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Maskenpflicht in Deutschland: Schluss mit der Diskriminierung


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Maskenpflicht: Schluss mit der Diskriminierung

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 04.10.2022Lesedauer: 5 Min.
Geistig behinderte Frau mit FFP2-Maske (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Geistig behinderte Frau mit FFP2-Maske (Archivbild). (Quelle: imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

der Herbst ist da, die Corona-Zahlen steigen wieder, und Deutschland misst mit zweierlei Maß. Weil die Streithähne Karl Lauterbach und Marco Buschmann, Gesundheitsminister der eine, Justizminister der andere, zwar in derselben Regierung sitzen, aber gegensätzliche Pandemiekonzepte vertreten, haben sie als "Kompromiss" chaotische Regeln erlassen. Diese gelten seit dem Wochenende und stürzen Zigtausende Menschen in Gewissensnöte, Vereinsamung und Frust.

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Stein des Anstoßes ist die Masken- und Testpflicht im neuen Infektionsschutzgesetz: Während FDP-Vorkämpfer Buschmann erreicht hat, dass auf die meisten Beschränkungen in Geschäften und im öffentlichen Raum weiterhin verzichtet wird, hat SPD-Mann Lauterbach im Bahn- und Nahverkehr, in Arztpraxen und Heimen die verschärfte Maskenpflicht durchgesetzt: Jeder muss dort nun eine FFP2-Maske tragen, die bequemeren medizinischen Masken werden nicht mehr toleriert. Beim Arztbesuch mag das sinnvoll sein, in der Bahn halbwegs verständlich. Doch was die Ampelregierung den Bewohnern und dem Personal von Pflege- und Behindertenheimen zumutet, ist eine Frechheit. Sie beteuert, diese Menschen besonders schützen zu wollen, in Wahrheit bestraft sie sie jedoch.

Jeder Bürger kann sich mittlerweile durch Impfungen vor den schlimmsten Corona-Folgen schützen, auch Alte, Kranke, Behinderte. In den meisten Heimen gilt zudem die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Trotzdem verdonnern Lauterbach und Buschmann sowohl Angestellte als auch Bewohner von Heimen dazu, nun außerhalb des eigenen Zimmers jederzeit eine Maske zu tragen – auch während Therapien, auch in Gemeinschaftsräumen, auch in Werkstätten.

Die Branche läuft Sturm gegen die neuen Regeln. "Die Maskenpflicht ist ein massiver Verstoß gegen das Recht auf Selbstbestimmung und soziale Teilhabe der betroffenen Menschen", wettert Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands VdK in Baden-Württemberg. "Senioren in Pflegeheimen, Tagespflegegäste und behinderte Menschen, die in besonderen Wohnformen leben, in einer Werkstatt arbeiten oder in eine Fördergruppe gehen, müssen ab Oktober bis zu 16 Stunden pro Tag eine FFP2-Maske tragen. Durch dieses Gesetz werden bestimmte Personengruppen als vulnerabel stigmatisiert und vom gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt."

Jörn Fuchs, Geschäftsführer der Paritätischen Sozialdienste in Heidelberg, schlägt in dieselbe Kerbe: "Die Maskenpflicht wird zu einem Rückzug der Betroffenen in die Isolation führen, viele werden den Lebenswillen verlieren, wie die Isolationsmaßnahmen zu Beginn der Krise gezeigt haben. Bislang sind die Einrichtungen vergleichsweise gut durch die Corona-Krise gekommen – auch ohne FFP2-Masken bei Bewohnern. Daten hierzu liegen vor, aber weder Wissenschaft noch Politik interessieren sich dafür."

Die Evangelische Heimstiftung hält die verschärften Masken- und Testregeln für Pflegeheime gar nicht für umsetzbar. "Es ist mir völlig unbegreiflich, wie ein so grottenschlechtes Gesetz Bundestag und Bundesrat passieren konnte", schimpft Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider. "Das ist an Absurdität nicht zu überbieten: In den Festzelten fallen sich die bierseligen Menschen ohne Maske in die Arme, in den Pflegeheimen müssen Bewohner in der Wohngruppe, also in ihrem Wohn- und Esszimmer, eine FFP2-Maske tragen. Da wird mit zweierlei Maß gemessen."

Das kann man wohl sagen: Auf der einen Seite gängelt man die Schwächsten der Gesellschaft mit überharten Regeln – auf der anderen Seite tobt sich das Partyvolk ohne Masken auf dem Oktoberfest aus und setzt den ungeschützten Spaß in der Regionalbahn fort, wie unser München-Korrespondent Christof Paulus berichtet.

