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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder stellt sich bei AKW quer – Ministerin kontert


"Ignoriert Verfassungsrecht"
Söder will AKW weiter betreiben – Ministerin kontert

Von dpa, reuters, afp, t-online
Aktualisiert am 16.04.2023Lesedauer: 3 Min.
imago images 0242348516Vergrößern des Bildes
Er fordert eine AKW-Gesetzesänderung für Bayern und bekommt dafür nun Gegenwind: Ministerpräsident Markus Söder (CSU). (Quelle: IMAGO/Ernst Wukits)

Die Ära der Atomenergie in Deutschland ist vorbei. Doch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder stellt sich quer. Nun reagiert Umweltministerin Steffi Lemke.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wegen dessen Forderungen in der Atompolitik eine Missachtung der Rechtslage vorgeworfen. "Es ist geradezu bedrückend, wie ein Ministerpräsident genehmigungs- und verfassungsrechtliche Fragen und Aspekte der nuklearen Sicherheit so leichtfertig ignoriert", sagte Lemke der Süddeutschen Zeitung (Montagsausgabe). "Die Zuständigkeit für die Atomkraft liegt nach dem Grundgesetz beim Bund. Deshalb können die Länder die Überwachung der Atomkraftwerke lediglich in Bundesauftrag vornehmen."

Die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland – die Anlagen Isar 2 in Bayern, Neckarwestheim in Baden-Württemberg und Emsland in Niedersachsen – waren am Samstagabend nach gut sechs Jahrzehnten vom Netz gegangen. Söder verlangt jedoch vom Bund "eine eigene Länderzuständigkeit für den Weiterbetrieb der Kernkraft". Konkret forderte er die Bundesregierung auf, den Meiler Isar 2 in Landesverantwortung weiterbetreiben zu dürfen.

Bayern fordert Gesetzesänderung

Bayern will allerdings Atomkraftwerke wie das AKW Isar 2 in Landesverantwortung weiter betreiben. Vom Bund verlangt Ministerpräsident Markus Söder dafür eine Änderung des Atomgesetzes. "Bayern fordert deshalb vom Bund eine eigene Länderzuständigkeit für den Weiterbetrieb der Kernkraft. Solange die Krise (bei der Energieversorgung infolge des Ukraine-Kriegs) nicht beendet und der Übergang zu den Erneuerbaren nicht gelungen ist, müssen wir bis zum Ende des Jahrzehnts jede Form von Energie nutzen", sagte er der "Bild am Sonntag".

Bayern wolle als Vorreiter in die Forschung zur Kernfusion und den Bau eines eigenen Forschungsreaktors einsteigen, bekräftigte Söder. Dies könne gern in Zusammenarbeit mit anderen Ländern geschehen. Zudem brauche es dringend eine nationale Forschungsstrategie für eine Nutzbarkeit des Atommülls. Man sei es künftigen Generationen schuldig, nicht nur über ein Endlager in ferner Zukunft zu diskutieren, sondern auch innovative Pläne für eine verantwortungsvolle und technologische Lösung zu entwickeln.

Sondermüllfrage müsste für Bayern gesondert geklärt werden

Dass die Ampelkoalition darauf eingeht, gilt als so gut wie ausgeschlossen. Denn dann wäre unter anderem die Frage der Endlagerung des in Bayern weiter produzierten Atommülls gesondert zu klären. Bei der bundesweiten Suche nach einem Endlager für den bisher angefallenen Atommüll steht Bayern bereits jetzt auf der Bremse, sobald es um eine Lösung auf dem Gebiet des Freistaats geht.

Schon in einem am Donnerstag erschienenen Interview mit "Focus online" hatte Söder die Abschaltung der letzten drei AKWs in Deutschland kritisiert und erklärt, das ergebe zu diesem Zeitpunkt aus pragmatischen Gründen keinen Sinn. Auf die Frage, wie er diesen Prozess noch stoppen wolle, hatte er gesagt, sollte die Union die nächste Bundestagswahl gewinnen, "sollte es eine Verlängerung der Kernenergie geben".

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Kernkraft in Deutschland

Vor gut 62 Jahren war Deutschlands erstes Atomkraftwerk im unterfränkischen Kahl in den kommerziellen Betrieb gegangen. Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 setzte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den endgültigen Ausstieg aus der Technologie in Deutschland durch. Eigentlich hätten die Meiler demnach schon Ende vergangenen Jahres vom Netz gehen sollen. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine entschied die Ampel-Koalition ihres Nachfolgers Olaf Scholz (SPD) nach wochenlanger Diskussion im Herbst jedoch, die drei Meiler über den Winter bis Mitte April weiterlaufen zu lassen.

Mit dem Ausstieg beginnt nun eine neue Energiezeitrechnung: Kernkraftgegner feierten den historischen Schritt am Samstag mit Festen in Berlin und anderswo. Mehrere Hundert Menschen kamen zu einem "Abschaltfest" nach Neckarwestheim und auch in München veranstalteten der Bund Naturschutz und Greenpeace ein "Atomausstiegsfest". Im niedersächsischen AKW-Standort Lingen demonstrierten Hunderte Atomkraftgegner gegen die dort ebenfalls ansässige Brennelementefabrik ANF, die zum französischen Framatome-Konzern gehört, und forderten auch deren Schließung.

Betroffenheit über den Ausstieg herrschte hingegen am Atomkraftwerk Isar 2 im bayerischen Essenbach. Für die Mitarbeiter des Meilers ist das Abschalten nach Angaben des Vorsitzenden des Konzerns Preussen-Elektra, Guido Knott, ein emotionaler Moment: "Heute endet nach 50 Jahren die Stromproduktion aus Kernenergie bei Preussen-Elektra. Das geht uns allen sehr nahe, und das macht auch mich persönlich sehr betroffen."

Der Konzern hatte zuvor den Ablauf genau erklärt, der für alle drei Meiler quasi gleich ist: Nach der Trennung vom Stromnetz sollte der Reaktor etwa innerhalb einer Viertelstunde abgeschaltet werden. Danach wird er "kaltgefahren". Das bedeutet, dass die Temperatur in der Anlage innerhalb von etwa zwölf Stunden auf Umgebungstemperatur gesenkt wird. Etwa neun Stunden nach der Abschaltung sollte über dem Kühlturm kein Dampf mehr zu sehen sein.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters, dpa und AFP
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