"Wissen, dass die Polizei nichts unternehmen wird" Russinnen fürchten Rückkehr verurteilter Wagner-Mörder
Immer mehr ehemals inhaftierte Kämpfer der Söldnergruppe Wagner kehren nach Russland zurück. Viele Frauen fürchten die Folgen.
Es war ein riskanter Deal, den die russische Regierung mit der Söldnergruppe Wagner einging. In staatlichen Gefängnissen rekrutierte die Gruppe neue Kämpfer für den Krieg in der Ukraine. Das Angebot: Sechs Monate sollen sie dort kämpfen. Wenn sie überleben, dürfen sie als freie Menschen nach Russland zurückkehren.
Immer mehr dieser früheren Häftlinge kehren nun nach Russland zurück. Und immer wieder gibt es Berichte darüber, dass sie wieder Verbrechen begehen. Erst kürzlich wurde der Fall von Igor S. bekannt, der nach seiner Rückkehr mit einem Komplizen sechs Bewohner eines Dorfes getötet haben soll.
"Sie wissen, dass die Polizei nichts unternehmen wird"
Auch viele Frauen, die Männer etwa wegen sexualisierter oder häuslicher Gewalt angezeigt hatten, fürchten sich nun vor deren Rückkehr. "Wir haben so viele Nachrichten von Menschen erhalten, die Angst haben, vor allem aus den Regionen", sagte Alena Popowa, eine russische Frauenrechtsaktivistin, dem britischen "Guardian". "Sie wissen, dass die Polizei nichts unternehmen wird, wenn die Männer, die sie gequält haben, aus dem Krieg zurückkommen und sie wieder schlagen oder sogar töten, weil diese Männer jetzt als Helden und nicht mehr als Vergewaltiger oder Mörder angesehen werden."
Die Zeitung berichtet von einem Fall aus Sibirien, der 2020 wegen seiner Grausamkeit für Schlagzeilen sorgte. Ein Mann brachte damals seine Ex-Freundin um, folterte sie vorher stundenlang. Die Nachbarn riefen die Polizei, doch die tauchte nicht auf. Die Ermittler stellten später 111 Verletzungen am Körper der Frau fest. 2022 war der Mann, Wladislaw K., zu 17 Jahren Haft verurteilt worden.
Familie fürchtet Rache
Nur wenige Monate später allerdings erhielt die Mutter der getöteten Frau Bilder von einem anonymen Account, die K. zeigten. Dazu die Nachricht: "K. ist frei und kämpft in der Ukraine." K. war offenbar unter den rekrutierten Häftlingen, nach Recherchen des "Guardians" lebt er wohl noch. Wo er sich derzeit aufhält, ist allerdings unklar.
Die Familie fürchtet nun, dass K. in ihre Stadt zurückkehren – und sich womöglich für die Aussagen vor Gericht an ihnen rächen wird.
"Sie kehren in eine Situation zurück, in der sie nun die Spielregeln bestimmen werden", sagt Frauenrechtlerin Popowa. "Sie sind alle super-traumatisiert, niemand arbeitet mit ihnen, um sie zu sozialisieren, und ich denke, es wird eine Welle von Mord, Vergewaltigung und häuslicher Gewalt geben."
- guardian.com: Russian women fear return of murderers freed to fight for Wagner
- thebarentsobserver.com: Suspect of mass murder fought in Ukraine