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Neue Corona-Mutationen: Können sie Impfstoffe austricksen?


Was heute wichtig ist
Das Virus schlägt zurück

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 12.01.2021Lesedauer: 6 Min.
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Mitarbeiter einer behelfsmäßigen Corona-Notaufnahme in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria.Vergrößern des Bildes
Mitarbeiter einer behelfsmäßigen Corona-Notaufnahme in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria. (Quelle: Themba Hadebe/AP/dpa-bilder)

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WAS WAR?

Seit bald einem Jahr berichten wir permanent über Corona, und wenn wir mal nicht über Corona berichten, dann berichten wir über Trump. In den Zeitungen, im Fernsehen, im Radio, im Internet: Wir Journalisten bemühen uns darum, Ihnen ein möglichst vollständiges Bild der Lage in Deutschland und der Welt zu liefern, aber natürlich unterliegen auch wir dabei Zwängen. Vielleicht der wichtigste ist der Zwang des Erfolgs: Was viele Leute interessiert, rechtfertigt besonders viele Berichte. So kommt es, dass über den Eurovision Song Contest 2020 mehr als 50.000 Artikel veröffentlicht worden sind und über die Vorstellung der neuen Playstation sogar 334.000. So haben es Medienforscher des norwegischen Unternehmens Meltwater bei der Durchsicht deutscher, englischer, französischer, spanischer und arabischer Berichte ermittelt.

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Andere Ereignisse finden sich hingegen kaum in den Medien. Dabei sind sie viel relevanter als ein Dudelwettbewerb oder eine Daddelkonsole. Weil sie Millionen Menschen betreffen, weil Notlagen vielleicht gelindert werden könnten, bekämen sie mehr Aufmerksamkeit. Daran glaubt die Hilfsorganisation Care, weshalb sie heute einen aufrüttelnden Bericht veröffentlicht: Zehn humanitäre Krisen, die 2020 keine Schlagzeilen machten. Er wirft Schlaglichter auf Weltregionen, die während der Dauerberichterstattung über die Pandemie zu kurz gekommen sind – dabei hat das Virus sie sogar noch härter getroffen als die meisten europäischen Staaten: Corona hat die Zahl der Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, um enorme 40 Prozent gesteigert – der größte jemals gemessene Sprung. Den Vereinten Nationen zufolge werden es in diesem Jahr mehr als 235 Millionen Menschen sein. Zugleich kürzen die wohlhabenden Staaten ihre Entwicklungshilfe. Sie brauchen das Geld, um ihre eigene Wirtschaft zu retten. Und dann verschärfen auch noch Hunger, lokale Konflikte und die Folgen der Klimakrise die Lage.

Das kann uns nicht kaltlassen. Wir sollten über den Tellerrand unserer Befindlichkeiten hinausblicken. Sicher: Der Corona-Schlamassel hierzulande ist schlimm. Aber andernorts trifft er Menschen noch viel härter. Wenigstens für einen kurzen Augenblick sollten wir uns das bewusst machen. Deshalb zeigt Ihnen meine Kollegin Anja Keinath heute Morgen zehn Krisen, über die wir endlich wieder sprechen sollten.


Geschichte wiederholt sich nicht. Das ist eine tröstliche Erkenntnis, wenn man bedenkt, dass vor einem Jahr der erste Corona-Tote zu beklagen war und die Seuche inzwischen fast zwei Millionen Opfer gefordert hat. Endlich haben wir jetzt eine Waffe gegen das Virus: Mit jedem Geimpften wird sie schärfer. Doch das Virus windet sich, es mutiert, es versucht sich unserem Schlag zu entziehen. Wer garantiert uns, dass uns der Sieg wirklich gelingt? Wer verhindert, dass ein resistenter Erreger den Impfschutz austrickst und sich die Geschichte am Ende doch wiederholt?

Viren mutieren ständig, dagegen kann man nichts machen. Sie vervielfältigen sich ununterbrochen und verändern die Buchstabensuppe ihres Erbguts. Diese Veränderungen verlaufen meistens folgenlos – bis das Virus irgendwann einen würdigen Gegner bekommt und sich richtig anstrengen muss. In Südafrika beispielsweise gibt es Regionen, in denen Covid-19 schlimm gewütet hat. Knapp die Hälfte der Bevölkerung hat in diesen Gegenden inzwischen eine Infektion hinter sich und ist deshalb nun mit natürlicher Immunität gesegnet, an der sich das Virus die Zähne ausbeißt. Das klingt toll, hat aber einen Haken. Denn nun packt die Evolution ihren Werkzeugkasten aus.

Viren mutieren ohne Plan. Der Zufall bringt mal diese, mal jene Veränderung hervor. Sofern die kleine Abwandlung das Virus nicht behindert, tritt die neue Variante einfach zu den bestehenden hinzu, gewinnt vielleicht ein wenig an Boden oder verschwindet wieder. Trifft das Virus jedoch auf Menschen, die die Infektion bereits durchgemacht und Immunität erworben haben, erweisen sich einige der zufälligen Veränderungen als nützlich, um sich an der menschlichen Immunabwehr vorbeizumogeln. Diese Erreger-Varianten haben einen evolutionären Vorteil erworben, sie vermehren sich schneller und setzen sich deshalb gegen andere Varianten durch.

