Besuch in Kiew Scholz: "Die Ukraine gehört zur europäischen Familie"
Gleich vier EU-Staats- und Regierungschefs sind in die Ukraine gereist – und machen Wolodymyr Selenskyj ein großes Versprechen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich dafür starkgemacht, der Ukraine und ihrer kleinen Nachbarrepublik Moldau den Status von EU-Beitrittskandidaten zuzusprechen. "Deutschland ist für eine positive Entscheidung zugunsten der Ukraine. Das gilt auch für die Republik Moldau", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. "Die Ukraine gehört zur europäischen Familie", ergänzte er. Seine Rede beendete er mit den Worten: "Die Ukraine soll leben. Slawa Ukrajini", übersetzt: "Ruhm der Ukraine".
Scholz war an diesem Donnerstag gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsidenten Mario Draghi nach Kiew gereist, Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis war ebenfalls in die ukrainische Hauptstadt gekommen. Auch sie sprachen sich nach dem Treffen mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj für einen "sofortigen" EU-Kandidatenstatus für die Ukraine aus. "Auf jeden Fall unterstützen wir den Beitrittsstatus der Ukraine zur Europäischen Union", sagte Macron bei der Pressekonferenz. Dieser Beitrittsstatus werde von einem Fahrplan begleitet und außerdem die Situation der westlichen Balkanstaaten berücksichtigen.
Iohannis plädiert für Beitrittsstatus auch für Georgien
Iohannis plädierte mit Nachdruck dafür, nicht nur der Ukraine und Moldau, sondern auch Georgien den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu verleihen. "Der Ukraine, der Republik Moldau und Georgien nächste Woche beim Europäischen Rat einen EU-Kandidatenstatus zu garantieren, ist wesentlich dafür, ein starkes und dauerhaftes Schild um unsere Werte herum zu bauen".
Es sprach von einem Wendepunkt der europäischen Geschichte. "Außergewöhnliche Zeiten verlangen eine außergewöhnliche strategische und visionäre Antwort", sagte Iohannis. "Es geht um unsere Fähigkeit, in unserer Nachbarschaft Sicherheit und Stabilität zu planen. Es gibt keine Zeit zum Zaudern."
Die EU-Kommission will an diesem Freitag eine Empfehlung zu einem Kandidatenstatus der Ukraine vorlegen, die Entscheidung muss einstimmig getroffen werden, voraussichtlich beim EU-Gipfel am 23. und 24. Juni in Brüssel.
Frankreich will weitere Artillerie-Systeme liefern
Macron hat zudem angekündigt, sechs zusätzliche Panzerhaubitzen an die Ukraine liefern zu wollen. "Zu den zwölf Caesar, die bereits geliefert sind, sollen in den kommenden Wochen sechs weitere hinzukommen." Dabei handelt es sich um Artilleriegeschütze, die auf Lastwagen montiert sind. Sie sind für ihre relativ einfache Handhabung bekannt. Europa stehe an der Seite der Ukraine bis zu deren Sieg, betonte Macron.
Scholz sicherte der Ukraine weitere Waffenlieferungen zu, machte aber keine neuen konkreten Zusagen. "Wir unterstützen die Ukraine auch mit der Lieferung von Waffen, und wir werden das weiterhin tun, solange die Ukraine unsere Unterstützung benötigt", sagte Scholz. Er verwies auf die angekündigten Lieferungen von "Gepard"-Flugabwehrpanzern, des Luftabwehrsystems "Iris-T", des Ortungsradars "Cobra" und von Mehrfachraketenwerfern.
Draghi fordert Korridor im Schwarzen Meer
Draghi forderte, die Blockade der ukrainischen Häfen durch Russland unter einer Koordination der Vereinten Nationen zu beenden. Das russische Militär lässt derzeit Schiffe aus der Ukraine mit Getreide nicht auslaufen. Vor allem ärmere Länder, etwa in Afrika, sind dringend auf diese Lieferungen angewiesen. "Der einzige Weg ist eine Resolution der Vereinten Nationen, um die Korridore im Schwarzen Meer zu regeln", sagte Draghi. Russland lehnt dies bislang ab.
Iohannis warf Russland wegen der Blockade Erpressung vor. "Ich verurteile mit Nachdruck, dass Russland Getreide in eine Waffe verwandelt, mit derartig globalen Folgen". Rumänien bemühe sich, über den Schwarzmeerhafen Constanta sowie über den gemeinsamen Grenzstrom Donau eine effiziente Ausweichroute für die ukrainischen Exporte zu schaffen, sagte Iohannis.
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters