G20-Staaten einig Der Handelskrieg ist vorerst abgeblasen
Der befürchtete große Krach ist ausgeblieben. US-Präsident Donald Trump hat in Hamburg nicht ernst gemacht mit seiner geplanten Abschottungspolitik. Dennoch hinterlässt er in der Abschlusserklärung deutliche Spuren – auch beim Thema Klimaschutz.
Die führenden Industrie- und Schwellenländer bekennen sich in Hamburg zum freien Handel und gegen Protektionismus. Allerdings wird "die Rolle legitimer Verteidigungsinstrumente im Handel" anerkannt, wie Diplomaten mitteilten.
Mit der Kompromissformel in der Abschlusserklärung konnte ein Eklat verhindert werden. Bis zuletzt war fraglich, ob US-Präsident Donald Trump sich wegen seines "America-First"-Kurses gegen Abschottung aussprechen wird. Das endgültige G20-Kommuniqué soll am Samstagnachmittag verabschiedet werden.
US-Regierung setzt weiter auf fossile Energien
Beim Klimaschutz sei eine Einigung weiter offen, hieß es. Strittig ist noch eine Passage, die die USA aufnehmen wollen. Es geht dabei um amerikanische Unterstützung für andere Länder bei der sauberen Nutzung fossiler Energien wie Flüssiggas. Das Geschäft wollen die Amerikaner zum eigenen Nutzen ankurbeln.
Klimaschützer laufen hier Sturm, weil fossile Energien eigentlich auslaufen müssen, wenn die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden sollen. Sie dürften sich allerdings freuen, dass sich nach dem geplanten Ausstieg der USA aus dem Klimaabkommen alle anderen G20-Staaten weiter zu den Vereinbarungen klar bekennen.
Im Vorfeld des G20-Gipfels hatte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter im Interview mit t-online.de gefordert, beim Thema Klimaschutz Härte gegenüber den USA zu zeigen. "Die Bundesregierung sollte beim G20-Gipfel zeigen, dass die Verweigerung der USA beim Klimaschutz Konsequenzen hat. Sie sollte aufhören, Trump bei Handelsfragen hinterherzulaufen. Handelsabkommen darf es nur mit Ländern geben, die beim Klimaschutzabkommen mit dabei sind", sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag.
Trump beharrt auf "legitimen" Gegenmaßnahmen
Nach dem Dokument, auf das sich Unterhändler in der Nacht zu Samstag einigten, sprechen sich die G20 für einen "wechselseitigen und gegenseitig vorteilhaften Rahmen für Handel und Investitionen aus" und den Grundsatz der Nichtdiskriminierung aus. Die G20 wollen "den Kampf gegen Protektionismus einschließlich aller unlauterer Handelspraktiken" fortsetzen.
Wegen Trumps Abschottungspolitik und seines nationalistischen "America-First"-Kurses war ein klares Bekenntnis auch der Amerikaner gegen Protektionismus lange unklar. Freihandel und offene Märkte sind auch im Kreis der führenden Wirtschaftsmächte inzwischen keine Selbstverständlichkeit mehr.
Hintergrund ist auch die Befürchtung der G20-Partner, dass die USA trotz aller Lippenbekenntnisse protektionistische Strafzölle gegen Stahlimporte verhängen - wegen angeblicher Dumpingpreise und einer möglichen Bedrohung der nationalen Sicherheit. Der Hinweis im G20-Papier auf "Verteidigungsinstrumente im Handel" dürften die Amerikaner durchgesetzt haben.
Allerdings ist der Zusatz wichtig, wonach es sich um "legitime" Gegenmaßnahmen handeln muss. Genau dies ist umstritten. Aus Sicht der Europäer und Deutschlands wären Strafzölle gegen Stahlimporteure ungerechtfertigt und würden gegen Regeln der Welthandelsorganisation WTO verstoßen. Es war befürchtet worden, dass Trump Strafzölle auf dem Gipfel verkündet.
Chinesische Stahlhersteller am Pranger
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte vor dem Treffen den USA klar mit Gegenmaßnahmen gedroht. Sollten Washington Stahlimporte aus Europa mit protektionistischen Maßnahmen belegen, werde die Kommission schnell und angemessen zu antworten wissen. Erwartet werden Strafzölle der Europäer etwa auf US-Agrarimporte. Dies würde amerikanische Farmer treffen, die als eine Kernklientel Trumps gelten.
In der G20-Erklärung werden der internationale Handel und Investitionen als wichtige Motoren für Wachstum, Produktivität, Innovation, Schaffung von Arbeitsplätzen und Entwicklung genannt: "Wir werden die Märkte offen halten und die Bedeutung des gegenseitigen und einvernehmlich vorteilhaften Handels anerkennen sowie den Grundsatz der Nicht-Diskriminierung..."
Der Hinweis auf Verteidigungsinstrumente geht über die Erklärung der die G7-Gruppe der führenden westlichen Industrieländer im Mai in Taormina auf Sizilien hinaus. Die G7-Länder USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Kanada hatten dort vereinbart, gegen "unlautere Handelspraktiken" vorzugehen.
Vor allem chinesische Stahlhersteller stehen in Washington am Pranger - allerdings auch bei der EU. Die USA haben zudem deutsche und andere europäische Stahlkocher ins Visier genommen. US-Handelsminister Wilbur Ross hatte Deutschland und Europa mit einer schärferen Gangart gegen als "unfair" eingeschätzte Importe gedroht.
Auf G20-Ebene ging es bisher darum, die weltweiten Überkapazitäten beim Stahl abzubauen. Dazu hatten die G20 vor etwa einem Jahr ein globales Forum gegründet - also mit China als Hauptverursacher der Überkapazitäten. Das vor etwa einem Jahr eingerichtete Forum müsse aber schneller arbeiten, hatte Kanzlerin Angela Merkel am Rande des G20-Gipfels gefordert. Sie hofft, dass so eine Spirale gegenseitiger Strafzölle noch verhindert wird.