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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Besetzte Gebiete Russland sucht nach sicherem Hafen für die Flotte
Russland will seine Schwarzmeerflotte aus der Schusslinie der Ukraine bringen. Ein weiteres annektiertes Gebiet könnte dabei eine wichtige Rolle spielen.
Die Schwarzmeerflotte der russischen Marine ist in den letzten Monaten vermehrt Ziel von ukrainischen Angriffe gewesen. In ihrem eigentlichen Heimathafen auf der besetzten Halbinsel Krim musste die Flotte zuletzt Schäden an Kriegsschiffen und U-Booten hinnehmen, auch die Kommandozentrale der Flotte wurde schwer getroffen. Moskau reagierte bereits auf die veränderte Sicherheitslage und verlegt einige der Schiffe in andere, teils hunderte Kilometer entfernte Häfen.
Wirklich sicher scheinen die Schiffe der russischen Armee aber auch in den Häfen von Feodossija und Noworossisk nicht zu sein. Russland meldete auch an diesen Standorten Drohnenangriffe der Ukraine. Das könnte dazu führen, dass die Schwarzmeerflotte auf einen Ort ausweicht, der noch weiter von der eigentlichen Front entfernt liegt.
Neben der Krim und Teilen des ukrainischen Festlandes, hält Russland auch Teile von Georgien besetzt. In den Landesteilen Abchasien und Südossetien sind seit dem Jahr 2008 moskautreue Truppen stationiert. Nicht nur aus völkerrechtlicher Sicht ist das Vorgehen kritisch zu beurteilten.
Treffen mit Putin: Abkommen über neuen Marinestützpunkt
Anfang Oktober soll der Präsident der separierten Region Abchasien, Aslan Bschanija, bei einem Treffen mit Wladimir Putin ein Abkommen geschlossen haben. Dieses soll einen ständigen Stützpunkt der russischen Marine im Hafen von Otschamtschire beinhalten. Georgien kritisierte den Schritt als völkerrechtswidrig.
Völkerrechtlich gehört die Region zu Georgien. Seit dem Georgien Krieg 2008 haben neben Russland, lediglich Venezuela, Nauru, Syrien und Nicaragua Abchasien als eigenen Staat anerkannt. Bereits 2017 wurde ein Marinestützpunkt der russischen Grenztruppen im Ort Otschamtschire eröffnet, wie die "Tagesschau" berichtet.
Bereits seit 2022 soll es im militärischen Teil des Hafens Veränderungen geben. Um größere Schiffe dorthin zu verlegen, müsste dieser jedoch noch ausgebaut werden. Das berichtet die "Tagesschau" unter Berufung auf das Recherchenetzwerk Bellingcat.
Recherche zeigt, wie Russland die westlichen Sanktionen umgeht
Georgien unterstützt zwar die internationalen Sanktionen gegen Russland, hat aber keine eigenen Sanktionen gegen Russland verhängt. Die beiden von Russland de facto kontrollierten Gebiete werden hingegen höchstwahrscheinlich zur Umgehung von den internationalen Sanktionen genutzt. Alle Güter, die es nach Abchasien hineinschaffen, sind quasi in der russischen Föderation angekommen. Denn ab dort folgt nur noch die Grenze zu Russland und diese wird auf beiden Seiten von moskautreuen Truppen kontrolliert.
Eine Recherche der "Deutschen Welle" bestätigte, dass über die russisch kontrollierten Gebiete in Georgien die Sanktionen des Westens umgangen werden. Neben dem militärischen Aspekt dürfte das für Russland eine nicht unerhebliche Rolle bei der Auswahl neuer Hafenstandorte spielen.
Nato stellt sich hinter Georgien
Mit einem individuellen Abkommen ist Georgien mit der Nato verbunden. Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine hoffte das Land immer wieder auf einen Beitritt in das Militärbündnis. Ein Beitritt ist allerdings nur Ländern möglich, in denen kein interner Konflikt herrscht.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg stellte sich bei einer Pressekonferenz am Rand des Treffens der europäischen Außenminister hinter die Souveränität Georgiens. Stoltenberg: "Wir unterstützen nachdrücklich die territoriale Integrität und Souveränität Georgiens. Wir werden nicht akzeptieren, dass diese abtrünnigen Gebiete von Russland zur Errichtung von Militärstützpunkten genutzt werden können."
Die Ankündigung der Verlegung der Schwarzmeerflotte zeigt auch, dass die Ukrainer Russland in die Defensive gebracht haben, sagte Stoltenberg. Die Angriffe auf die Marineeinrichtungen Russlands seien offensichtlich sehr effizient gewesen. Der angekündigte Stützpunkt liegt rund 500 Kilometer von dem bisherigen Heimathafen Sewastopol entfernt. Ob Russland den Stolz seiner Marine so weit von den Kriegsschauplätzen weg verlegen wird, bleibt abzuwarten.
- deutschlandfunk.de: "Georgien: Der Konflikt um Abchasien und Südossetien"
- tagesschau.de: "Angriff auf russischen Marinestützpunkt"
- tagesschau.de: "Hafen unter Palmen"
- Mit Material der Nachrichtenagentur Reuters
- dw.com: "Georgien: Schlupfloch für Sanktionen"
- newsroom.consilium.europa.eu: "Arrival and doorstep NATO SG (Stoltenberg)" (englisch)