Genau das ist vermutlich in Südafrika passiert. In der teil-immunen Bevölkerung hat sich eine Corona-Mutation durchgesetzt, von der Fachleute annehmen, dass sie womöglich zu einem gewissen Grad die Immunität austrickst. Ja, leider auch den Schutz, den die Impfung verleiht. Wir wissen das noch nicht genau, und die Analysen, die uns Gewissheit geben könnten, lassen sich leider nicht nach Belieben beschleunigen. Aber wir sollten alarmiert sein – zumal die Mutation nun auch Deutschland erreicht hat.

Wenn Sie nun denken: Um Himmels Willen, sind dann bald all die ersehnten Impfstoffe für die Katz?, kann ich Sie zumindest ein wenig beruhigen. Sind sie nicht. Im Gegenteil: Wir brauchen die Impfungen so schnell wie möglich. Denkbar ist allerdings, dass sie gegen das mutierte Virus nicht mehr ganz so famos wirken, wie wir das bisher gefeiert haben. Vielleicht werden manche Menschen trotz Spritze ein bisschen krank. Vielleicht schlägt der Impfstoff bei einigen Leuten nicht gut an. Das ist schlecht, aber noch keine Katastrophe.

Es zeigt allerdings, was wir jetzt dringend brauchen: Disziplin. Auf den ersten Schritt der südafrikanischen Mutante könnten weitere folgen, bis sich unsere Impfstoffe tatsächlich irgendwann als nutzlos erweisen. Das Virus mutiert allerdings nur dann, wenn es sich fleißig vervielfältigen kann. Umgekehrt bedeutet das: Harte Gegenmaßnahmen, niedrige Inzidenz, wenige Infektionen nehmen dem Virus die Chance, per Versuch und Irrtum neue, noch fiesere Eigenschaften auszubrüten. Ich habe es am Freitag bereits notiert: Es gibt viele gute Gründe, einen Inzidenzwert von Nullkommanull anzustreben. Die Rettung von Menschenleben steht dabei ganz oben auf der Liste, die wirtschaftlichen Vorteile und die Chance auf ein halbwegs normales Alltagsleben gehören ebenfalls dazu. Diese Strategie hilft aber auch, die Viren beim Mutieren zu blockieren. Damit Covid-19 unseren Impfkünsten nicht kurz vor knapp entwischt. Und die Geschichte sich wiederholt.


WAS STEHT AN?

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In Washington rückt Mike Pence ins Zentrum der Aufmerksamkeit: Der Vizepräsident soll seinem Chef Donald Trump vorzeitig die Macht entziehen, fordern die (noch-)oppositionellen Demokraten, andernfalls drohen sie, den Gauner im Weißen Haus ein zweites Mal per Impeachment anzuklagen. Nur bis morgen haben sie Herrn Pence Zeit zum Nachdenken gegeben. Nun haben der Präsident und sein Vize erstmals wieder miteinander gesprochen – die Zeichen stehen auf Zusammenhalt. Eine Versöhnung wird es aber vermutlich nicht geben. Pence hat mit seinem Boss gebrochen – weil der ihm den Mob auf den Leib hetzte, wie unser Korrespondent Fabian Reinbold nachzeichnet.


Zum ersten Mal in diesem Jahr kommen heute die parlamentarischen Ermittler im Wirecard-Bilanzskandal zusammen. Doch schon vor der Sitzung des Bundestags-Untersuchungsausschusses gibt es Zoff, denn die Abgeordneten haben ein Problem: Ihnen rennt die Zeit davon. Damit Kanzlerin Merkel und Finanzminister Scholz nicht im Sommer – mitten in der Zeit des Stimmenfangs vor der Bundestagswahl – vor dem Ausschuss aussagen müssen, dringen Union und SPD darauf, die Zeugenbefragung im März abzuschließen. Die Opposition regt das auf. "Ich fange nicht damit an, mich nach dem Wahlkampfkalender von Herrn Scholz zu richten", hat Linken-Obmann Fabio De Masi meinem Kollegen Florian Schmidt gesagt. "Dafür ist die Bedeutung des Falls Wirecard viel zu groß. Wir werden uns alle Zeit nehmen, die wir brauchen." Für die Regierungsparteien könnte das ungemütlich werden.


Eine Jury gibt heute das Unwort des Jahres bekannt. Von "Grippchen" bis "Corona-Diktatur" gibt es ausreichend Kandidaten.


WAS LESEN?

Der Sturm auf das Kapitol in Washington war vorhersehbar: Ein Experte hatte exakt so ein Ereignis vorhergesagt. Mein Kollege Lars Wienand hat mit ihm gesprochen und dabei den Blick auf eine deutsche Szene geworfen, die immer noch auf einen Trump-Sieg hofft.


Im Internet feiern deutsche Trump-Fans den Krawall in Washington. Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes fürchtet hierzulande eine ähnliche Eskalation, berichten die Kollegen des "Tagesspiegels".


Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow kämpfte lange gegen schärfere Corona-Regeln. Doch plötzlich kann ihm der Lockdown gar nicht hart genug sein. Irrlichtert da einer oder ist er nur konsequent? Meine Kollegen Johannes Bebermeier und Annika Leister klären Sie auf.



WAS AMÜSIERT MICH?

In diesen harten Zeiten ist es doch schön, wenn man zwischendrin mal himmelhochjauchzend tirilieren darf. Und wissen Sie was? Genau das dürfen Sie heute. Sie brauchen dafür nur Ihre Computermaus. Viel Vergnüüüüügen!

Ich wünsche Ihnen einen vergnügten Tag. Morgen kommt der Tagesanbruch von meinem Kollegen Sven Böll, am Donnerstag dann wieder von mir.

Herzliche Grüße,

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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