lebens habe Gardner friedvoll verbracht, berichteten Zeugen. Er habe vom Nachmittag an alle Teile der Fantasy-Trilogie "Herr der Ringe" gesehen und einen Krimi gelesen. Kurz vor der Hinrichtung leistete ihm noch mit ein Mormonen-Priester Beistand. Sein letztes Mahl bestand aus Hummer, Steak und Apfelkuchen mit Eis - er aß es bereits am Dienstag, danach hatte er 48 Stunden gefastet.
Der Staat Utah hatte bereits 2004 die Erschießungskommandos abgeschafft und verwendet jetzt die Giftspritze. Da Gardner vorher zum Tode verurteilt worden war, hatte er die Wahl. Er hatte seine Beweggründe bis zum Ende nicht öffentlich gemacht. Über 25 Jahre hatte Gardner in der Todeszelle verbracht.
Einer seiner Vorgänger, Gary Gilmore, hatte vor mehr als 30 Jahren gesagt, er habe sich bewusst für die blutige Variante entschieden, um der Welt die Barbarei der Exekutionen drastisch vor Augen zu führen. Zuletzt war 1996 in Utah der verurteilte Kindermörder John Albert Taylor durch ein Erschießungskommando hingerichtet worden.