Seit zweieinhalb Jahren leben wir nun mit Corona. Das Virus bleibt bedrohlich, hat aber seinen Schrecken verloren. Nach vielen Tiefpunkten, Panik und Wirrungen hat sich ein wirksamer Weg durch die Krise etabliert: Impfungen schützen, Medikamente schützen, Rücksicht schützt. Deshalb ist es höchste Zeit, alle Menschen gleich zu behandeln, statt jene zu diskriminieren, die nur eine schwache Stimme haben. Ob das irgendwann auch die Ampelminister begreifen?


Was steht an?

In Berlin trifft sich der von Covid genesene Kanzler mit den Ministerpräsidenten. Sie feilschen um die Details des dritten Entlastungspakets: Die Ampelregierung verlangt von den Bundesländern, zu dem 65-Milliarden-Euro-Plan 19 Milliarden beizusteuern, hat die Länderchefs aber nicht nach deren Meinung gefragt. Das sorgte für großen Ärger in Stuttgart, München und Düsseldorf. Deshalb ist immer noch unklar, wer beispielsweise den Nachfolger des 9-Euro-Tickets bezahlen soll. Weil Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil vor der Landtagswahl am Sonntag aber unbedingt einen Erfolg braucht, werden die Streithähne sich heute vermutlich einigen. Im Zweifel macht der Bund eben noch mehr Schulden, darin haben die Ampelleute schließlich Erfahrung.

Anschließend empfängt Olaf Scholz den niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte. Dabei dürfte es um weitere Waffenlieferungen für die ukrainische Armee gehen. Deren Soldaten verzeichnen weitere Erfolge gegen die russischen Invasoren.

In Straßburg verabschiedet das Europaparlament die neue Richtlinie zu einheitlichen Ladekabeln für Smartphones, Tablets und anderes technisches Gerät. Komisches Thema, mögen Sie denken, warum muss sich die EU damit befassen? Na, weil von dem bisherigen Kabelsalat Verbraucher nur Generve, die Umwelt Probleme und die Hersteller ungerechtfertigte Gewinne haben. Außerdem geht es im Parlament um die eingefrorenen EU-Milliarden für Ungarn, die Proteste im Iran und den Zugang zu Wasser als Menschenrecht.

In Luxemburg beraten die Finanz- und Wirtschaftsminister der EU über den Vorschlag, die Corona-Wiederaufbaupläne angesichts der hohen Energiepreise "anzupassen". Im Klartext: Weil die Staaten das Geld jetzt für Gas und Öl brauchen, bleibt weniger für Digitalisierung, Schulen, Klimaschutz. Kurzfristig ist das verständlich, langfristig ist es verheerend.

In Stockholm werden die Physik-Nobelpreisträger bekannt gegeben. Auf t-online werden wir uns Mühe geben, Ihnen die Leistung der Ausgezeichneten zu erklären.

In Birmingham setzen die britischen Torys ihren Parteitag fort. Nach massivem Druck und dem Absturz des Pfunds hat die neue Premierministerin Liz Truss eine Kehrtwende vollzogen: Sie verzichtet darauf, den Spitzensteuersatz für Topverdiener zu streichen. Ob sie bald auch auf ihr Amt verzichten muss?

Apropos Großbritannien: Der große Ian McEwan hat seinen neuen Roman "Lektionen" veröffentlicht. Er handelt von Liebe, Missbrauch und Moral. Ich kann die Lektüre kaum erwarten.


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1993 gab es Gefechte mitten in Moskau. Was damals geschah, lesen Sie auf unserem Historischen Bild.


Russlands Mobilmachung hat begonnen, aber sie läuft schlecht. Putins Niederlage ist garantiert, glaubt unser Kolumnist Wladimir Kaminer.


Brasiliens rechtsradikaler Präsident hat bei der Wahl erstaunlich gut abgeschnitten; sein Herausforderer Lula geht nur mit kleinem Vorsprung in die Stichwahl. Egal, wer gewinnt, Kanzler Scholz muss sich mehr um Lateinamerika kümmern, kommentiert der "Tagesspiegel".



Was amüsiert mich?

Heutzutage werden ja die erstaunlichsten Leistungen prämiert.

Ich wünsche Ihnen einen entspannten Tag.

Herzliche Grüße,

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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