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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Habecks Heizpläne Wer soll das bezahlen?
Hausbesitzern graut es vor den Kosten für den Wärmepumpen-Einbau. Der Staat verspricht zwar Milliardenförderungen – aber einen Plan dafür gibt es noch nicht.
Deutschland diskutiert über die Wärmewende. Seitdem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Ende Februar seinen Entwurf für ein neues Gebäudeenergiegesetz vorlegte, ist die Aufregung groß: Vor allem Eigenheimbesitzer sehen hohe Kosten auf sich zukommen.
Der Staat müsse unterstützen, fordert deshalb Habeck: "Klimaneutralität darf und wird nicht zu einem sozialen Problem werden." Er spricht von einem "milliardenschweren Programm". Wie das umgesetzt werden soll, ist allerdings noch offen. Nur eines scheint klar: Billig wird die Wärmewende nicht.
Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf geeinigt, dass ab 2025 neu eingebaute Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Angesichts der Öl- und Gaskrise infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine verständigten sie sich im vergangenen Jahr darauf, die Wärmewende "möglichst" um ein Jahr vorzuziehen.
Im Februar war in besagtem Gesetzesentwurf aus Habecks Ministerium von "möglichst" jedoch keine Rede mehr. Stattdessen stand dort: Schon Ende dieses Jahr soll Schluss sein mit dem Einbau neuer Gas- und Ölheizungen. Millionen Deutsche fragen sich nun: Was soll das alles kosten?
Bis zu 20.000 Euro Anschaffungskosten – trotz Förderung
Für den Austausch von Gas- oder Ölheizung gibt es mehrere Alternativen, die dem geplanten Gesetz entsprechen (mehr dazu lesen Sie hier). Für Privateigentümer dürfte allerdings die Wärmepumpe die erste Wahl sein. Sie rechnet sich langfristig, jedoch könnten die Anschaffungskosten viele Eigentümer überfordern. Hier finden Sie einen Überblick über die zu erwartenden Kosten.
Daher gibt es bereits jetzt Möglichkeiten, sich vom Staat bei der Finanzierung unter die Arme greifen zu lassen. Mit Förderung des zuständigen Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kommen dann allerdings noch immer zwischen 10.000 und 20.000 Euro auf Hausbesitzer zu.
Im vergangenen Jahr genehmigte das BAFA Förderanträge für 200.000 Wärmepumpen, die alte Heizungsanlagen ersetzen. Bis 2024 hat sich die Bundesregierung das Ziel von rund 500.000 neu installierten Wärmepumpen pro Jahr gesetzt – der Förderbedarf wird also deutlich steigen.
"Bürgerinnen und Bürger nicht überfordern"
Und das ist auch so gewollt. Das Bundeswirtschaftsministerium teilt auf t-online-Anfrage mit: "Da nicht jeder Haushalt in der Lage ist, die Investitionskosten für eine neue Heizungsanlage zu stemmen", müsse die Pflicht zum erneuerbaren Heizen mit passenden Fördermaßnahmen einhergehen. "Ziel der Förderung ist es, sicherzustellen, dass die Kosten einer Wärmepumpe insbesondere einkommensschwache Haushalte und Bürgerinnen und Bürger mit mittleren Einkommen nicht überfordern."
Das Problem bei alldem: Mit dem Einbau einer Wärmepumpe ist es oft nicht getan. So sind die Anlagen zwar äußerst energieeffizient, allerdings braucht es eine gute Wärmedämmung und große Heizflächen, etwa in Form großer Heizkörper oder als Fußbodenheizung. Sonst lässt sich mit einer Wärmepumpe kaum dieselbe Raumtemperatur erreichen wie mit einer Gas- oder Ölheizung.
Somit kann vor allem für Eigentümer älterer Gebäude der Austausch der Heizung zu einer größeren Sanierung werden, samt Kosten im höheren fünfstelligen Bereich. Der Förderbedarf wird also hier ebenfalls absehbar steigen.
Mehr Geld oder Umverteilen?
Es geht folglich um sehr viel Geld. Entsprechend groß müssten daher die Fördertöpfe sein, die Habeck jetzt einrichten will. Doch noch ist offen, wie er sie füllen will.
Eine Möglichkeit wäre, die "Bundesförderung für effiziente Gebäude" (BEG) auszubauen, aus der auch jetzt schon die Fördermittel für Wärmepumpen stammen. Sie wurde vergangenes Jahr reformiert und auf energetische Sanierungen ausgerichtet. 18 Milliarden Euro wurden 2022 dafür bewilligt. Für das Jahr 2023 stehen voraussichtlich 12,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Auch in den darauffolgenden Jahren rechnet das Wirtschaftsministerium mit einer jährlichen Summe von etwa 12 bis 13 Milliarden Euro.
Die Summe pro Jahr ist also gesunken. Trotzdem versichert das Ministerium: Durch die Umstrukturierung im Zuge der Reform seien bei der Sanierungsförderung keine Abstriche gemacht worden. Es sollen mehr Menschen Zugang zu den staatlichen Zuschüssen erhalten. "In Zukunft bekommt der oder die Einzelne etwas weniger an Förderung als vorher, aber dafür können viele Menschen von den Förderprogrammen profitieren", so Habeck.
Habeck will Einkommensstaffelung
Einer von Habecks Hebeln, um mehr Förderung zu ermöglichen: Er plant, die Fördermöglichkeiten an das Einkommen der Antragssteller anzupassen. Anfang März sagte er dazu: "Wenn man eine Villa für zehn Millionen saniert, wird man da auch eine Wärmepumpe einbauen können."
Dennoch stellt sich die Frage, ob das Fördergeld am Ende ausreicht – und ob es nicht an anderer Stelle fehlen wird. Denn der Sanierungstopf speist sich aus dem sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF): ein Sondervermögen, das über mehrere Jahre läuft und nicht Teil des regulären Bundeshaushalts ist.
Bis 2026 soll der KTF 200 Milliarden Euro umfassen. Damit werden zum Beispiel Klimaschutzmaßnahmen, Ladeinfrastruktur für E-Autos oder die Abschaffung der EEG-Umlage finanziert. Fließt mehr Geld aus dem Fonds in die Sanierungsförderung, gibt es also womöglich weniger für andere Klimaprojekte.
Und es gibt noch eine Herausforderung, die gerade ganz akut den Streit um den Staatshaushalt betrifft: Habeck strebt zusätzlich mehr Steuerermäßigungen bei energetischen Sanierungen an – was dafür sorgen würde, dass der Fiskus weniger Geld einnimmt.
Hoher Bedarf – unklare Finanzierung
Fest steht: Die Rechnung der Wärmewende ist eine Gleichung mit vielen Unbekannten. Auch wenn die Absicht von Wirtschaftsminister Robert Habeck klar ist – niemand soll durch die neue Vorschrift finanziell überfordert werden –, sind die dahinterstehenden Summen bisher nicht zu beziffern.
Genaue, abgestimmte Pläne zur Finanzierung gibt es offenbar noch nicht. Das zeigt auch der Gesetzesentwurf: An den betreffenden Stellen steht lediglich: "wird nachgereicht". Aus Habecks Haus heißt es, man arbeite parallel zum Entwurf an den Fördermöglichkeiten. Sobald das Gesetz gilt, soll also die entsprechend überarbeitete Förderung ebenfalls stehen.
- Anfragen beim Bundeswirtschaftsministerium
- bmwk.de: "Bundeswirtschaftsministerium legt Reform der Gebäudeförderung vor - Fokus auf Sanierung und Vereinfachung der Antragstellung durch klarere Zuständigkeiten"
- bmwk.de: "'Wohlstand klimaneutral erneuern' – Habeck legt Werkstattbericht vor"
- bmwk.de: "Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)"
- Nachrichtenagentur dpa