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Bundeswehr: Deutschland stellt streng geheimen Verteidigungsplan auf


Deutschland stellt Verteidigungsplan auf
"Hoffentlich keine Landung von russischen Fallschirmjägern"

Von dpa
25.01.2024Lesedauer: 4 Min.
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Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr: Deutschland bereitet sich auf Bedrohungslagen vor. (Quelle: IMAGO/imago)
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Was passiert, wenn etwas passiert? Deutschland reagiert auf die neue Sicherheitslage und stellt erstmals seit dem Kalten Krieg wieder einen umfassenden Verteidigungsplan auf. Nun soll schnell gehandelt werden.

Mit einer besseren Vernetzung zu Sicherheitsbehörden, Katastrophenschutzorganisationen und Industrieunternehmen stellt sich die Bundeswehr auf eine gesamtstaatliche Verteidigung Deutschlands ein. Dazu werde ein neuer Operationsplan Deutschland (OPLAN) erstellt, der festlege, wie im Spannungs- und Verteidigungsfall gemeinsam vorgegangen werden solle, sagte der Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos, Generalleutnant André Bodemann, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

"Der Operationsplan Deutschland leitet sich von der aktuellen Sicherheits- und Bedrohungslage in Deutschland und in Europa insgesamt ab", sagte Bodemann. "Das soll ein Plan sein, der ausführbar und durchführbar ist, also nicht ein Hirngespinst, ein Gedankenkonzept, sondern tatsächlich etwas Handfestes, was am Ende auch funktionieren kann."

Plan soll Ende März fertig sein

Über das in den Details streng geheime und Hunderte Seiten umfassende Dokument soll am Mittwoch auf einem Symposium in Berlin mit Polizeibehörden, Bevölkerungsschützern, dem THW, Wissenschaftlern, der Energie- und Logistikbranche sowie Alliierten beraten werden. Der Plan soll bis Ende März fertig sein und fortgeschrieben werden. Deutschland hat dann erstmals seit dem Kalten Krieg wieder einen aktuellen und umfassenden Verteidigungsplan.

Doch die Lage in Europa ist anders als vor 30 Jahren, als Deutschland Frontstaat war. Nun ist Deutschland in der "rear area", wie die Nato sagt, also im hinteren Bereich. "Das bedeutet, ich erwarte jetzt nicht die Panzerschlacht in der norddeutschen Tiefebene, hoffentlich auch keine Luftlandung von russischen Fallschirmjägern", so der General. "Aber unsere kritischen Infrastrukturen, die Häfen, die Brücken, die Energieunternehmen, die werden natürlich bedroht durch Sabotageakte, vielleicht auch durch Spezialkräfte, die eingesickert sind und versuchen, hier genau diese kritischen Infrastrukturen zu stören."

Die Militärs erwarten vier Bedrohungen, die teils schon jetzt zu beobachten seien, darunter Fake News und Desinformation. Der Gegner werde versuchen, Regierungsentscheidungen, die Meinung der Bevölkerung und vielleicht auch der Medien zu beeinflussen. Zudem werden Angriffe im Cyberraum erwartet, gegen Energieunternehmen und die Telekommunikation.

Vor Sabotage und Spionage schützen

Das Dritte sind gezielte Ausspähungen. "Und der vierte Teil, gegen den wir uns jetzt schon wappnen müssen, ist ganz klar Sabotage auch durch beispielsweise Spezialkräfte, durch irreguläre Kräfte, die versuchen, das ein oder andere unbrauchbar zu machen, um damit den Aufmarsch zu behindern oder zu verhindern", sagte der General. Zudem könne die kritische Infrastruktur Ziel von ballistischen Raketen der anderen Seite sein. An einem Schutzschirm werde gearbeitet.

Wie solche Angriffe auf die Infrastruktur ablaufen können, beobachten die westlichen Verbündeten in der Ukraine. Dabei gehen die Bundeswehrplaner davon aus, dass ein größerer Teil der eigenen Kräfte von der Nato zur Abschreckung und Verteidigung an der Ostflanke des Bündnisses gebraucht werde und in Deutschland selbst nicht eingeplant werden könne. "Ich muss diesen Schutz aber sicherstellen. Das mache ich mit den neu aufzustellenden Heimatschutzkräften. Wir bauen gerade sechs Regimenter auf, aber in der Ableitung aus dem Operationsplan Deutschland wollen wir klar feststellen, wie viel brauchen wir tatsächlich", sagte Bodemann.

Die Aufgabe Deutschlands werde es sein, die Aufmarschwege für Verbündete zu unterhalten und die Konvois zu versorgen ("Host Nation Support"). Dazu laufen bereits jetzt verstärkte Übungen. Die seit dem Krieg deutlich verkleinerte Bundeswehr wird also verstärkt zivile Unternehmen einbinden oder einbinden müssen und setzt dabei auf sogenannte Vorhalteverträge für eine maximale zivile Leistungserbringung. Konkret bringen dann die Tanklaster ziviler Unternehmen den Diesel an die Fahrstrecken.

Vermehrt zivile Unternehmen einbinden

"Wir hatten das in den 80er Jahren nicht nur bei der Versorgung mit Betriebsstoffen", erinnert sich Bodemann. "Logistikunternehmen, Transportunternehmen, Bauunternehmen hatten Fahrzeuge, die hatten einen extra Fahrzeugschein. Die wussten, wenn es zu einem Krieg kommt, dann gehören dieser Lkw, diese Planierraupe, dieser Bagger der Bundeswehr und da gibt es einen Fahrer, der das auch fahren kann. All das ist wieder neu zu denken."

Die Militärplaner, die vor knapp einem Jahr mit den Arbeiten an dem OPLAN begonnen haben, könnten sich dabei nur begrenzt auf frühere Konzepte stützen. "Wo noch verfügbar, haben wir auch zurückgegriffen auf alte Überlegungen aus dem Kalten Krieg, aus den 80er Jahren. Was hat man getan? Wie hat man es getan? Warum hat man es getan?", sagte der General. "Aber die Welt hat sich verändert. Das heißt, die alten Verteidigungspläne Deutschlands sind nicht eins zu eins übertragbar. Das ist keine Blaupause mehr."

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Verteidigungsplan soll nur abschrecken

Es gebe Entwicklungen der Waffentechnik, die Digitalisierung, die gesamte Cyberthematik und damit verbunden auch neue Bedrohungen. Und: "Die Trennung zwischen äußerer und innerer Sicherheit ist nicht mehr so eindeutig, wie sie noch vor etlichen Jahren war", sagte der General. "Wir müssen uns viel mehr vernetzen, wir müssen viel mehr austauschen."

Dabei steht die Gesamtverteidigung auf zwei Säulen. Bevölkerungs- und Zivilschutz sind die Aufgabe des Bundes, des Bundesinnenministeriums sowie der Bundesländer. Die Bundeswehr übernimmt den militärischen Anteil. Belastungstaugliche Arbeitsweisen zu finden, ist Teil der Aufgabe. Dass viele Szenarien unterhalb von Artikel 5 ("Bündnisfall") liegen, macht es nicht einfacher.

Vielfach ist nicht mal der Bund zuständig, sondern womöglich zunächst die Bundesländer – und der Föderalismus hat sich bei letzten Krisen nicht als besonders schnell und handlungsfähig erwiesen. Was Bodemann betont: "Diese Verteidigungsplanung ist in erster Linie auf Abschreckung ausgerichtet. Wir tun etwas, damit erst gar nicht ein Konflikt, ein Krieg entsteht."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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