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Thüringen gibt grünes Licht für Prozess gegen Björn Höcke


Anklage wegen Nazi-Parole steht bevor
Immunität von Thüringens AfD-Chef Höcke aufgehoben

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 21.04.2023Lesedauer: 3 Min.
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Björn Höcke: Wegen einer Rede in Merseburg steht ihm eine Anklage bevor.Vergrößern des Bildes
Björn Höcke: Wegen einer Rede in Merseburg steht ihm eine Anklage bevor. (Quelle: IMAGO/Foto: Sven Ellger)

Björn Höcke kann wegen der Verwendung einer SA-Parole in einer Rede vor Gericht gestellt werden. Der Landtag in Thüringen hat den Weg dafür frei gemacht.

Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke wird offenbar erstmals wegen einer mutmaßlich volksverhetzenden Äußerung angeklagt. Nach einer entsprechenden Entscheidung des Thüringer Landtags kann die Staatsanwaltschaft in Halle Anklage erheben. Der Justizausschuss hat am Freitag nach Informationen von t-online beschlossen, dass die Aufhebung von Höckes Immunität auf die Anklage erweitert wird. Ermittelt werden durfte gegen den Landtagsabgeordneten bereits, aber für diesen weiteren Schritt musste ebenfalls eingewilligt werden. Lediglich die drei Ausschussmitglieder der AfD stimmten dagegen.

Mit der Anklageerhebung könnte es jetzt schnell gehen. Bei der Staatsanwaltschaft Halle/Saale, die sich mit der Immunitätsfrage Ende Februar an den Landtag gewandt hatte, stehen die Ermittlungen "vor dem Abschluss", wie ein Sprecher t-online sagte. Mit dieser Anfrage teilt die Staatsanwaltschaft nach t-online-Informationen mit, dass sie eine Verurteilung Höckes für überwiegend wahrscheinlich hält.

Ein Satz aus einer Höcke-Rede im Mai 2021

Der Justizausschuss hatte Höckes Schutz vor Strafverfolgung bereits mehrfach zeitweilig ausgesetzt, um Ermittlungen gegen ihn zu ermöglichen. Aufhebungen der Immunität 2015 und 2020 hatten nicht zu Anklagen geführt.

In dem Verfahren, in dem jetzt Anklage erhoben werden kann, hatte die Staatsanwaltschaft ermittelt, seit der Justizausschuss in Thüringen dafür im November 2021 sein Einverständnis gegeben hatte. Es geht zurück auf den Satz "Alles für Deutschland", mit dem Höcke im Mai 2021 eine Wahlkampfrede in Merseburg beendet hatte. Das Motto war als Losung auf die Dolche der Sturmabteilung (SA) des Dritten Reichs graviert, die Verwendung ist strafbar.

Verbotene Formulierungen

Dass Hitlergruß und "Heil Hitler" verboten sind, ist weithin bekannt. Doch es gibt eine Reihe weiterer Grüße und Losungen, deren Verwendung strafbar sein kann. Die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus gibt dazu auf ihrer Seite einen Überblick:
Mit Deutschem Gruß (Briefformel)
Ein Volk, ein Reich, ein Führer (Losung der NSDAP) Deutschland erwache (Losung der NSDAP)
Alles für Deutschland (Losung der SA)
Meine/Unsere Ehre heißt Treue (Losung der SS)
Blut und Ehre (Losung der Hitler-Jugend)
Rotfront verrecke (Gegen den kommunistischen Roten Frontkämpferbund in der Weimarer Republik gerichtete Parole)

Den Satz zu verwenden, hatte bereits anderen AfD-Politikern Ermittlungen eingebracht, so dem stellvertretenden AfD-Landesvorsitzenden aus Sachsen-Anhalt, Kay-Uwe Ziegler. Er hatte angegeben, die historischen Hintergründe nicht gekannt zu haben.

Geschichtslehrer Höcke wird das kaum glaubhaft behaupten können. Außerdem gab es Monate vor seinem Ausspruch in einer durchorchestrierten Rede bereits Wirbel um Zieglers Äußerung. Bei Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihn hatte Höcke kein Unrechtsbewusstsein gezeigt, sondern diese zum Anlass genommen, den Anzeigeerstatter anzugreifen: "Daß mich ein antideutscher Grüner wegen dieser Passage angezeigt hat, verwundert mich nicht – der Selbsthaß treibt wundersame Blüten", schrieb er auf Facebook. Angezeigt hatte ihn Sebastian Striegel, damaliger Landesvorsitzender der Grünen in Sachsen-Anhalt.

Striegel, heute Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen Landtagsfraktion, sagt jetzt t-online: "Auch für den Rechtsextremen Björn Höcke gilt die Unschuldsvermutung". Dass die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung wegen volksverhetzender Aussagen aber für überwiegend wahrscheinlich halte, sei ein wichtiger Schritt. "Verfassungsfeinden mit dem Recht zu kommen, das ist bei Höcke offensichtlich notwendig."

Björn Höcke spricht von "Fauxpas"

Höcke sprach nach Bekanntwerden der Entscheidung davon, ihm sei ein "Fauxpas" unterlaufen. Er habe "spontan" seine Rede mit den Worten: "Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland!" beendet. Dabei habe er sich auf den Slogan der örtlichen AfD "Alles für unsere Heimat!" bezogen. Es habe sich um eine "bloße rhetorische Figur" gehandelt, die er "ohne jeden Vorsatz der 'Verhetzung' ausgesprochen habe. Die Stellungnahme veröffentlichen neurechten Magazine in voller Länge.

Zu seiner Verteidigungslinie gehört offenbar, dass er von den früheren Ermittlungen gegen seine Parteifreunde wegen der gleichlautenden Äußerungen nichts mitbekommen haben will: Er lese "seit Jahren praktisch keine etablierte Presse mehr", in dem konkreten Fall bedauere er den "medialen Konsumverzicht". Höcke beklagt sich in dem Statement, dass sein Fall beim Landgericht und nicht beim Amtsgericht angeklagt werden solle. Damit entfalle eine Instanz.

Verwendete Quellen
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