"Spiegel"-Interview Schulz: "Deutschland ist kein gerechtes Land"
Martin Schulz feilt an seinem Programm: In einem "Spiegel"-Interview sprach der SPD-Kanzlerkandidat über soziale Ungerechtigkeiten in Deutschland, die er bekämpfen möchte. Zudem machte er Sigmar Gabriel wenig Hoffnung auf einen Verbleib im Auswärtigen Amt.
"Millionen von Menschen fühlen, dass es in diesem Staat nicht gerecht zugeht", so Schulz. "Unternehmensgewinne und Bonuszahlungen haben ebenso zugenommen wie die Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse."
Schulz will deshalb den Arbeitsmarkt reformieren. Er kritisierte, dass manche Arbeitgeber Zeit- und Leiharbeit nutzten, um Löhne zu drücken.
Schulz will großes Vermögen höher besteuern
Handlungsbedarf sieht der 61-Jährige auch im Wohnungsbau. Wir haben über einen sehr, sehr langen Zeitraum den gesamten Immobilienbereich den Spekulanten überlassen. Das war falsch."
Auch bei der Besteuerung von großen Vermögen will Schulz nachlegen: "Die Menschen, die mit harter Arbeit ihr Geld verdienen, dürfen nicht schlechtergestellt sein als die, die nur ihr Geld für sich arbeiten lassen."
Einen Seitenhieb auf seinen Parteifreund Sigmar Gabriel konnte sich Schulz nicht verkneifen: Er bezweifle, dass der den Posten des Außenministers lange behalten könne. Er selbst strebe das Amt des Bundeskanzlers an, "und weil ich nicht davon ausgehe, dass wir die absolute Mehrheit gewinnen, wird möglicherweise ein Koalitionspartner den Posten des Außenministers beanspruchen."
Partei deutlich im Aufwind
Die realistischste Chance für Schulz, ins Kanzleramt einzuziehen, wäre aktuellen Umfragen zufolge eine Koalition mit Grünen und Linken. Dafür fehlt derzeit aber eine Mehrheit.
Die Nachfolge von Gabriel als SPD-Chef soll der bisherige Europa-Politiker und langjährige Präsident des EU-Parlaments auf einem Parteitag Mitte März antreten. Ihr Wahlprogramm mit konkreten Maßnahmen will die SPD im Mai beschließen. Durch die Kanzlerkandidatur von Schulz sind die Sozialdemokraten seit Tagen im Aufwind: Neben zahlreichen Neueintritten verbucht die Partei auch deutlich steigende Umfragewerte für sich.