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Tierschützer entsetzt | Marokkaner töten vor Fifa-Besuch massenhaft Hunde


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Tierschützer entsetzt
Marokkaner töten vor Fifa-Besuch massenhaft Hunde


Aktualisiert am 19.04.2018Lesedauer: 4 Min.
Zur Strecke gebracht: Getötete Hunde auf der Ladefläche eines Pickups in Marokko.Vergrößern des Bildes
Zur Strecke gebracht: Getötete Hunde auf der Ladefläche eines Pickups in Marokko. (Quelle: Stiftung Tierbotschafter)

Tote Hunde für die FIFA? Marokko will 2026 als Ausrichter der Fußball-WM glänzen. Gerade gerät die Bewerbung aber ins Zwielicht und Protest schlägt Wellen.

Gefühlskalte Aufräumaktion für ein klinischeres Straßenbild und bessere Chancen auf die Fußball-WM 2026? Das vermuten Tierschützer in Marokko und befreundete Organisationen in Italien und der Schweiz, nachdem Behörden angeblich Hunderte Beldies töten ließen, wie die Streuner in Marokko genannt werden. Es gibt einige Augenzeugenberichte über herzzerreißende Momente, über leidende Tiere. Die WM-Bewerbung Marokkos könnte aber auch für Tierschützer Instrument sein, mehr Aufmerksamkeit für die sinnlosen Tötungen zu bekommen.

Eindringliche Schilderungen kamen von der Mitarbeiterin einer Surfschule aus Taghazout. Nachts um 3.30 Uhr sei sie von Schüssen wach geworden, schrieb sie auf Facebook. Zwei Stunden lang dauerte das Knallen an, schrieb sie, wer protestieren, fotografieren oder filmen wollte, sei bedrängt oder bedroht worden. Es gibt dennoch viele Videos und Fotos aus der Nacht mit schwer erträglichen Bildern. Und Fotos aus den Orten Tamraght und Awrir, allesamt auch besucht von europäischen Touristen.

Die Bilder haben auch schnell Brigitte Post erreicht, Präsidentin der Schweizer Stiftung "Tierbotschafter". Tierbotschafter arbeitet eng mit Tierschützern in Agadir zusammen, gemeinsam hatten sie im März einen Erfolg verkünden können: Am 5. April wurde Milly präsentiert, der 1000. Straßenhund, der gefangen (Trap), kastriert (Neuter), geimpft und wieder frei gelassen (Release) worden.

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Diese sogenannte TNR-Methode gilt bei den Tierschützern wie bei der Weltgesundheitsorganisation WHO als Rezept, um das Hauptproblem mit den Straßenhunden zu lösen: Tollwut. Nach und nach werden die Reviere besetzt von Hunden, die keine Tollwut übertragen und keinen Nachwuchs zeugen können. Werden die Hunde dagegen getötet, kommen andere Hunde nach, dieser Kampf gilt als nicht zu gewinnen. Die Stadt Agadir finanziert mit der Organisation Tierschützer das Programm.

Und doch kamen nachts die Männer mit den Gewehren und machten Jagd auf die Hunde. Unter den toten Tieren waren auch Vierbeiner aus dem TNR-Programm, erkennbar an den Marken. Von mehreren Hundert seither getöteten Hunden berichtete Post gegenüber t-online.de. Die Zahlen seien schwer zu ermitteln, von rund 100 in einem Ort und 36 an einem anderen wisse sie konkret.

Kind durch Splitter verletzt

Die Erfolgsmeldung vom 1000. geimpften Hund war gerade erst einen Tag alt, da machte die regionale Ausgabe der "Huffington Post" das massenhafte Töten von Hunden in einem Bericht öffentlich. "Bilder, die Schatten werfen ein paar Tage vor dem Besuch der Fifa-Delegation", war dort zu lesen.

Sogar ein Kind wurde durch einen Splitter verletzt, meldete die örtliche Seite Agadirinfo. Die Tante des Neunjährigen postet ein Foto der Beinverletzung. Auch die Organisation Tierbotschafter schrieb in einer Pressemitteilung: "Anlass war der Besuch der FIFA in einigen Tagen im Rahmen der Bewerbung Marokkos um die Weltmeisterschaft ab 2026."

Fifa-Delegation seit Dienstag im Land

Die Fußball-Delegation ist am Dienstag in Marokko angekommen, am Mittwoch schaute sie sich Agadir an, einen der zwölf geplanten Spielorte. Die Orte vor den Toren Agadirs, in denen die Hunde erschossen wurden, sind bei Surftouristen beliebt, auf dem voll gepackten Besuchsprogramm der Fußball-Delegation standen sie nicht.

Auf Nachfragen von Journalisten hat der Fußball-Weltverband allgemein von Programmen berichtet, Hunde und Stadien in Einklang zu bringen. Konkret dürfe man sich nicht äußern: Das Bewerbungsverfahren läuft und eine Aussage könnte dieses beeinflussen. Die Fifa steht mit überraschenden Regeländerungen für die Austragung ohnehin im Verdacht, dass Präsident Gianni Infantino die WM lieber in den USA, Mexiko und Kanada sehen würde. Am 13. Juni entscheidet erstmals der gesamte Fifa-Kongress.

Hundetötungen auch in der Ukraine und in Russland

Es ist nicht das erste Mal, dass der Weltfußball mit Vorwürfen wegen Hundetötungen konfrontiert wird. Am Jahresanfang gab es einen Aufschrei wegen der Tötung von angeblich Tausenden Hunden in den russischen Spielorten der diesjährigen WM, zur Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine war vom "Hundemassaker" die Rede.

Aber Hunde werden in vielen Ländern nicht nur getötet, wenn gerade die Fußballtouristen einfallen. Vor zwei Jahren beschrieb die "Marokko Times" die Aufregung über eine Massentötung, im Herbst gab es Berichte über eine Tötungsaktion.

Fischer am Töten beteiligt?

Auch Post muss einräumen, dass ein Zusammenhang mit der WM-Bewerbung nicht zwingend ist. "Vielleicht hat auch jemand den Anlass genutzt." In Marokko gebe es inzwischen viele Menschen, die aufgeschlossen seien für den Tierschutz, die auch von der Methode des Einfangens statt Tötens überzeugt seien. Doch für viele Menschen sei der Hund auch noch ein unreines Tier, "die alten konservativen Kräfte möchten lieber töten".

"Agadirinfo" schrieb in seinem Bericht die Tötungen örtlichen Fischern zu, in anderen Berichten ist von uniformierten Männer die Rede. Es gibt manche Widersprüche, Verantwortliche werden genannt und von den Behörden dementiert. Aber selbst der Innenminister hat das Programm in Agadir als Vorzeigeprojekt gelobt, sagt Post.

Ihn und das Bewerbungskommitee für die WM dürfte die Aufregung von Tierfreunden stören. Inzwischen haben Europäerinnen auch zwei Petitionen mit 30.000 Unterzeichnern gestartet, eine an den Minister, eine an den König: Sie sollen das Töten beenden. Seit ein paar Tagen ist auch niemand mehr durch Schüsse und Jaulen um den Schlaf gebracht worden.

Verwendete Quellen
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