Bis zu minus 50 Grad Winterchaos in den USA spitzt sich zu – Dutzende Tote
Die Auswirkungen des Wintereinbruchs in den USA werden immer gravierender: Es gibt zahlreiche Tote und zeitweise weitreichende Stromausfälle.
In weiten Teilen der USA erleben die Menschen das Weihnachtsfest in außergewöhnlicher Kälte. Extreme Minustemperaturen, Eiswind und heftige Schneefälle führten vielerorts zu Stromausfällen – und forderten bereits zahlreiche Todesopfer.
Bislang seien mindestens 28 Menschen in elf Bundesstaaten im Zusammenhang mit extremer Kälte, Eiswinden und starkem Schneefall gestorben, berichtete der Sender NBC am Samstagabend (Ortszeit) unter Berufung auf Behördenangaben.
Stromausfälle und bis zu minus 50 Grad
Nach Angaben der Webseite PowerOutage waren am Samstag zeitweise mehr als 1,6 Millionen Haushalte ohne Strom, die meisten von ihnen an der Ostküste der USA. Am Sonntagmorgen (Ortszeit) waren demnach noch immer rund 170.000 Haushalte betroffen, insbesondere in North Carolina und Maine.
Die Menschen wurden aufgefordert, Strom zu sparen. Heizungen sollten so wenig wie möglich aufgedreht, Geräte wie Geschirrspülmaschinen oder Wäschetrockner möglichst nicht verwendet werden, hieß es in einer Mitteilung des Betreibers Con Edison. Diese Maßnahmen trügen dazu bei, eine ausreichende Versorgung mit Erdgas für den Rest des Wochenendes sicherzustellen. In einigen Teilen des Landes, wie etwa North Carolina, wurden Stromsperren verhängt.
Die niedrigste Temperatur wurde in der Nacht zum Sonntag mit minus 33,9 Grad Celsius im Bundesstaat North Dakota westlich der Großen Seen gemessen, wie der Wetterdienst mitteilte. Mancherorts werden jedoch bis zu minus 50 Grad erwartet.
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Menschen sollen in ihren Häusern bleiben
Die arktische Kaltfront brachte auch die Weihnachtspläne vieler Reisenden durcheinander: Die Verkehrsämter mehrerer Bundesstaaten rieten Autofahrern, lieber zu Hause zu bleiben – und das zur beliebtesten Reisezeit des Jahres.
Der US-Wetterdienst rief Reisende am Weihnachtswochenende zu äußerster Vorsicht auf und warnte vor sogenannten Whiteout-Bedingungen, also stark eingeschränkter Sicht und Orientierung durch den Schnee. Reisen unter diesen Bedingungen seien "extrem gefährlich und zeitweise unmöglich", hieß es. Zudem wurde vor den niedrigen Temperaturen gewarnt. Bereits wenige Minuten in der Kälte könnten zu Erfrierungen führen, hieß es.
Chaos an Flughäfen
Ein Paar aus Buffalo sagte der Nachrichtenagentur AFP, wegen der völlig unpassierbaren Straßen verzichte es auf die zehnminütige Fahrt zur Weihnachtsfeier mit der Familie. Viele Feuerwehrleute schickten "noch nicht einmal Fahrzeuge zu Einsätzen hinaus", sagte die 40-jährige Rebecca Bortolin. Ihr Verlobter Ali Lawson sagte, er wolle trotz seiner Rückenschmerzen lieber zu Hause ausharren: Die Fahrt ins Krankenhaus sei zu gefährlich.
Millionen Reisende saßen zudem auf dem Weg zu ihren Familien an Flughäfen fest, darunter in Atlanta, Chicago, Denver, Detroit und New York. Der Wintersturm führt nach Angaben der Website Flightaware am Samstag zur Streichung von 3.300 US-Flügen und zur Verspätung von 7.500 weiteren Flügen.
