t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikDeutschlandInnenpolitik

Entlastungen, 49-Euro-Ticket, Gaspreisbremse: So teuer wird der Winter


Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.

Von Gaspreis bis Flüchtlingskosten
Wie teuer wird der Winter?


Aktualisiert am 02.11.2022Lesedauer: 6 Min.
imago images 170963520Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz: Der Kanzler hat seine Richtlinienkompetenz erstmals genutzt. (Quelle: IMAGO/Melina Waliczek)

Von der Gaspreisbremse bis zum 49-Euro-Ticket: Bei ihrem Treffen am Mittwoch wollen Kanzler und Ministerpräsidenten alle großen Streitfragen klären. Das wird nicht leicht.

Ein bisschen wirkt es, als wäre Olaf Scholz gerade der einsamste Mensch in Berlin. Sein wichtigster europäischer Partner, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, ist sauer auf ihn. Denn der Bundeskanzler reist am Donnerstag allein nach China – ohne ihn. Etliche Regierungsmitglieder seiner Ampelkoalition sind ebenfalls wütend. Sie stört, dass Scholz den Teilverkauf des Hamburger Hafens an ein chinesisches Unternehmen im Alleingang durchgedrückt hat. Und dann sind da noch viele skeptische Bürger, die sich fragen, wie der Kanzler sie durch den teuren Winter lotsen will.

Es gab schon bessere Zeiten für Olaf Scholz.

Das Letzte, was der Kanzler jetzt gebrauchen kann, ist noch mehr Ärger. Er muss nun zeigen, dass er die ganz großen Probleme tatsächlich lösen kann. Deshalb dürfte der Kanzler ein großes Interesse daran haben, dass es ein guter Mittwoch wird. Nicht nur, aber auch für ihn. Der Tag steht ganz im Zeichen des Treffens zwischen Scholz und den Ministerpräsidenten.

Ab 9.30 Uhr beraten sich die sogenannten A-Länder (mit SPD-Regierung) und die B-Länder (von der Union geführt) unter sich, ab 11.15 Uhr kommen alle in der Landesvertretung Niedersachsen zusammen, und um 15 Uhr geht es gemeinsam mit Scholz im Kanzleramt weiter.

Wer bekommt im Winter Unterstützung bei den Energiekosten? Was wird aus dem 49-Euro-Ticket? Was machen wir mit den Flüchtlingen?

Das sind die Fragen, die so unschuldig daherkommen, aber viel Konfliktpotenzial bieten. Das liegt nicht nur daran, dass es inhaltliche Differenzen gibt, sondern hat auch damit zu tun, dass es bei Treffen zwischen dem Bund und den Ländern auch immer um die ganz große Frage geht: Wer soll das alles bezahlen? Die Länder sehen im Bund immer so etwas wie den superreiche Onkel ist, der alle Runden bezahlt. Der Bund ist allerdings schon lange der Meinung, dass die Länder ihn finanziell ständig über den Tisch ziehen.

Was sich sagen lässt: Es muss am Ende eine Einigung her, alles andere wäre eine Blamage für den Kanzler, aber auch die Ministerpräsidenten. Aber leicht wird es nicht. Ein Überblick:

Video | So sieht die Trendwende beim Gaspreis aus
Player wird geladen
Quelle: t-online

1. Die Gaspreisbremse

Der größte Streitpunkt ist die Gaspreisbremse. Im März soll sie kommen. Zu spät, sagen die Länder und dringen darauf, dass es schon früher Entlastungen gibt. Für sie steht fest: Es muss schon am 1. Januar losgehen. Andernfalls entstehe eine "Winterlücke", die viele Verbraucher und Unternehmen in den Ruin treiben könnte. Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) erwartet deshalb eine klare Terminzusage vom Kanzleramt: "Insbesondere bei den Energiekosten braucht es endlich Planungssicherheit. Der Mittwoch muss enden mit einer klaren Aussage, wie Strom- und Gaspreis geregelt werden. Darauf muss sich jeder Privatkunde und jeder Gewerbetreibende verlassen können. Kosten müssen kalkulierbar sein. Der Gaspreisdeckel muss bereits ab Januar greifen, März ist zu spät", sagte Ramelow t-online.

Das sieht die Bundesregierung anders. Innerhalb der Ampelkoalition verweist man auf die geplante Gasumlage, die auch vorsieht, dass der Abschlag für Dezember vom Staat übernommen wird. Das sei ein erster und richtiger Schritt. Ein erster Weg zum Kompromiss zeichnete sich bereits am Dienstag ab: In einer Vorlage des Bundeskanzleramts für das Gipfeltreffen, die t-online vorliegt, heißt es über die Gaspreisbremse: "Eine Rückwirkung zum 1. Februar 2023 wird angestrebt. Sie gilt bis April 2024."

Ebenfalls einig sind sich die Länder bei ihrer Forderung, dass auch Menschen, die mit Öl und Pellets heizen, finanzielle Hilfe vom Staat brauchen. Zwar sind die Preise dieser Energieträger nicht so stark gestiegen wie bei Strom und Gas. Trotzdem werden sich gerade in Ländern wie Bayern, wo über 40 Prozent der Pelletheizungen in Betrieb sind, höhere Preise bemerkbar machen. Besonders betroffen ist auch Nordrhein-Westfalen: Hier heizt etwa jeder vierte Haushalt mit Öl. Weil im ländlichen Raum häufiger mit Öl geheizt wird, sind Entlastungen vor allem für die Flächenländer ein großes Thema.

