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Talk bei Maischberger: Maas und Weidel streiten über Messerattentat


Hitziger Maischberger-Talk
Intimfeinde Maas und Weidel streiten über Messerattentat

Meinungt-online, Marc L. Merten

Aktualisiert am 30.11.2017Lesedauer: 4 Min.
Die Messerattacke von Altena, das eigentliche Thema der Maischerberger-Sendung, ging gelegentlich im Streit zwischen Alice Weidel und Heiko Mass unter.Vergrößern des Bildes
Die Messerattacke von Altena, das eigentliche Thema der Maischerberger-Sendung, ging gelegentlich im Streit zwischen Alice Weidel und Heiko Mass unter. (Quelle: imago-images-bilder)

Erst Henriette Reker in Köln, nun Andreas Hollstein in Altena: Wenn Bürgermeister dem Tod nur knapp von der Schippe springen, kann etwas in unserem Land nicht stimmen. Deswegen fragte Sandra Maischberger am Mittwochabend: Woher kommt diese Gewalt?

Die Gäste

Andreas Hollstein (Bürgermeister von Altena): "Wir suchen Sündenböcke in verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Das muss aufhören."

Heiko Maas, SPD (Bundesjustizminister): "Die AfD nimmt billigend in Kauf, dass es nicht nur zu verbaler, sondern auch zu körperlicher Enthemmung kommt."

Alice Weidel, AfD (Fraktionsvorsitzende): "Es gibt eine Gewaltspirale von Asylanten. Das dürfen wir nicht verschweigen."

Christian Pfeiffer (Kriminologe): "Die AfD erfindet Realitäten, um daran politische Forderungen aufzustellen."

Jan Fleischhauer („Spiegel“-Autor): "Die, die AfD gewählt haben, sind mit der Flüchtlingspolitik unzufrieden. Demokratietheoretisch ist es gut, dass diese Menschen jetzt eine Stimme im Bundestag haben."

Das Thema

Am Montagabend wurde im Sauerland Andreas Hollstein mit einem Messer angegriffen. Nach der Attacke auf den CDU-Politiker wollte Sandra Maischberger von ihren Gästen wissen: Warum kommt es zu diesen Übergriffen? Gibt es einen Zusammenhang mit der liberalen Flüchtlingspolitik der vergangenen Jahre? Heizen Populisten die politische Stimmungslage im Land an?

Die Fronten

Es war schon fast amüsant, was Sandra Maischberger wenige Minuten vor Ende ihrer Sendung fragte: "Was können wir zur Versachlichung der Debatte beitragen?" Nun, wenn die ARD wirklich an einer sachlichen Debatte interessiert gewesen wäre, dann hätte sie nicht die Intimfeinde Heiko Maas und Alice Weidel eingeladen. Beide sind dafür bekannt, sich spinnefeind zu sein. Während der SPD-Minister von der AfD am liebsten ins Gefängnis befördert werden würde, verteufelt Maas die rechtspopulistische Partei mit den immer gleichen Plattitüden. Das wollte Maischberger offenbar, und sie bekam es. Es klang alles wieder nach Wahlkampf. An einer sachlichen Diskussion war offenbar die Gastgeberin selbst gar nicht erst interessiert.

Tiefpunkt des Abends

So war der Tiefpunkt des Abends schnell erreicht, als sich Maas und Weidel in einem unübersichtlichen, weil unverständlichen Dialog ausklinkten und sich monatealte Vorwürfe an den Kopf warfen.

Mann des Abends

Natürlich stand die Geschichte von Andreas Hollstein im Mittelpunkt. Der CDU-Politiker sprach von den seelischen Problemen, die überwiegen durch den Angriff. Von der Dankbarkeit für die Besitzer der Dönerbude, die Hollstein das Leben retteten. Von Hassbriefen, die er daraufhin bekam – wenn seine Frau "deutsch kochen würde, müssten Sie nicht zum Dönerladen". Auf solche Entwicklungen wolle er nun aufmerksam machen. Das tat er ruhig, sachlich, ohne Polemik oder Hass. Hollstein ging es nicht um Kriminalstatistiken, sondern "um niederschwellige Konflikte im Alltag", Beleidigungen in E-Mails, bei Facebook, in Gesprächen hinter dem Rücken anderer. "Das ist keine Frage der Kriminalstatistik, sondern eine Frage der Menschlichkeit." Es müsse aufhören, nach Sündenböcken in anderen Bevölkerungsgruppen zu suchen. Besonders die Menschen in der medialen Öffentlichkeit müssten da aufpassen. "Das Gift, das Menschen säen, findet Eingang in simple Gemüter. Diese simplen Gemüter sind keine Täter. Die Täter sind die Brunnenvergifter." Natürlich ging es auch um die AfD, und natürlich erklärte Hollstein, dass die AfD „Argumentationsmuster gegen Flüchtlinge liefert, die solche Handlungsmuster rechtfertigen“. Doch Hollstein bemühte sich auch hier ausgewogen zu antworten. So sprach er das große Ganze an. "Wenn bei Fußballspielen von Kindern abgetrennte Blöcke für die Eltern eingerichtet werden müssen, müssen wir darüber gesellschaftlich diskutieren." Das war die Verrohung der Gesellschaft, die Maischberger auch im Thema angesprochen hatte – und dann nahezu völlig überging.

Versuch des Abends

Interessant war der Bericht des durchaus streitbaren Jan Fleischhauer, der per Selbstversuch sich als AfD-Sympathisant bei Facebook ausgegeben hatte und wissen wollte, wie die Facebook-Algorithmen das Leben dieser Menschen beeinflusst, wenn das Soziale Netzwerk den User als AfD-Sympathisanten identifiziert. Es ging um das Nachrichtenangebot, das Facebook für den individuellen User maßgeschneidert konfektioniert. „In diese Welt fällt kein Sonnenstrahl mehr“, sagte Fleischhauer. "Es gibt Videos von arabischen Menschen, die auf einen deutschen Jungen einschlagen. Es gibt eine Nachricht, dass an einem Bahnhofskiosk keine Bratwürste mehr verkauft werden, sondern nur noch Halal-Spieße. Wenn ich als User glaube, dass das die Nachrichtenlage ist, dann schaue ich in die Süddeutsche Zeitung, finde es nicht wieder und fühle: Das muss Lügenpresse sein. Das ist eine bedrohliche Entwicklung."

Was offen bleibt

Diese bedrohliche Entwicklung ist nicht neu. Facebook verweigert sich erfolgreich seit Jahren, für Fake News und strafrechtlich relevante Inhalte verantwortlich zu sein. Die rechtlichen Strukturen machen es möglich, das deutsche und das EU-Recht waren bislang machtlos. Heiko Maas glaubt, mit dem neuen Netzwerkdurchsetzungsgesetz genau das bewirken zu können: Facebook zum Löschen krimineller Inhalte zu zwingen. Kritiker wie Alice Weidel sehen darin einen Eingriff in die Meinungsfreiheit und damit einen Verstoß gegen das Grundgesetz. Doch genau das war – genauso wie die Flüchtlingsdebatte, die am Mittwochabend in Teilen wieder aufkam – eben jener Streit, der schon seit Monaten andauert und zwischen den Intimfeinden noch lange ausgetragen werden wird.

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