Einmaliger Vorgang Thüringen enteignet Schlossbesitzer
Das Recht auf Eigentum ist ein hohes Gut. Gleichwohl will Thüringen die Besitzer des Schlosses Reinhardsbrunn enteignen. Die Eigentümer kämen ihren denkmalrechtlichen Verpflichtungen nicht nach, heißt es. Die Enteignung wäre im deutschen Denkmalschutz ein einmaliger Vorgang.
"Es droht ein weiterer Verfall des Schlosses, wenn nicht von staatlicher Seite eingegriffen wird", erklärte der Kulturminister und Chef der Thüringer Staatskanzlei, Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), nach einer Kabinettssitzung in Erfurt.
"Signal für den Denkmalschutz"
"Der Eingriff in Eigentumsrechte ist ein schwerwiegender Vorgang. Und wir sind uns dessen auch bewusst", sagte Hoff. Er sieht darin aber ein "Signal für den Denkmalschutz in Deutschland". Seit mehreren Jahren wird in Thüringen über den fortschreitenden Verfall der 1827 erbauten Park- und Schlossanlage im Kreis Gotha diskutiert und eine Enteignung des Besitzers in Erwägung gezogen.
Eigentümer ist nach Angaben der Staatskanzlei die Firma Bob Consult GmbH, die derzeit ihren Sitz in Hamburg haben soll. Auf dem historischen Gemäuer, das hin und wieder als Filmkulisse dient, liegt nach Angaben von Hoff eine Grundschuld von mehr als neun Millionen Euro. In der DDR hatte das Schloss ein Interhotel beherbergt. Es wurde noch bis 2001 als Hotel genutzt.
Ein Euro als Entschädigung
Der Minister schloss aus, dass Thüringen die millionenschwere Grundschuld übernimmt, die der Eigentümer gegenüber ausländischen Banken habe. Nach einem vor zwei Jahren vorgelegten Gutachten bleibe die Grundschuld beim Eigentümer, weil Thüringen ihm eine Entschädigung zahle. Dabei sei es nach der Rechtsauffassung auch unerheblich, dass die Entschädigung nur einen Euro betrage.