Mit Blick auf den Flugverkehr gab US-Verkehrsminister Pete Buttigieg später am Samstag vorsichtige Entwarnung. Auf Twitter schrieb er, dass "die extremsten Störungen hinter uns liegen, da sich der Betrieb der Fluggesellschaften und Flughäfen allmählich erholt".
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Bis zu acht Meter hohe Wellen im Eriesee
In Erie County, südlich der Großen Seen im Bundesstaat New York, waren die Rettungsdienste zeitweise überlastet. Bei zwei von ihnen seien die Rettungsdienste nicht rechtzeitig eingetroffen, hieß es in der "New York Times". Grund dafür sei der starke Schneefall gewesen. Nicht einmal Schneepflüge hätten die Straßen noch räumen können, hieß es.
Marc Poloncarz, der Verantwortliche aus dem Bezirk, rief auf Twitter dazu auf, nur in den "kritischsten, lebensbedrohlichsten Fällen" den Notruf zu wählen, um die Leitungen freizuhalten. Er forderte die Einwohner dazu auf, trotz Strom- und Heizungsausfällen in ihren Häusern zu bleiben. Gouverneurin Kathy Hochul entsandte die Nationalgarde in den Landkreis und in die Hauptstadt Buffalo an der Grenze zu Kanada.
Region um die Großen Seen weiterhin stark betroffen
Der US-Wetterdienst schrieb auf Twitter, dass sich das Zentrum des Sturms Richtung Norden verlagert habe und sich nun über dem Osten Kanadas befinde. Die Region um die Großen Seen ("Great Lakes") im Nordosten der USA bleibe weiterhin stark betroffen. Dort sei auch am Sonntag starker Schneefall zu erwarten, der in Kombination mit starken Windböen örtlich zu schneesturmartigen Bedingungen führen könne, hieß es.
Die Meteorologin Kelsey McEwen aus dem kanadischen Toronto schrieb im Onlinedienst Twitter, im Eriesee seien Wellen von bis zu acht Metern Höhe gemeldet worden, während am Seeufer dem NWS zufolge Windböen von bis zu 120 Kilometern pro Stunde über die Stadt Fairport Harbor im Bundesstaat Ohio hinwegfegten.
Experten: Mancherorts Voraussetzungen für "Bombenzyklone" erfüllt
Derweil kauerten im texanischen El Paso verzweifelte Migranten aus Mexiko in Kirchen, Schulen und einem Bürgerzentrum, um sich aufzuwärmen, sagte die Lehrerin und freiwillige Helferin Rosa Falcon AFP. In Chicago statteten Aktivisten Obdachlose mit warmer Kleidung aus, darunter Mäntel, Mützen, Handschuhe, Thermounterwäsche, aber auch Decken und Schlafsäcke.
Der Wintersturm hält die USA seit dem Vorweihnachtstag in Atem. Mehr als 200 Millionen Menschen hatten Unwetterwarnungen erhalten. Zunächst waren vor allem der Norden und der mittlere Westen des Landes betroffen. Doch auch in Bundesstaaten im Süden des Landes gab es Warnungen vor extremem Frost. Mehrere Bundesstaaten, darunter New York, riefen den Notstand aus.
Voraussetzungen einer "Bombenzyklone" erfüllt
US-Medien sahen unter Berufung auf Wetterexperten mancherorts die Voraussetzungen einer "Bombenzyklone" erfüllt: Das ist ein Wetterphänomen, bei dem der Luftdruck innerhalb kurzer Zeit extrem abfällt, und der die Wucht des Sturms verstärkt. Hier lesen Sie mehr dazu.
Auch in Kanada bibberten die Menschen in dem Wintersturm. Hunderttausende in Ontario und Québec waren von der Stromversorgung abgeschnitten. An den Flughäfen von Vancouver, Toronto und Montreal wurden zahlreiche Flüge gestrichen. Wegen der Entgleisung eines Zuges fielen nach Angaben der kanadischen Bahngesellschaft Via Rail alle Züge von Toronto nach Ottawa und Montreal aus.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP