Um Entlassung gebeten Verteidigungsministerin Lambrecht tritt zurück
Nach langanhaltender Kritik ist Christine Lambrecht zurückgetreten. Die Suche nach ihrem Nachfolger läuft bereits auf Hochtouren.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) ist zurückgetreten. Am Montag bestätigte sie ihre Entscheidung offiziell, nachdem mehrere Medien bereits am Freitag von entsprechenden Plänen erfahren hatten. Sie habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) um Entlassung gebeten, hieß es in einer Erklärung der Ministerin, die der Deutschen Presse-Agentur aus dem Verteidigungsministerium vorlag.
"Die monatelange mediale Fokussierung auf meine Person lässt eine sachliche Berichterstattung und Diskussion über die Soldatinnen und Soldaten, die Bundeswehr und sicherheitspolitische Weichenstellungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands kaum zu", schreibt Lambrecht demnach. "Die wertvolle Arbeit der Soldatinnen und Soldaten und der vielen motivierten Menschen im Geschäftsbereich muss im Vordergrund stehen. Ich habe mich deshalb entschieden, mein Amt zur Verfügung zu stellen." Sie danke allen, "die sich jeden Tag für unsere Sicherheit engagieren und wünsche ihnen von Herzen alles erdenklich Gute für die Zukunft."
Wie t-online bereits in der vergangenen Woche erfahren hatte, war die Stimmung im Verteidigungsministerium zuletzt auf einem Tiefpunkt angekommen. Lambrecht habe sich immer weiter isoliert, selbst von engsten Mitarbeitern.
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Kanzler nimmt Bitte Lambrechts an
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm die Bitte Lambrechts um ihre Entlassung an, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Scholz wolle "zeitnah" über die Nachfolge entscheiden.
"Der Bundeskanzler respektiert die Entscheidung von Frau Lambrecht und dankt ihr für die gute Arbeit, die sie in dieser schwierigen und herausfordernden Zeit als Verteidigungsministerin geleistet hat", sagte Hoffmann. "Der Bundeskanzler wird dem Bundespräsidenten zeitnah einen Vorschlag für die Nachbesetzung des Amtes unterbreiten."
Suche nach Nachfolger läuft
Die Suche nach einem Nachfolger für Lambrecht läuft bereits auf Hochtouren. Spekuliert wird seit Tagen über eine mögliche Ernennung etwa der bisherigen Wehrbeauftragten Eva Högl, der Parlamentarischen Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Siemtje Möller, von SPD-Chef Lars Klingbeil oder des bisherigen Arbeitsministers Hubertus Heil. Die ARD nannte zudem Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt als möglichen Nachfolger.
Am Freitag treffen sich die westlichen Verbündeten im sogenannten Ramstein-Format, um über weitere Waffenlieferungen für die Ukraine zu beraten. Dabei wird es auch um die mögliche Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine gehen. Grünen-Parteichef Omid Nouripour pochte deshalb auf eine schnelle Entscheidung und forderte auch, weiter dieselbe Zahl von Ministerinnen und Ministern sicherzustellen. "Es gibt ein Gesamtversprechen der Parität im Kabinett", sagte Nouripour in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv. "Und wir als Grüne sind der Meinung, dass Parität immer wichtig ist." Im Kabinett sind derzeit acht Ministerposten mit Frauen besetzt und acht mit Männern. Hinzu kommt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Aus Regierungskreisen erfuhr t-online jedoch, dass es am Montag noch keine Entscheidung geben werde. Demnach soll die Nachfolge erst am Dienstag verkündet werden.
Lambrecht stand unter immer größerem Druck
Lambrecht stand zuletzt unter immer größerem Druck: Ein Video, das sie an Silvester von sich in den sozialen Medien geteilt hatte, löste unter anderem scharfe Kritik aus. Schon zuvor hatte Lambrecht mehrfach für Irritationen gesorgt, wie Sie hier nachlesen können. Auch Pannen bei der Bundeswehr – zuletzt der Ausfall der Panzer vom Typ Puma – hatten für Kritik gesorgt.
Lambrecht hatte mit dem Start der Ampelregierung Ende 2021 das Verteidigungsministerium übernommen. Zuvor war sie im letzten Kabinett von Angela Merkel (CDU) Bundesjustizministerin gewesen, nach dem Rücktritt von Franziska Giffey hatte sie zusätzlich das Familienministerium geführt.
Lambrecht ist bereits die zweite Ministerin, die seit dem Start der Ampelregierung ihr Amt wieder abgibt. Im vergangenen Jahr war die Grünen-Politikerin Anne Spiegel als Familienministerin zurückgetreten – wegen ihrer Rolle als rheinland-pfälzische Umweltministerin während der Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021.
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- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, AFP