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Christine Lambrechts Rücktritt | Pressestimmen: "Das ist der eigentliche Skandal"


Pressestimmen zu Lambrecht
"Das ist der eigentliche Skandal"

Von dpa, dm

Aktualisiert am 17.01.2023Lesedauer: 3 Min.
imago images 0198986751Vergrößern des Bildes
Verteidigungsministerin Lambrecht kommt nicht gut weg bei deutschen Medien. (Quelle: IMAGO)

Nach 13 Monaten Amtszeit tritt Christine Lambrecht zurück. Die deutsche Presse zieht Bilanz – und geht mit der Sozialdemokratin hart ins Gericht.

Mit knappen Sätzen und einem Seitenhieb auf die Medien hat Christine Lambrecht (SPD) am Montag ihren Rückzug als Verteidigungsministerin erklärt. Am Ende war der Druck zu groß: Lambrecht wurde von Anfang an ein kaum verhohlenes Desinteresse an ihrem Amt nachgesagt, hinzu kamen Patzer und peinliche Auftritte in der Öffentlichkeit. Politische Beobachter hatten die Ex-Justizministerin schon lange angezählt, die Frage sei lediglich gewesen, wie lange Kanzler Olaf Scholz (SPD) sich das noch ansehen werde.

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Nun also der Paukenschlag. Während die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin laut dem Kanzler schon fast abgeschlossen ist, beschäftigt sich die deutsche Presse mit dem Erbe Lambrechts. Ein Überblick:

"Westfälische Nachrichten": "Die Bundeswehr hat in den vergangenen Jahren einige Verteidigungsminister ertragen müssen, die nicht erfolgreich waren. Die Folge der anschließenden Fehlbesetzungen ist eine Truppe, der es so ziemlich an allem mangelt. Vor diesem Hintergrund trifft die Kritik an Lambrecht auch den Bundeskanzler: Olaf Scholz hat seine glücklose Ministerin viel zu lange im Amt wurschteln lassen. (...) Dass der Kanzler viel zu lange an seiner fürs Amt ungeeigneten Parteifreundin festhielt, ist der eigentliche Skandal in diesem unrühmlichen Kabinettstück."

"Handelsblatt": "Bei Lambrecht war vor allem eines ausschlaggebend für ihren Rücktritt: Sie hatte vom Militär keine Ahnung und fand nie einen Zugang zu den Soldatinnen und Soldaten. Im Ukrainekrieg mit all seinen Verwerfungen wirkte sie wie eine Getriebene. Der Rücktritt war überfällig. Auch wenn Lambrecht geht – die Probleme bleiben. Sie oder er muss die von Kanzler Scholz ausgerufene "Zeitenwende" mit Leben füllen, die Bundeswehr reformieren und vor allem: das Vertrauen wieder aufbauen."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Die beste Entscheidung traf Christine Lambrecht am Schluss. Nach etwas mehr als einem Jahr an der Spitze des Verteidigungsministeriums hat auch sie selbst eingesehen, was vielen ihrer Untergebenen, und nicht nur diesen, längst klar war: dass sie die Falsche für dieses Amt ist und das Amt das falsche für sie.

"Insbesondere wenn stimmt, dass Lambrecht schon länger an Rücktritt dachte, ist schwer zu verstehen, warum der Kanzler und seine Partei seit dem ersten Pfeifen der Berliner Spatzen Tage brauchen, um die Nachfolge zu regeln. (...) Eher schien es schwierig zu sein, eine Person zu finden, die all die Kriterien des Kanzlers erfüllt, darunter offenbar weiter die Geschlechterparität im Kabinett. Auch Scholz selbst steht unter Druck: Einen zweiten Missgriff kann er sich nicht leisten."

"Reutlinger General-Anzeiger": "Natürlich ist das Verteidigungsressort ein Haifischbecken. Zudem war es nie das Lieblingsressort der früheren Justizministerin. Doch Lambrecht hätte den Ministerposten einfach ablehnen und wie ursprünglich angekündigt aus der Bundespolitik ausscheiden können. Stattdessen siegte der Machtwille. Nun bleibt zu hoffen, dass jemand ins Verteidigungsministerium einzieht, dem die Truppe wirklich am Herzen liegt."

"Berliner Zeitung": "Lambrecht hat regelmäßig Erklärungen versendet, in denen Mücken zu Elefanten wurden. Meist wurden diese Kleinigkeiten großspurig verkündet. (...) Unvergessen sind in diesem Kontext die Helme anstelle von schweren Waffen für die Ukraine – ein internationaler Witz. Die kaputt gesparte Bundeswehr tröstete sie mit Schutzwesten. Wer über ein ganzes Jahr lang so und ähnlich auftritt, muss sich nicht wundern, wenn er oder sie hämische Schlagzeilen bekommt.

"Lambrechts Parallelwelt garnierten dann aber auch noch seltsame Auftritte. Der Sohn der Ministerin im Bundeswehr-Flieger, der Truppenbesuch in Mali in Pumps und zuletzt ein euphorisches Silvestervideo vor knallender Kulisse, während in der Ukraine scharf und in Berlin auf Rettungskräfte mit Schreckschusswaffen geschossen wurde. Die Ministerin zeigte kein Gefühl für ein angemessenes Auftreten."

"Nürnberger Zeitung": "Der neue Chef oder die Chefin muss das überbürokratisierte und von Lobbyinteressen durchwirkte Verteidigungsministerium endlich vom Kopf auf die Füße stellen. Dazu braucht es an der Spitze eine Person mit Durchsetzungsvermögen und Autorität. Sie muss zugleich in der Truppe, in der Bevölkerung, in der Partei, in der Regierung und der Industrie Respekt genießen und den vollen Rückhalt der Partei haben. Sind diese Voraussetzungen gegeben, sollte bei der Amtsausübung weder die Karriere noch ein möglicher Wahlsieg am Ende der Legislaturperiode im Vordergrund stehen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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