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Heizungsgesetz gestoppt: Wie die Ampel in die nächste Krise schlitterte


Abstimmung über Heizungsgesetz gestoppt
Heilmann verteidigt sich: "Habe Ampel Gefallen getan"

Von t-online, reuters, afp, dpa, das

Aktualisiert am 06.07.2023Lesedauer: 5 Min.
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Umstritten: Das Heizungsgesetz wurde per Eilantrag gestoppt. (Quelle: reuters)

Die Ampel wollte am Freitag unbedingt ihr Heizungsgesetz im Bundestag verabschieden. Doch daraus wird nichts. Wie kam es dazu – und wie geht es jetzt weiter?

Die Politiker der Ampelkoalition traf die Entscheidung offenbar aus heiterem Himmel: Am Mittwochabend, 21.30 Uhr, verkündete ein Tweet des Bundesverfassungsgerichts, dass das lange diskutierte Gebäudeenergiegesetz – kurz auch Heizungsgesetz genannt – nicht am kommenden Freitag verabschiedet werden kann. Zu diesem Zeitpunkt feierte die SPD-Fraktion gerade ihr Sommerfest, und da mussten sich Bundeskanzler Olaf Scholz und sein Stab offenbar eilig zu Beratungen zurückziehen.

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Auch nach der Entscheidung des Gerichts konnten die Ampelfraktionen am Abend noch nicht einen neuen Fahrplan vermelden. Denn endgültig erledigt ist das Gesetz mit der Entscheidung noch nicht. Doch wie geht es jetzt weiter? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen:

Was hat das Bundesverfassungsgericht entschieden?

Das Gericht entschied per Eilverfahren, dass der Bundestag die Abstimmung über das Heizungsgesetz nicht mehr in der laufenden Sitzungswoche durchführen darf. Ursprünglich hatte die Ampel geplant, dass über das Gesetz am morgigen Freitag abgestimmt werden soll – und damit am letzten Tag, bevor der Bundestag in die Sommerpause geht. Die nächste offizielle Sitzungswoche wird danach erst wieder im September stattfinden.

Gegen das Verfahren geklagt hatte der Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann von der CDU. Er hatte die Klage damit begründet, dass er seine Rechte als Abgeordneter durch das Verfahren verletzt sehe. Die Ampel hatte im Vorfeld lange um die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes gestritten, aber trotzdem daran festgehalten, das Gesetz unter allen Umständen noch vor der Sommerpause zu beschließen.

Eilantragsteller Heilmann sah daher "massive Mängel" an dem Gesetz und beklagte eine "unzulässige Fristverkürzung", die es ihm als Abgeordneten unmöglich mache, die Vorlage zu prüfen. Heilmann hatte das Verfahren bei Einreichung des Eilantrags Ende Juni als "verfassungswidrig" bezeichnet und der Ampelkoalition vorgeworfen, mit einem "Last-Minute-Gesetzespaket" die Wärmewende zu ruinieren. Dem gab das Gericht jetzt vorerst Recht. Die Richter urteilten dabei im Stimmverhältnis von 5:2 für den CDU-Mann.

Was bedeutet ein Urteil im Eilverfahren?

In einem Eilverfahren entscheidet das Bundesverfassungsgericht aus Zeitgründen noch nicht abschließend über eine Klage. Das wird in Zukunft noch in einem Hauptsacheverfahren entschieden. Vielmehr ist die Entscheidung dabei eine Abwägungssache. In dem konkreten Fall stellte sich das Gericht grob folgende Frage: Ist theoretisch der Schaden größer, wenn das mögliche verfassungswidrige Gesetzgebungsverfahren weiter fortgesetzt wird, oder ist es sinnvoller, das Verfahren vorerst zu stoppen?

Das Gericht entschied sich für Zweiteres. Unter anderem wurde auch damit argumentiert, dass das Gesetz ab dem 1. Januar 2024 gelten soll. Theoretisch ist das auch weiter möglich, denn dafür ist es nicht erforderlich, dass das Gesetz vor der Sommerpause beschlossen werden muss. Wichtig ist auch: Es wurde nicht über Inhalte des Gesetzes geurteilt, sondern lediglich über das Verfahren.

Was sollte das Heizungsgesetz regeln?

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Ökoenergie betrieben werden muss. Damit soll die Wärmewende vorangebracht werden – als Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele. Von den rund 41 Millionen Haushalten heizt zurzeit nahezu jeder zweite mit Erdgas, ein weiteres Viertel mit Heizöl. Es sollen aber keine funktionierenden Öl- und Gasheizungen ausgetauscht werden müssen. Außerdem sollen defekte Heizungen repariert werden dürfen. Umweltverbände kritisieren, dass aufgrund von Schlupflöchern noch jahrelang weiter Gasheizungen neu eingebaut werden dürften. Mehr zu den konkreten Vorgaben des Entwurfes lesen Sie hier.

Laut Klimaschutzgesetz muss Deutschland den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis 2030 gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 um 65 Prozent senken. Zurzeit beträgt die Minderung laut Umweltbundesamt rund 41 Prozent. Bis 2045 muss verbindlich Klimaneutralität erreicht werden.