Der Bund will allerdings nicht einlenken, zumindest nicht bislang. In der Beschlussvorlage für den Gipfel steht zwar: "Auch die Preise anderer Heizmittel (z.B. Öl und Holzpellets) sind gestiegen. Mieterinnen und Mieter, die durch Aufwendungen für die Bevorratung dieser Heizmittel finanziell stark überfordert sind, sollen entlastet werden." Allerdings ist anschließend nur von einer Härtefallregelung die Rede.

Ganz wird Scholz die Wünsche der Länder aber wohl nicht abschmettern können. Ein Ampelpolitiker sagt: "Egal, ob der Bund oder die Länder, beim Bremsen der Gaspreise gilt: Wenn der eine nicht mitspielt, macht jeweils der andere ihn für das Scheitern des Gesamtprojekts verantwortlich."

2. Entlastungspaket

65 Milliarden Euro umfasst das Entlastungspaket, das die Bundesregierung vor einigen Wochen verabschiedet hat. 19 Milliarden Euro sollen die Länder übernehmen. So will es der Bund, der auch noch die Gaspreisbremse und die Gasumlage finanzieren muss. Deshalb drängen Koalitionspolitiker im Bund darauf, dass sich die Länder zumindest am Entlastungspaket beteiligen.

Ihr Anteil sei trotzdem noch zu hoch, finden die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten. Schließlich kämen auf sie schon an anderer Stelle hohe Belastungen zu, etwa bei den Heizkosten für öffentliche Einrichtungen.

Vielleicht gelingt es den Ländern, ihren Anteil noch zu senken, aber ganz ohne Beteiligung werden sie kaum davonkommen.

Video | Animation zeigt klaren Trend bei Strompreisen
Player wird geladen
Quelle: t-online

3. 49-Euro-Ticket

Auch beim Nachfolger für das beliebte 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr herrscht ordentlich Zwist zwischen Bund und Ländern.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) dringt darauf, dass sich Bund und Länder die Kosten in Höhe von drei Milliarden Euro für das 49-Euro-Ticket, das ab 2023 bundesweit im Nahverkehr gelten soll, teilen. Und zwar halbe-halbe.

Das wollen die Länder nur dann, wenn sie dafür vom Bund mehr Geld für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs erhalten. Sie fordern, dass die Regionalisierungsmittel - also der Betrag, den der Bund an die Länder für den Betrieb des öffentlichen Nahverkehrs überweist -, erhöht wird: um 1,5 Milliarden Euro für dieses Jahr und weitere 1,65 Milliarden Euro für 2023.

Loading...
Loading...

In der Beschlussvorlage des Kanzleramts vom Dienstagmittag kommt der Bund den Ländern weit entgegen - und sagt "schon ab dem Jahr 2022 zusätzliche Regionalisierungsmittel in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich" zu. Außerdem sollten sie jährlich um drei Prozent erhöht werden.

Die Positionen liegen also um rund eine halbe Milliarde Euro auseinander. Das ist nicht nichts, aber daran wird eine Lösung kaum scheitern.

4. Kosten für Flüchtlinge

12 der 16 Bundesländer warnen, dass sie bei der Aufnahme von Geflüchteten an ihre Belastungsgrenze gekommen sind. Einige Kommunen sprechen bereits von einer Überlastung. Allein aus der Ukraine sind statt der anfangs erwarteten 200.000 Menschen inzwischen mehr als eine Million Geflüchtete eingetroffen. Auch über die Balkanroute kommen wieder mehr Menschen.

Bereits im März hatte Scholz zugesichert, der Bund werde seiner Verantwortung bei der Unterstützung der Länder gerecht. Die Länder pochen darauf, dass diese Unterstützung nun mit einem konkreten Betrag festgeschrieben wird. Hamburg geht von Flüchtlingskosten in Höhe von zehn Milliarden Euro für dieses und das kommende Jahr aus; Bayern von acht Milliarden.

Der Bund will Länder und Kommunen bislang aber nur mit 1,5 Milliarden Euro zusätzlich in diesem Jahr und 2,75 Milliarden Euro im Jahr 2023 unterstützen. "Über die weitere Entwicklung werden Bund und Länder Ostern 2023 sprechen", heißt es in der Beschlussvorlage des Kanzleramts vom Dienstagmittag. Die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit der Länder ist derzeit noch gewaltig.

Video | Hier steigen die Preise am stärksten
Player wird geladen
Quelle: t-online

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte t-online: "Wir sind dankbar für das starke Engagement der Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Gerade jetzt zählt, wie vor Ort mit den hohen Flüchtlingszahlen umzugehen ist. Die Unterstützung aller staatlichen Ebenen trägt zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Wir brauchen deshalb ein klares Bekenntnis vom Bund bei der Finanzierung der Herausforderungen vor Ort."

Dies sei umso wichtiger, als der russische Präsident versuche, Flüchtlinge zu instrumentalisieren: "Putin spielt ein blutiges, menschenverachtendes Spiel mit Menschen in Not. Es zeigt sich immer klarer, dass er große Flüchtlingszahlen entlang der Balkanroute sehen möchte." Alle, die vor Krieg und Vertreibung flüchteten, müssten "eine anständige Unterbringung und Versorgung bekommen", sagte Wüst: "Das wird auch eine Herausforderung für den Winter, der sich alle staatchen Ebenen gemeinsam stellen müssen."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Neueste Artikel



TelekomCo2 Neutrale Website