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CDU-Fraktionschef Kauder will Griechenland-Abweichler bestrafen


Griechenland-Debatte in der Union
Kauder will Abweichler bestrafen

spiegel-online, Von Philipp Wittrock

09.08.2015Lesedauer: 3 Min.
CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder droht Griechenland-Abweichlern in den eigenen Reihen unverhohlen.Vergrößern des Bildes
CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder droht Griechenland-Abweichlern in den eigenen Reihen unverhohlen. (Quelle: dpa-bilder)

60 Unionsabgeordnete verweigerten der Kanzlerin bei der Griechenland-Rettung die Gefolgschaft - inakzeptabel für Volker Kauder. Der Fraktionschef will die Nein-Sager kaltstellen. Die haben für die Drohung kein Verständnis.

Der 17. Juli war für Volker Kauder kein guter Tag. Der Mann ist Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, als solcher hat er dafür zu sorgen, dass die 311 Abgeordneten geschlossen hinter ihrer Kanzlerin stehen, wenn es drauf ankommt. An jenem Tag aber wollten 60 Parlamentarier nicht so, wie Angela Merkel wollte. Sie sagten Nein zu Verhandlungen über ein neues Hilfspaket für den Pleite-Kandidaten Griechenland, fünf weitere enthielten sich.

Kauder muss das wurmen. Zwar gab es bei jeder Griechenland-Abstimmung im Bundestag Abweichler im eigenen Lager. Aber nie zuvor waren es so viele. Und bald steht das nächste Votum an, womöglich noch bei einer Sondersitzung in der parlamentarischen Sommerpause - das dritte Hilfsprogramm soll bald ausverhandelt sein. Grund genug für Kauder, mitten in die Urlaubsruhe eine deutliche Warnung an die Rebellen zu schicken.

"Fraktion entsendet Kollegen"

Kauder droht den Nein-Sagern unverhohlen mit Strafe, mit dem Entzug wichtiger Posten. "Diejenigen, die mit Nein gestimmt haben, können nicht in Ausschüssen bleiben, in denen es darauf ankommt, die Mehrheit zu behalten: etwa im Haushalts- oder Europaausschuss", warnt Kauder in der "Welt am Sonntag". "Die Fraktion entsendet die Kollegen in Ausschüsse, damit sie dort die Position der Fraktion vertreten."

Der Unions-Fraktionschef erinnert die Abweichler an die Fraktionsdisziplin. Auch die 60 Kollegen hätten der Fraktionsordnung zugestimmt, in der stehe: "Wir diskutieren, streiten und stimmen ab, aber am Schluss muss die Minderheit mit der Mehrheit stimmen." Zwar bestimme jeder selbst, was für ihn eine Gewissensfrage ist. "Aber ich werbe dennoch für Geschlossenheit. Das hat auch mit dem Korpsgeist zu tun, den eine gute Truppe haben sollte."

Kauders offene Warnung per Interview zeigt, wie angespannt die Stimmung in der Unionsfraktion ist. Wenn 20 Prozent der eigenen Abgeordneten die Gefolgschaft verweigern, dann ist das ein kleiner, gefährlicher Aufstand, der sich zur echten Rebellion ausweiten kann. 20 oder 30 Abweichler wie bisher, das war gerade noch erträglich. Aber nun hat sich die Zahl der Nein-Sager auf einen Schlag verdoppelt, etliche weitere zweifeln. Zwar ist die Mehrheit dank der Großen Koalition nicht in Gefahr, doch dass die SPD fast geschlossen für die Griechenland-Rettung stimmt, macht die Sache für die Union noch ärgerlicher.

"Drohung beeindruckt mich nicht"

Im Lager der Rettungskurs-Gegner stößt Kauder mit seinen Worten jedoch auf Unverständnis. "Das ist eine Drohung, die ich nicht nachvollziehen kann und die mich auch nicht beeindruckt", sagt CDU-Wirtschaftsexperte Christian von Stetten "Spiegel Online". Der Chef des großen Unions-Parlamentskreises Mittelstand will bei seiner Linie bleiben. "Weder die Systemrelevanz Griechenlands für die Eurozone, noch die notwendige Schuldentragfähigkeit konnte bis jetzt nachgewiesen werden. Außerdem ist der IWF nicht bereit mitzufinanzieren", sagt von Stetten. "Alles Gründe, das dritte Griechenlandrettungspaket weiterhin abzulehnen."

Auch andere, die zuletzt mit Nein gestimmt haben, zeigen sich im Gespräch verärgert über die Ansage der Fraktionsspitze, die sie im Urlaub oder im Wahlkreis erreicht. Doch sie wollen nicht noch weiter Öl ins Feuer gießen und verzichten auf eine öffentliche Reaktion.

Sanktionen nicht neu

Dass ein abweichendes Abstimmungsverhalten für die Karriere nicht förderlich ist, ist nicht neu. Bisher allerdings wurden die Sanktionen eher diskret verhängt. So saß der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch, der in Sachen Griechenland-Rettung zu den Kritikern der ersten Stunde gehört, mehr als zehn Jahre im einflussreichen Haushaltsausschuss, in der vergangenen Wahlperiode sogar als Obmann für die Unionsfraktion. Doch nach der Bundestagswahl 2013 war Schluss, die Fraktionsspitze fand für Willsch nur einen Platz im Wirtschaftsausschuss. Auch andere Abgeordnete mussten sich neue Aufgaben abseits der Europapolitik suchen.

Willsch reagiert am Sonntag fast schon mit Sarkasmus auf Kauders Drohung. "Das ist doch wenigstens ein ehrliches Wort! Nach der Neuwahl 2013 wurde immer noch behauptet, unser Rausschmiss aus dem Haushaltsausschuss hätte mit unserem Abstimmungsverhalten nichts zu tun", sagt Willsch "Spiegel Online". Er werde weiter dafür kämpfen, dass die "unsinnige 'Retterei' ein Ende findet".

Dass der Druck auf die Abweichler zunimmt, hatte sich zuletzt bereits angedeutet. CDU-Generalsekretär Peter Tauber hatte Parteifreunden vorgeworfen, ihr Nein zu einem "Geschäftsmodell" zu machen. Vor allem die CDU-Abgeordneten Erika Steinbach und Wolfgang Bosbach verwahrten sich öffentlich gegen den Vorwurf.

Immerhin müssen die beiden keine Konsequenzen der Fraktionsführung mehr fürchten. Bosbach hat wegen seiner Ablehnung des Griechenland-Kurses den Vorsitz des Bundestags-Innenausschusses niedergelegt. Steinbach will 2017 nicht mehr für den Bundestag kandidieren.

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