Wochenlang hatten die Ampelpartner über das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) gestritten. Vor allem die FDP brachte Bedenken an. Zunächst hatte das Kabinett den Gesetzentwurf beschlossen. Aber noch vor der ersten Lesung im Bundestag vereinbarte die Ampel weitere Änderungen, die sie in teils vage formulierten "Leitplanken" festhielt – ein sehr ungewöhnliches Verfahren, das dazu führte, dass eine erste Expertenanhörung zu dem zu diesem Zeitpunkt schon veralteten ursprünglichen Gesetzentwurf stattfand.

Wer ist Thomas Heilmann?

Der gebürtige Dortmunder trat 1980 in seiner Heimatstadt in die CDU ein, machte aber zunächst Karriere in der Unternehmensberatung bei McKinsey und später vor allem als Investor und Gründer in der Start-up-Branche: Zu den Firmen, an denen Heilmann beteiligt war, zählten etwa das Karriereportal Xing oder Facebook. Ende der Neunzigerjahre beriet Heilmann dann die spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel und wurde zum ehrenamtlichen Internetbeauftragten der Partei.

Ab 2009 brachte sich Heilmann dann stärker in der Berliner Landespolitik ein: Zwischen 2012 und 2016 war er in der Hauptstadt Senator für Justiz- und Verbraucherschutz, ehe er 2017 in den Deutschen Bundestag gewählt wurde. Dort ist er derzeit unter anderem Landesgruppenchef für die Berliner CDU und Mitglied im Ausschuss für Klima und Energie. Gleichzeitig ist er auch Vorsitzender der Klima-Union, einem Verein, der sich innerhalb der Unionsparteien für mehr Klimaschutz einsetzt.

Im Streit um das Heizungsgesetz betonte der CDU-Politiker zuletzt, dass er mit seiner Entscheidung nicht das Gesetz per se kippen wolle: "Ich will das Gesetz besser machen, nicht es verhindern. Dass wir aktiv werden müssen, ist ja angesichts des Klimawandels gar keine Frage. Aber überhastet sollte es nicht geschehen", sagte Heilmann am Dienstag im Gespräch mit t-online. Es gehe ihm stattdessen um das Verfahren und darum, dass es den Bundestagsabgeordneten in der kurzen Zeit nicht möglich sei, das Gesetz in Gänze zu bewerten und Verbesserungen vorzunehmen.

Ampel "einen Gefallen getan"

"Vielleicht hat der ein oder andere hier erwartet, dass ich hier mit Triumphgeheul antrete", sagte Heilmann am Morgen nach der Entscheidung des Gerichts auf einer Pressekonferenz in Berlin. Das sei nicht der Fall. Der CDU-Politiker kritisierte, dass es generell immer mehr "Mangel an Sorgfalt" in den Gesetzgebungsverfahren im Bundestag gebe. Er habe dafür in den vergangenen Monaten unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges Verständnis gehabt. Allerdings sei der große Zeitdruck mittlerweile nicht mehr gegeben.

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Heilmann räumte allerdings ein, dass es bereits schon früher ähnlich knappe Zeitrahmen bei der Entstehung von Gesetzen gegeben habe. Allerdings setze er sich schon länger für Änderungen in der Gesetzgebung ein. Er nannte das Urteil "einen Weckruf aus Karlsruhe". Das Parlament sollte die Entscheidung jetzt dazu nutzen, um generell die Verfahren in der Gesetzgebung anzupassen.

Der CDU-Mann argumentierte, dass die Ampel ohne seine Klage möglicherweise ein Gesetz mit einem verfassungswidrigen Verfahren verabschiedet hätten. Dadurch wäre es denkbar gewesen, dass das Bundesverfassungsgericht in Zukunft das Heizungsgesetz komplett hätten kippen können. Dieser Schaden wäre aus Sicht des CDU-Politikers noch größer gewesen: "Insofern habe ich der Ampel einen Gefallen getan." In dem Zusammenhang nannte der Politiker den Gesetzesentwurf eine "Gag-Novelle."

Wie geht es mit dem Gesetz jetzt weiter?

Konkret haben die Ampelparteien jetzt zwei Möglichkeiten: Sie könnten jetzt eine Sondersitzung im Bundestag einberufen. Dadurch müssten die Abgeordneten während der Sommerpause zusammenkommen und über den Gesetzesentwurf entscheiden. Ansonsten wäre eine Entscheidung ab September wieder möglich, wenn die Abgeordneten regulär wieder in Berlin zusammenkommen.

Aus der SPD-Fraktion hieß es am Donnerstagmorgen, man werde die Einberufung einer solchen Sondersitzung prüfen. Der SPD-Abgeordnete Timon Gremmels erklärte auf Twitter: Alle bräuchten Planungssicherheit. "Daher sollten wir Sondersitzung des Bundestags in der Sommerpause prüfen." Die Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann erklärte im Deutschlandfunk, die Fraktionsspitzen würden sich kurzfristig auf das weitere Verfahren verständigen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
  • bundesverfassungsgericht.de: "Erfolgreicher Eilantrag gegen die Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens zum Gebäudeenergiegesetz"
  • bundestag.de: "Thomas Heilmann, CDU/CSU"
  • heilmann.berlin: "Meine politische Laufbahn"
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